
Nach der Eintönigkeit folgt zur Abwechslung die grosse EM-Bühne
Ein «Sportereignis der Superlative» versprechen die Organisatoren der Kunstturn-Europameisterschaften, die vom Mittwoch bis am Sonntag in der St. Jakobshalle in Basel über die Bühne gehen. Verantwortlich dafür ist mitunter das Coronavirus: Weil die Olympischen Sommerspiele 2020 um ein Jahr verschoben wurden, bildet die EM in der Schweiz das letzte Kräftemessen für die besten Kunstturnerinnen und Kunstturner des Kontinents auf ihrem Weg nach Tokio.
An den Grossanlass, der ab 23. Juli in Japans Hauptstadt stattfinden soll, verschwendet Noe Seifert in diesen Tagen allerdings keine Gedanken. «Ich konzentriere mich voll auf die EM», sagt der 22-jährige Küngoldinger, der vom Schweizerischen Turnverband (STV) gemeinsam mit Christian Baumann, Benjamin Gischard, Andrin Frey, Marco Pfyl und Teamleader Pablo Brägger für die Titelkämpfe selektioniert wurde. Olympia sei für ihn erst im Anschluss an die geplanten Ferien nach der EM ein Thema, wenn die STV-internen Qualifikationswettkämpfe anstehen.
Aus der einsamen «Bubble» in die fast leere EM-Halle
Noe Seifert freut sich enorm auf die Heim-EM. Der erste Wettkampf seit einer gefühlten Ewigkeit ist für das Mitglied des Satus ORO (Oftringen-Rothrist-Oberentfelden) gleichzeitig eine willkommene Abwechslung nach dem zuletzt eintönigen Trainingsalltag. Die vergangenen Wochen verbrachte Seifert mit seinen Teamkollegen in einer «Bubble» in Magglingen, zuvor absolvierte er an gleicher Stelle die Spitzensport-RS. «Hier oben lebt man sehr abgeschieden, viel in meiner Freizeit unternehmen konnte ich nicht», erzählt er.
In Basel wird Noe Seifert ähnliche Bedingungen vorfinden. Wegen der Coronapandemie findet die EM ohne Zuschauer statt, diese dürfen sich aber mit einem «Live-Audience-Ticket» virtuellen Zutritt in die Halle verschaffen. «Wir haben viele Wettkampfsimulationen absolviert und sind auf die andere Atmosphäre an der EM gut vorbereitet», sagt Seifert, «und ein kleines Publikum ist trotzdem da.»
Etwas mehr Sorgen bereiten ihm die Corona-Massnahmen vor Ort: Alle Delegationen – gemeldet sind rund 270 Athletinnen und Athleten aus 40 Ländern – müssen sich vor dem EM-Start einem PCR-Test unterziehen, gefolgt von einem Schnelltest vor ihrem jeweiligen Wettkampfeinsatz. Im schlimmsten Fall könnte die Heim-EM für Seifert also erst in letzter Sekunde platzen. «Ich bin schon nervös vor den Tests, kann das aber nicht beeinflussen», sagt er, «das gehört in dieser Krise einfach dazu.»
Ein Platz im Gerätefinal dank neuen Elementen?
Ein erstes Mal ernst gilt es für Noe Seifert und die restlichen Schweizer Athleten mit der Qualifikation am Donnerstagnachmittag. Seifert steht am Pauschenpferd und Barren im Einsatz und versucht, mit neu einstudierten Elementen eine hohe Punktzahl zu erkämpfen. «Ich will mein Programm so zeigen, wie es mir im Training gelungen ist, und ein gutes Resultat erzielen», umschreibt Seifert sein Ziel.
Konkret träumt er von einem Platz im Gerätefinal am Samstag (Pferd) oder Sonntag (Barren), wozu aber ein perfekter Auftritt nötig ist. Denn Seifert turnt inmitten von Weltstars wie Barren-Weltmeister Joe Fraser und dessen britischem Landsmann Max Whitlock, Olympiasieger und Doppelweltmeister am Pferd. «Die Konkurrenz ist gross», weiss Seifert, «aber vielleicht klappt es trotzdem mit dem Final.»