Glashüttner Fleischproduzent will in den Nationalrat

In 9er-Boxen und auf Gummimatten werden die Rinder aufgezogen.
In 9er-Boxen und auf Gummimatten werden die Rinder aufgezogen.

Auf dem Betrieb von Bauer und SVP-Grossrat Christian Glur in Glashütten, im Schatten des mächtigen Boowalds, leben über 400 Tiere. Dennoch ist es an diesem winterlich kalten Dezembertag erstaunlich ruhig, als Glur über den Hof zu den Freilaufställen geht. Im Freien stehen die drei Esel auf der Weide vor dem Haus. Das Rindfleisch, das dereinst vor allem auf den Tellern von Restaurants landet, entsteht hier aber ausschliesslich im Stall. Der 43-Jährige betont, er sei Produzent. Die 250 Mastrinder und 200 Schweine hält er nach den Richtlinien des Qualitätsmanagements Schweizer Fleisch, welche über den Richtlinien des Tierschutzgesetzes liegen. «Die Leute haben wenig Ahnung von der Realität der Bauern», sagt Glur. Er selbst verzichtet auf zusätzliche Labels wie Bio oder andere. «Es wird zwar derzeit 60 bis 70 Prozent Labelfleisch produziert, doch im Laden kaufen die Leute nur 30 Prozent», so Glur. Der Rest werde dann abgepreist.

Landwirtschaft und Politik haben Tradition

Bei den Wahlen 2019 würde Glur gerne in den Nationalrat einziehen. Die Chancen dazu sind intakt, denn viele SVP-Nationalräte treten nicht mehr an. Und von der Findungskommission ist Glur vorgeschlagen, von der kantonalen Partei definitiv aufgestellt wird er wohl am 23. Januar am Nominationsparteitag in Rothrist.

Im Nationalrat würde sich Glur natürlich in erster Linie für die produzierenden Bauern einsetzen. «Über die Direktzahlungen wird in Gottes Namen in Bern entschieden.» Und dieses Engagement hat in Glurs Familie Tradition. Sein Vater Walter Glur war von 1999 bis 2011 im Nationalrat. Der Grossvater war schon Grossrat, die Mutter im Verfasssungsrat und Bezirksrichterin. Alle in der SVP.

Auch das Bauern hat Familientradition. Der Grossvater musste wegen des Baus der Autobahn 1965 von seinem Hof in Oftringen wegziehen. Eigentlich wollte er dann ins Welschland. Aber als er in Glashütten Land kaufen konnte, zog er nur wenige Kilometer gen Westen. Heute bewirtschaftet der Glurhof rund 33 Hektaren Land. «Meine Frau Ramona macht den Innendienst», sagt Glur. Sie arbeite zudem noch in ihrem Beruf als Treuhänderin, habe ein Büro in Langenthal. «Das Bauern ist ein schöner Beruf: Ich sehe jetzt meine beiden Kinder aufwachsen, bin mein eigener Chef.»

Im Grossrat sitzt Christian Glur seit acht Jahren in der Umwelt- und Verkehrskommission. Auch diese Themen würden ihm zusagen. Der Stau koste einfach zu viel Geld. «Die Strassen sollen an wichtigen Orten ausgebaut werden.» So etwa die A1 Bern nach Zürich. Auch das Bahnnetz sei wichtig. Und typisch SVP bilanziert Glur zum Thema Verkehr: «Ein Hauptproblem ist doch die Zuwanderung.» Auf Nachfrage räumt er aber auch ein, dass zum Beispiel der Schweizer Freizeitverkehr stark zugenommen habe.

«Bürokratie wird grösser»

Dann ist er aber schon wieder beim Thema Landwirtschaft, beim Raumplanungsgesetz, beim Gewässerschutz und bei der Trinkwasserinitiative, welche umweltschädliche Pestizide verbannen will. «Das wäre, wie wenn in Spitälern nur noch Homöopathie eingesetzt werden dürfte», sagt Glur. Auch das Gewerbe liegt dem SVPler am Herzen. Die kleinen und mittleren Betriebe seien das tragende Fundament der Wirtschaft. Er schätze zwar die Leute aus der Verwaltung. Aber diese sei schon extrem gewachsen. «Sie wollen uns Gewerbler zwar unterstützen, aber der Bürokratieaufwand wird immer grösser.» Glur ist auch ehrenamtlich tätig, so etwa im Stiftungsrat des Pflegeheims Sennhof. Er engagiert sich zudem als Prüfungsexperte für die landwirtschaftliche Ausbildung. Selbst hat er schon 15 Lehrlinge ausgebildet.

Für seinen Hof erhält Glur vom Staat rund 50 000 Franken an Direktzahlungen. Das sei aber ein Drittel weniger als früher. «Der Bund unterstützt heute ja jene Bauern, die fast nichts mehr produzieren», sagt der SVP-Bauer.

Das Einkommen erarbeitet Glur aus der Aufzucht der Rinder. Er kauft den Milchproduzenten die männlichen Kälber nach 28 Tagen ab. Dann kommen diese in einen Freilaufstall. «Das ist ein 5-Sterne-Hotel aus Stroh», sagt Glur und krault zwei Tiere am Kopf. In der ersten Zeit erhalten die Kälber viel Milch. Diese trinken an einem Automaten, der registriert, wie viel jedes Kalb erhält. Das sind rund sieben Liter am Tag. Der Automat rührt die Milch aus Pulver an, wenn ein Kalb in die Box kommt und zu saugen beginnt. Nach drei Monaten kommen die Tiere in einen Stall mit Flächenrosten. Da leben sie in grossen Boxen zu neun Tieren auf dicken Gummimatten und erhalten viel Silomais und Grassilage, alles von Glur und seinem Lernenden den Sommer durch selbst produziert.

Nach einem Jahr haben die Munis ein Gewicht von 480 Kilogramm und werden geschlachtet. Verwertet werden 260 Kilogramm Fleisch. Im Jahr verkaufe er rund 300 Tiere. «Ich würde gerne aus der Produktion alleine leben», sagt Glur. Doch ohne Direktzahlungen gehe es leider nicht.

Serie zu den regionalen Kandidaten der eidgenössischen Wahlen

In diesem Jahr stehen die nationalen Wahlen an. Gewählt wird am 20. Oktober 2019. In loser Folge wird das Zofinger Tagblatt in den nächsten Wochen und Monaten die Kandidatinnen und Kandidaten der verschiedenen Parteien aus unserer Region porträtieren.

Schon Christians Vater Walter Glur (links) sass lange Jahre im Nationalrat.
Schon Christians Vater Walter Glur (links) sass lange Jahre im Nationalrat.
1965 musste Glurs Grossvater in Oftringen der A1 weichen. Er fand in Glashütten neues Land für seinen Hof.
1965 musste Glurs Grossvater in Oftringen der A1 weichen. Er fand in Glashütten neues Land für seinen Hof.