
Raimondo Ponte hat die Entlassung beim FC Aarau bis heute nicht verdaut
Die Enttäuschung ist Raimondo Ponte auch dreieinhalb Jahre nach seinem unfreiwilligen Abgang als Sportchef des FC Aarau ins Gesicht geschrieben. «Es war wohl der bitterste Moment, das bitterste Erlebnis in meiner langen Zeit als Spieler, Trainer und Sportchef», blickt Ponte zurück. «Die damalige Vereinsführung des FC Aarau hat mich von einem Tag auf den andern fallenlassen.»
Sandro Burki und der frühere Sportchef Urs Bachmann waren nach Aussage von Ponte die treibenden Kräfte für seinen Abgang. Dass Burki früher oder später das Amt des Sportchefs übernehmen wird, war klar. Aber der Zeitpunkt seines Einstiegs im August 2017 kam ziemlich überraschend. Man ging zu diesem Zeitpunkt nämlich davon aus, dass Burki erst im Sommer 2018 seine Profikarriere beenden wird.
Aber es kam anders. Die damalige Chefetage mit Verwaltungsratspräsident Alfred Schmid machte Burki den Job des Sportchefs schon früher schmackhaft und sorgte schliesslich dafür, dass die damals erst 32-jährige Spielerlegende über Nacht Ponte ablöst.
Vom FC Aarau fühlt er sich ungerecht behandelt
Hat Ponte diese Geschichte abgehakt? Heilt die Zeit alle Wunden? Nein. Ponte war seit seinem Abgang nie mehr im Brügglifeld. Und solange Burki Sportchef sei, sagt er, werde er auch nicht ins Brügglifeld zurückkehren. Ponte wurde damals bitter enttäuscht, der Frust ist beim 66-Jährigen bis heute geblieben, das gibt er offen und ehrlich zu, nach wie vor fühle er sich ungerecht behandelt: «Als ich kurz nach meiner Absetzung als Sportchef Spielmacher Gianluca Frontino nach Aarau holen wollte, hiess es von der Vereinsleitung, es sei kein Geld da. Kurz darauf holte Burki Frontino ins Brügglifeld. Plötzlich war das Geld für diesen Transfer vorhanden. Das verstehe ich bis heute nicht.» Mag sein, aber der erfahrene Ponte müsste eigentlich wissen, dass solche Geschichten zum unberechenbaren Fussballgeschäft gehören, und das abhaken können.
Das abrupte Ende beim FC Aarau im Frühherbst 2017 war für Ponte ein emotionaler Tiefpunkt. Dabei hatte im Brügglifeld vor mehr als fünf Jahrzehnten alles so schön, ja fast märchenhaft begonnen. Im zarten Alter von 13 Jahren heuerte Ponte als Junior beim FC Aarau an – zwei Jahre später trumpfte er als Spielmacher einer Aargauer Juniorenauswahl gross auf, in einem Testspiel gegen den FC Oberentfelden schoss er ein Tor nach dem anderen. Zufällig als Zuschauer am Rande standen einige Cracks des FC Zürich: Köbi Kuhn, Fritz Künzli, Rosario Martinelli und Karl Grob. Sie klopften dem jungen Ponte nach dem Schlusspfiff auf die Schultern und forderten ihn auf, in nächster Zeit bei einem Training des FCZ im Letzigrund vorbeizuschauen und mitzumachen.
Mit GC erreichte er die Halbfinals im Uefa-Cup
Ponte war auf einen Schlag in aller Munde. Nicht nur der FC Zürich, auch GC und der FC Aarau buhlten um die Gunst des Ausnahmetalents. FCA-Trainer Werner Olk holte ihn Anfang der 1970er-Jahre ins Brügglifeld. Es war der Auftakt einer grossen Karriere. Als 19-Jähriger wechselte Ponte für eine Ablösesumme von 120000 Franken von Aarau zu GC und unterschrieb bei den Zürchern einen Zweijahresvertrag.
In den ersten Monaten verdiente er läppische 400 Franken. Dann aber startete Ponte durch wie eine Rakete, erkämpfte sich einen Stammplatz, schaffte mit den Zürchern in der Saison 1977/78 mit der Halbfinalqualifikation im Uefa-Cup sogar den Durchbruch auf internationaler Bühne. Er schoss in zehn Spielen zehn Treffer und kürte sich damit zum Torschützenkönig. Der Mittelfeldspieler mit Torinstinkt spielte sechs Jahre für GC. Dann folgten die Stationen Nottingham Forest und Bastia. 1982 kehrte er in den Hardturm zurück und erlebte weitere sechs erfolgreiche Jahre. Insgesamt holte Ponte mit den Grasshoppers dreimal den Meistertitel, zweimal den Cup und einmal den Ligacup.
Die meisten Kontakte zum FC Aarau sind abgebrochen
Klar, dass Ponte in Erinnerungen schwelgt. Bleibt die Frage, für welchen Klub sein Herz heute schlägt, wenn GC auf Aarau trifft. «Es ist verrückt, dass der stolze Rekordmeister GC keine Schweizer Investoren findet», sagt Ponte. «Trotzdem müssen die Zürcher froh sein, dass Geldgeber aus China den Verein unterstützen und damit gewährleisten, dass GC weiterhin im Profigeschäft mittun kann. Mir liegt GC näher als der FC Aarau», fügt Ponte hinzu. «Das hat damit zu tun, dass ich zu früheren GC-Spielern noch Kontakte habe. Es gibt einen Legenden-Chat, in dem ich über alle News des Klubs informiert werde. Vor Corona traf ich mich einmal im Monat mit früheren GC-Stars wie Alfons Bosco, Adi Noventa, Richard Bauer, Marcel Cornioley, Peter Traber, Hansruedi Fuhrer und Bigi Meyer. Im April ist wieder ein Treffen geplant. Ich hoffe, dass es klappt.»
Und was ist mit dem FC Aarau? Mit wem hat Raimondo Ponte heute immer noch Kontakt? «Eigentlich nur mit Rolf Osterwalder, der den FC Aarau als Captain und Abwehrchef 1985 zum einzigen Cupsieg der Klubgeschichte geführt hat», sagt Ponte. «Mit Rolf verbrachte ich die Zeit als Junior im Brügglifeld. Wir schafften zusammen den Sprung in die erste Mannschaft und treffen uns noch heute regelmässig zum Tennisspielen.»