Wenn sich Schule und Politik beissen

Unverständnis in der Bevölkerung Wohlens: CVP-Gemeinderätin Ariane Gregor darf nicht zur Wiederwahl antreten. Der Grund? Die Aargauer Stimmbürgerinnen und -bürger haben im September 2020 mit 58 Prozent Ja-Stimmen die Abschaffung der Schulpflegen beschlossen. Gregor unterrichtet an der Schule Wohlen und ist in dieser Funktion der Schulpflege unterstellt – ab dem 1. Januar 2021 dem Gemeinderat. Gemeinderätin und Lehrerin in derselben Gemeinde sein, geht nicht mehr.

Das kantonale Unvereinbarkeitsgesetz aus dem Jahr 1983 hält in Paragraf 7, Absatz 4, fest: «Die Lehrer aller Stufen, eingeschlossen die Hilfslehrer, dürfen nicht Mitglieder der ihnen unmittelbar vorgesetzten Schulbehörde sein.» Mit anderen Worten: Lehrerinnen und Lehrer können in der Gemeinde, in welcher sie unterrichten, nicht dem Gemeinderat angehören. Ein Ausstand in einzelnen Gemeinderatsgeschäften genügt nicht.

Massive Kritik wird in Wohlen am Regierungsrat geübt: Von dieser Konsequenz aus der Abschaffung der Schulpflegen sei nichts in der Botschaft, nichts im Abstimmungsbüchlein gestanden. Wie auch immer – das Aargauer Unvereinbarkeitsgesetz ist im Vergleich mit Bestimmungen anderer Kantone sehr restriktiv, wie das Bundesgericht 2009 in einem Urteil attestiert hat.

Damals ging es um einen Zofinger Fall – um jenen des Bezirksschullehrers und Vize-Stadtammanns Urs Schaufelberger (SP). Er übte die Funktionen eines Lehrers und Stadtrats acht Jahre lang parallel aus. Aber auch er stolperte über das Unvereinbarkeitsgesetz und wurde vom Regierungsrat vor die Wahl berufliche Tätigkeit oder Amt gestellt – und dies, obwohl Bezirksschullehrpersonen durch die Schulpflege gewählt wurden. «Der Stadtrat hat in Bezug auf die Lehrpersonen keinerlei Arbeitgeberfunktion», sagte Schaufelberger und rief in letzter Instanz das Bundesgericht an.

Zwei der fünf Bundesrichter teilten damals die Argumentation Schaufelbergers. Es fehle an einem öffentlichen Interesse, einem Lehrer zu verbieten, gleichzeitig als Gemeinderat tätig zu sein, begründeten die beiden Richter ihre Auffassung. Für die Mehrheit des Gerichts hingegen war wesentlich, «dass den Kantonen bei der Regelung über die Unvereinbarkeit ein weiter Gestaltungsspielraum zuzugestehen ist und sich das Bundesgericht bei der Überprüfung solcher Regelungen grosse Zurückhaltung auferlegt».