
Lukas Lhotak ist der Leader auf dem Flügel
Wer über die offensiven Teamleader und verantwortungsbewussten Reisser beim EHC Olten spricht, der denkt gerne an Knelsen, Nunn, Horansky oder natürlich auch an Forget und Hasani. Lukas Lhotak wiederum wird dabei gerne noch so nebenbei erwähnt. Dabei wird ihm damit mehr als Unrecht getan, der 28-jährige Tscheche, der mit einer Schweizer Lizenz spielt, hat sich beim EHC Olten als Zweitlinien-Flügel zu einem unverzichtbaren Wert gespielt, notiert sich nicht nur regelmässig auf dem Matchtelegramm (3 Tore, 3 Assists nach 9 Spielen), sondern fällt auch immer wieder als unbequemer Gegenspieler im Dienste der Mannschaft auf.
Ja, er sei zufrieden mit seinem Saisonstart und es mache mit diesem Team «sehr viel Spass». Er sei glücklich, dass es im Team so gut harmoniere und streicht dabei auch das ideale Zusammenspiel in seiner Sturmlinie neben Forget und Hasani heraus. «Sie haben so viel Erfahrung und sind einfach gute Eishockeyspieler», gab er vergangene Woche nach dem Thurgau-Spiel zu Protokoll.
Nach einem Training in dieser Woche nimmt sich «Lothy», wie er gerne in der Mannschaft genannt wird, Zeit für ein längeres Gespräch. Auf die Frage, weshalb es denn nun so gut laufe, antwortet die Teamstütze zunächst so, wie viele andere auch: Sie würden als Kollektiv das System gut umsetzen und sich an die Vorgaben der Coaches halten. «Damit haben wir Erfolg.» Und spricht dann an, was viele andere auch denken: «Ich war letztes Jahr ja noch nicht hier, aber ich denke, das Team hat mit den Transfers viel Qualität gewonnen. Und bei den Spielern, die schon hier waren, hat Trainer Lars das Feuer neu entfacht», erklärt Lhotak. Das führe dazu, dass alle vier Linien im Stande dazu seien, ein Spiel zu entscheiden. «Wir wollen jedes einzelne Spiel gewinnen, alle gehen füreinander, alle können Chancen kreieren und Tore schiessen. Diese Breite in einem Team ist über eine Saison hinweg unglaublich wichtig, dass wir immer wieder über 60 Minuten gutes Eishockey spielen können.»
Als Lhotak Landsmann Kubalik nach Ambri lotste
Lukas Lhotak bestreitet beim EHC Olten seine 13. Saison in der Schweiz. Mit 16 Jahren entschloss er sich dazu, seine Heimat Tschechien zu verlassen und sich dem HC Ambri-Piotta anzuschliessen. Der 28-Jährige mag sich noch genau daran erinnern, als wäre es gestern gewesen: «Martin Novak war Headcoach in Ambri, ich kannte ihn aus Juniorenzeiten in Tschechien. Er rief mich an und fragte mich, ob ich für drei Monate ein Tryout bei den Novizen von Ambri absolvieren möchte. Weil ich bei den Junioren in Tschechien nicht glücklich war, wollte ich diese Gelegenheit unbedingt nutzen», erzählt Lhotak.
Nur seine Eltern hatten keine grosse Freude daran. «Sie wollten, dass ich zuerst in Tschechien die Schule beende.» Sie einigten sich schliesslich auf Fernunterricht, sodass er Hockey und Schule über Videocalls mehr als ein Jahr irgendwie doch noch unter einen Hut brachte.
Der Start in einem fremden Land als Teenager war für ihn trotz grossem Willen nicht einfach. «Ich konnte nicht gut Englisch, Italienisch erst recht nicht. Ich konnte mich in der Garderobe kaum verständigen und war deshalb manchmal schon etwas einsam», erzählt Lhotak. Doch Trainer Novak und dessen Frau sowie Luca Cereda – schon damals enorm wichtig für den Klub – halfen ihm im Alltag auf die Sprünge. «Ich bin ihnen nach wie vor dankbar.»
Lhotak fasste Fuss, auch sportlich setzte er sich durch, wäre da nur nicht diese verhängnisvolle Importregel. Die kommt ihm später noch zugute, doch vorerst musste er den Umweg über untere Ligen gehen. Als er schliesslich mit einer Schweizer Lizenz spielte und nicht mehr das Importkontingent belastete, kam Lhotak auch in Ambris erster Mannschaft zum Einsatz und ergatterte sich 2013 einen Profivertrag. Insgesamt neun Jahre verbrachte er in der Ambri-Organisation – kein Wunder also, dass ihn noch heute viel mit dem Tessin verbindet. «Es war eine wunderbare Zeit mit wertvollen Erfahrungen, ich lernte sehr nette Leute kennen. Ambri wird für immer ein spezieller Ort für mich sein. Und ich sage auch immer, dass es schön wäre, irgendwann zurückzukehren.»
Und schliesslich war da noch Lhotaks aussergewöhnliche Ambri-Geschichte: So sprach nämlich Luca Cereda im Training eines Tages Lhotak an, ob er einen gewissen Dominik Kubalik kenne. Natürlich kannte er ihn aus gemeinsamen Zeiten in der Nationalmannschaft. Lhotak überzeugte Kubalik, den Schritt in die Schweiz zu wagen, worauf sich eine gute Freundschaft ergab. Bekanntlicherweise schlug Kubalik voll ein, Ambri diente als Sprungbrett für grössere Aufgaben, sodass er sich in der NHL bei den Chicago Blackhawks durchsetzte – dem heutigen EHCO-Stürmer sei dank. «Er macht es gut», sagt Lhotak und muss selber über seine bescheidene Wortwahl schmunzeln – und ergänzt: «Wir haben noch heute Kontakt miteinander.»
Das schwierige Jahr bei den Rapperswil-Jona Lakers
Ganz generell schätze er es sehr, wenn er in der Garderobe hie und da einen Schwatz in seiner Muttersprache halten könne, meint Lhotak. Während es in Ambri Kubalik war, habe er sich 2018, als er weiterzog nach Fribourg, mit Michal Birner gut verstanden. Später in Rapperswil-Jona stand ihm Roman Cervenka zur Seite. Und nun in der EHCO-Garderobe könne er sich mit Stan Horansky unterhalten – der ist zwar Slowake, «aber als Erwachsener versteht man die beiden Sprachen als Tscheche oder Slowake gut.»
Nach den zwei Spielzeiten bei Gottéron unterschrieb Lukas Lhotak bei den Rapperswil-Jona Lakers. Die Freude über seine ersten Erfahrungen in einem Deutschschweizer Klub währte nur für kurze Zeit. Denn plötzlich war er mit den Verantwortlichen nicht mehr auf einer Wellenlänge. Als Lhotak nämlich Vater wurde und er seine Familie in Tschechien besuchen wollte, hätten ihm die Klubverantwortlichen aufgrund der erschwerten Reisebedingungen in der Coronapandemie für sein Vorhaben nur einen einzigen freien Tag zugestanden. «Ich musste innert 24 Stunden wieder zurück sein.» Als er wieder zurückkehrte, wurde ihm plötzlich eine mangelhafte Fitness vorgeworfen, er wurde zu Einzeltrainings und zusätzlichen Gym-Stunden verdonnert und spielte nicht mehr. «Ich sagte ihnen, dass ich ein solcher Umgang nicht fair finde.» Er sei froh, habe man sich dann auf eine Vertragsauflösung einigen können.
Und so kam die Anfrage von EHCO-Sportchef Marc Grieder gerade recht. Wobei: Lukas Lhotak liebäugelte gleichzeitig mit einem Wechsel in die tschechische Liga. «Ich spielte ja als Erwachsener noch nie in meiner Heimat», sagt er und macht dazu grosse Augen. Weil er die Schweiz und das Eishockey hierzulande aber liebe, habe er sich für einen Verbleib entschieden. «Und ich wollte vor allem auch Eiszeit und Verantwortung übernehmen. Es war die beste Entscheidung.» So erlebt er nun beim EHC Olten so etwas wie einen Neuanfang. Ein Steinwurf vom Kleinholz entfernt hat Lukas Lhotak mit seiner Familie die Wohnung von Ex-Trainer Fredrik Söderström übernommen. «Es gefällt mir sehr gut, auch meine Freundin mag Olten sehr.» Es dürfe ruhig in diesem Stil weitergehen – und er sagt: «Mit dieser Mannschaft ist so viel möglich.»