«Die Vorlage belohnt einmal mehr nur die Reichen»: Aargauer SP droht mit dem Referendum

So soll Steuervorlage 17 umgesetzt werden

Der Souverän hat im Mai die Steuervorlage 17 des Bundes gutgeheissen. Die Kantone können bei ihren Umsetzungsvorlagen darauf abstützen. Allerdings drängt die Zeit. So soll die aargauische Lösung per Anfang 2020 in Kraft treten.

Der wichtigste Punkt ist, dass der Aargau im Unterschied zu anderen Kantonen die Gewinnsteuerbelastung nicht senkt. Er bleibt bei 18,6 Prozent bei Gewinnen der oberen Tarifstufe über 250’000 Franken bzw. bei 15,1 Prozent bei Gewinnen der unteren Tarifstufe bis 250’000 Franken.

Dafür sollen im Aargau Firmen starke Abzüge für Forschung und Entwicklungund via Patentbox machen können. Laut Regierung soll so die Gewinnsteuerbelastung auf bis 11 bzw. auf 10 Prozent sinken können.

Die Dividendenbesteuerung bleibt auf dem bundesrechtlichen Minimum. (mku)

Im Mai hat das Volk die Steuervorlage 17 des Bundes an der Urne gutgeheissen. Sie ist die Grundlage für die Abschaffung bestimmter Steuerregimes diverser Kantone, welche EU und OECD nicht länger akzeptieren. Jetzt ist es an den Kantonen, die Bundesvorlage so umzusetzen, dass sie möglichst wenig Steuersubstrat verlieren und attraktiv bleiben. Der Aargau, der mit seiner Gewinnbesteuerung bisher im Mittelfeld steht, senkt den Steuersatz nicht. Ursprünglich wollte die Regierung diesen leicht von 18,6 auf 17,9 Prozent senken. Nachdem die Wirtschaft signalisiert hatte, ihr seien andere Verbesserungen in der Vorlage wichtiger, dafür könnte sie mit dem gegenwärtigen Steuersatz leben, schlug die Regierung vor, diesen beizubehalten. Dies auch, weil eine Senkung den Aargau pro Prozent 30 Millionen Franken Steuereinnahmen kosten würde. Die Regierung setzt dafür voll auf andere Instrumente, die ihr die neue Bundesgesetzgebung in die Hand gibt, etwa für Forschung und Entwicklung.

Der Grosse Rat hat die Vorlage im Mai ein erstes Mal beraten. Kommissionspräsident Patrick Gosteli (SVP) sagte dabei, dass die rund 40 Millionen Franken, die der Aargau vom Bund erhält, ihrem Ziel entsprechend eingesetzt werden sollen. Gemeint ist damit, dass sie zum Beispiel für steuerliche Abzüge von Firmen für Forschung und Entwicklung eingesetzt werden.

Insbesondere die SP bemängelte, dass keinerlei sozialer Ausgleich vorgesehen sei. Arsène Perroud (SP) kündigte an, die Fraktion werde mit Blick auf die zweite Beratung ihre Haltung je nach Ausgang der Diskussion überdenken». Die SP unterlag im Rat mit ihren Forderungen, etwa mit der nach deutlich höheren Prämienverbilligungen.

 

In der Debatte störte sich aber auch die SVP an der Vorlage. Und zwar am gleich hoch bleibenden Gewinnsteuersatz. Daniel Urech plädierte dafür, dieser sei in absehbarer Zeit dem Niveau der steuerlich attraktiven Nachbarkantone anzugleichen, «bevor es zu spät ist». Vor dem endgültigen Entscheid über die Vorlage wolle man genauere Angaben zur Wirkung der Abzüge etwa für Forschung und Entwicklung.

Regierung: Saldoneutrale Vorlage zum Nutzen aller

Die Vorlage wurde im Mai im Grossen Rat in erster Lesung mit 99 : 25 Stimmen deutlich gutgeheissen, gerade von FDP und CVP. Allerdings wurden Prüfungsaufträge zu den Forschungs- und Entwicklungsabzügen in Auftrag gegeben. Jetzt liegt die Botschaft der Regierung mit einem entsprechenden Bericht für die zweite Lesung vor. Die Regierung beantragt, die Vorlage mit drei formalen Änderungen gutzuheissen. Sie ist überzeugt, «nach wie vor eine für den Kanton und die Gemeinden saldoneutrale und ausgewogene Steuerreform zum Nutzen von allen» zu präsentieren.

SP kritisiert die Vorlage als unausgewogen

Aufgrund dieser Botschaft macht die SP Aargau jetzt klar: Die kantonale Umsetzung der Steuervorlage 17 sei für sie «nach wie vor nicht akzeptabel». Sie werde zu weiteren Einnahmeausfällen und damit zu Leistungsabbau führen – und dies ohne jegliche soziale Kompensation, hält sie in einer Mitteilung fest. Fraktionschef Dieter Egli: «Die Vorlage belohnt einmal mehr nur die Reichen.» Und sie sei ein Deal mit der Wirtschaft, der vor allem den grossen Unternehmen weitere Geschenke mache und den Steuerwettbewerb unter den Kantonen weiter anheize. Wenn sich die Vorlage nicht verbessere, werde die SP das Referendum «gegen die unausgewogene und ungerechte Vorlage ergreifen müssen».

SVP würde weiter lieber Gewinnsteuern senken

Aufgrund der Regierungsbotschaft kritisiert SVP-Grossrat Daniel Urech in einer ersten Stellungnahme, von den zusätzlichen Forschungs- und Entwicklungs-Abzügen profitierten überwiegend wenige Grosskonzerne in den Branchen Pharma und Chemie. Nur bei diesen werde die Steuerersparnis den administrativen Aufwand übersteigen, bei allen anderen kaum, glauben sie.

Für die SVP stelle sich deshalb unverändert die Frage, «ob statt der neuen Steuerprivilegien nicht besser der ordentliche Steuertarif auf ein wettbewerbsfähiges Niveau gesenkt werden sollte». Urech weist aber auch den Vorwurf der SP zurück, wonach dies eine unausgewogene und ungerechte Vorlage sei: «Davon kann keine Rede sein, weshalb die SVP ein Referendum nicht unterstützen wird.» Der Grosse Rat wird die Vorlage im September behandeln. Sollte es zu einem Referendum kommen, würde darüber im Mai 2020 abgestimmt.