
Auch Johan Cruyff hätte der Auftritt des FC Aarau gefallen
Das Erstaunliche am Siegtreffer ist nicht der späte Zeitpunkt, zu dem er fällt – selten hat der FC Aarau eine Partie verdienter gewonnen als an diesem Samstagabend in der Neuenburger Maladière. Viel mehr erstaunt die Art und Weise: Obwohl sie zuvor reihenweise Topchancen liegen gelassen haben und obwohl sie wissen, dass sie sich für den starken Auftritt nichts kaufen können, wenn es am Ende 0:0 stehen sollte, verfallen die Gäste in der Schlussphase nicht in Hektik oder rufen den Zufall zu Hilfe, nein, sie tragen ihre Angriffe weiter sauber und geordnet vor. So, wie das reife und gefestigte Mannschaften eben tun. Und dann spielt Mats Hammerich diesen genialen Aussenristpass auf Donat Rrudhani, der bringt den Ball auf die andere Seite des Strafraums zu Liridon Balaj – scharfe Hereingabe vor das Tor, Filip Stojilkovic hält den Fuss hin, 1:0 für Aarau.
Ein Angriff wie am Schnürchen aufgezogen, simpel in der Anschauung, doch wie hat der 2016 verstorbene Fussballrevoluzzer Johan Cruyff einst gesagt: «Fussballspielen ist einfach. Aber einfachen Fussball zu spielen, ist das Schwerste.»
Drei Siege ohne Gegentor: Perfekte Woche für den FCA
Das Tor ist nicht nur der hochverdiente Lohn für einen beeindruckenden Auftritt, es ist auch das bislang wichtigste Tor der Saison: Da der zweitplatzierte FC Thun am Freitagabend dank seines 3:2-Sieges gegen Stade Lausanne-Ouchy über Nacht um acht Punkte enteilt war, musste Aarau gegen Xamax gewinnen. Auch bei einem Unentschieden wäre der Rückstand mit sieben Punkten wohl zu gross geworden, um im Kampf um die Barragequalifikation nicht auf ein kleines Wunder angewiesen zu sein.
Acht Spieltage vor Schluss liegt der FCA nun weiterhin fünf Zähler hinter den Berner Oberländern auf Rang 3. Klar, das ist eine stattliche Hypothek. Aber setzt Aarau seinen Trend der vergangenen drei Spiele fort, darf sich Thun bei der Verteidigung des Barrageplatzes keine Schwächephase mehr erlauben. Träumen auf Aarauer Seite ist mehr denn je erlaubt oder wie Siegtorschütze Stojilkovic sagt: «Das Wichtigste, um seine Ziele zu erreichen, ist der Glaube daran.»
Stojilkovic hat mit seinen zehn Saisontoren gewichtigen Anteil daran, dass der FCA die beste Offensive der Liga stellt (49 Tore). Von 28 Spielen beendete die Mannschaft erst deren vier ohne eigenen Treffer. So war in den ersten drei Saisonvierteln denn auch die gut geölte Tormaschinerie die Grundlage dafür, dass Aarau den Barrageplatz stets im Auge behielt.
Dass man diesen nicht längst erklommen hat, spielerische Klasse wäre ja genügend vorhanden, lag hingegen an den (zu) vielen Gegentoren, 40 sind immer noch der drittschlechteste Wert aller zehn Challenge-League-Teams. Nun, auf der Zielgeraden der Saison, in der die Kräfte knapp, die Spiele immer enger und die Plätze vergeben werden, reüssieren erfahrungsgemäss die Teams mit einer defensiven Stabilität.
Wie gut, hat der FCA doch noch zu dieser gefunden. In den drei Partien seit der Länderspiele gab es: null Gegentore. 1:0 gegen Schaffhausen, 3:0 im Cup-Viertelfinal gegen Winterthur, 1:0 gegen Xamax. Trainer Stephan Keller sagt: «Wir haben unser Defensivspiel von Anfang an unter die Lupe genommen. Unsere Maxime ist, mit dem Ball zu verteidigen, wenn wir den Ball haben, kann der Gegner keine Tore machen. Dass wir in den vergangenen Partien zu einem Bollwerk-Gefühl entwickelt haben, ist wunderbar und kommt zum genau richtigen Zeitpunkt.»
Bleibt zu hoffen, dass das Bollwerk auch im Heimspiel am kommenden Freitag gegen Chiasso hält. Zuvor, am Mittwochabend, erfährt der FC Aarau seinen Gegner im Cup-Halbfinal. Die Kandidaten sind: Servette, St.Gallen, Luzern, Lugano, GC und Kriens.