Infektiologe Fux: «Wer ungeimpft verreist und sich ansteckt, hat keine Garantie dafür, dass er lebend zurückkehrt»

 

Eine Rolle spielt auch die aktuell dominante Delta-Variante des Coronavirus: Sie ist ansteckender und verursacht schwerere Krankheitsverläufe. «Von den Patientinnen und Patienten, die wegen Covid-19 hospitalisiert werden müssen, landet ungefähr ein Drittel auf der Intensivstation», sagt Fux. Beim ursprünglichen Virustyp war dieser Anteil deutlich tiefer.

Patient im Ausland war nicht transportfähig

Während die Situation auf den Intensivstationen unverändert angespannt ist, stehen bereits die nächsten Schulferien vor der Tür. Im Aargau beginnen übernächste Woche die Herbstferien.

Gleichzeitig gibt es immer noch Aargauerinnen und Aargauer, die im Ausland an Covid-19 erkrankt sind und auf eine Repatriierung warten. «Wir wollten erst kürzlich einen Patienten zurückholen. Aber es stellte sich heraus, dass er in seinem Zustand gar nicht transportfähig ist», sagt Fux. Das zeige eindrücklich: «Wer ungeimpft in die Ferien reist und sich mit Covid ansteckt, hat keine Garantie dafür, dass er lebend zurückkehrt.»

Die Reiserückkehrer, die sich in den Sommerferien mit dem Coronavirus angesteckt haben, waren laut Fux ein wesentlicher Treiber der Pandemie. «Teilweise machten sie fast die Hälfte aller Neuansteckungen aus», sagt er.

 

Dass die Fallzahlen im Aargau sinken, liegt laut Fux denn auch daran, dass im Moment nur sehr wenige Leute aus den Ferien zurückkehren. Verschärft sich die Lage also bereits nach den Herbstferien wieder?

Die Ausgangslage ist besser, aber es wird kälter

Die Schweiz und der Aargau seien besser vorbereitet, sagt Fux. Seit dieser Woche müssen Ungeimpfte bei der Einreise einen negativen Coronatest vorweisen und in der Schweiz spätestens nach sieben Tagen einen weiteren Test machen. «Wie gut sich das umsetzen und kontrollieren lässt, vor allem bei Leuten, die mit dem Auto einreisen, muss sich aber zuerst zeigen», sagt Fux.

Auch die Massnahmen an den Schulen will der Regierungsrat im Hinblick auf den Schulstart nach den Herbstferien überarbeiten. Am Mittwoch wird er voraussichtlich entscheiden. Zur Diskussion steht, ob die regelmässigen Spucktests an den Schulen weitergeführt werden oder ob nur noch gezielt an jenen Schulen getestet wird, wo Fälle auftreten.

Im Vergleich zu den Sommerferien hat sich die Ausgangslage auch bei den Impfungen verbessert. Die Impfquote ist inzwischen etwas höher. «Es gibt also durchaus einige Punkte, die besser sind als im Sommer», sagt Fux.

Aber es komme jetzt auch wieder die kältere Zeit. «Die Menschen treffen sich häufiger drinnen anstatt an der frischen Luft, was die Übertragung des Virus begünstigt.»

Es sind gute Nachrichten von der Covid-Front: Seit dem 9. September liegen die täglichen Neuansteckungen im Aargau unter 200. Auch der 7-Tages-Durchschnitt hat sich von 261 neuen Fällen am 1. September auf 109 am 17. September mehr als halbiert.

Am Montag sind 70 Personen positiv auf das Coronavirus getestet worden. Vor einer Woche meldete der Kanton 122 neue Fälle.

Ein Forschungsteam um Andreas Radbruch zeigte auf, dass zwar die Antikörper (rot) nach einer Infektion stark abfallen. Dafür speichert der Körper im Knochenmark sogenannte Plasma-Gedächtniszellen (blau), die bei Bedarf erneut Antikörper produzieren. Quelle: Nature

 

Noch nicht aufatmen können die Mitarbeitenden in den Spitälern. Die Intensivstationen im Aargau sind weiterhin ausgelastet. Am Montag lagen 39 Patientinnen und Patienten auf der Intensivstation. 23 wegen Covid-19. Am Montag vor einer Woche waren es 24 Covid-Patienten.

Patienten liegen länger auf der Intensivstation

Aus früheren Wellen ist bekannt, dass sich die Situation an den Spitälern nach zwei bis drei Wochen entspannt, wenn die Fallzahlen zurückgehen. Ob dies auch für die vierte Welle gilt, ist allerdings nicht ganz klar.

«Vor einem Jahr wurden auf den Intensivstationen viele ältere Menschen mit mehreren Vorerkrankungen behandelt. Heute sind die Patienten jünger und waren vorher oft gesund», sagt Christoph Fux, Chef-Infektiologe am Kantonsspital Aarau (KSA).

Jünger und gesünder heisst auch, dass die Lunge viel stärker geschädigt ist, bis sie auf die Intensivstation verlegt werden müssen. «Dank ihrer Zähigkeit überleben diese Patienten oft, es dauert aber lange, bis sie die Intensivstation nicht mehr brauchen», sagt Fux.