«Wir haben Rebhühner mit Pfeil und Bogen geschossen»

Die Geschichte nahm ihren Lauf, als sich Hans Peter Bühler auf einer Weiterbildung in Erlebnispädagogik befand: «Wir waren in Kanada im Busch. Ausgeflogen mit einem Wasserflugzeug. Wir mussten Überlebensstrategien im Hinblick auf die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen lernen. Dazu gehörte auch jagen und fischen. Wir haben Rebhühner mit Pfeil und Bogen geschossen.» Nach einem Monat kehrte der 64-jährige Sozialpädagoge/Sozialarbeiter in die Schweiz zurück – die Faszination für das Bogenschiessen mit im Gepäck.

«Der Bogen hat sich nicht gross weiterentwickelt»

Ursprünglich war Hans Peter Bühler in der Freizeit im Handball und Fussball zu Hause. Aber mit 40 Jahren hatte er genug. «Die Erholungsphasen dauern immer länger, je älter man wird. Ich wollte etwas anderes machen und suchte einen Einzelsport.» Zufällig ergab sich die Bekanntschaft mit einem Spanier, der für die Nationalmannschaft des Schweizerischen Bogenschützenverbands geschossen hatte. Aus der Bekanntschaft wurde eine Freundschaft. Von ihm lernte Bühler das Schiessen mit dem Compoundbogen – die Leidenschaft packte ihn endgültig. Später absolvierte Hans Peter Bühler beim Schweizerischen Bogenschützenverband die Ausbildung zum Trainer. Danach folgte eine J+S-Weiterbildung, damit er auch mit Kindern trainieren durfte. Heute weiss Bühler alles, was dazugehört. Von der Herstellung der Sehnen, über die verschiedenen Materialien bis hin zum Bauen eines Bogens. «Ich habe mir lange überlegt, was ich mal mache, wenn ich aufhöre als Sozialpädagoge zu arbeiten. Irgendwann kam ich auf die Idee, ein Center zu eröffnen.» Das Erste eröffnete Bühler in der Nähe des Aarburger Bahnhofs. Angeboten wurden verschiedene Kurse, es entstand eine Zusammenarbeit mit den Schulen. Nach rund drei Jahren zog das Bogenschiesscenter um und verdoppelte die Fläche. In einer kleinen Werkstatt werden die Bögen nicht nur an ihren Besitzer angepasst und repariert, sondern Hans Peter Bühler kann Bögen komplett selber bauen. Die klassischen Holzbögen, wie sie seit Jahrtausenden bekannt sind, baut er aus Rattan. Das leichte Material eignet sich hervorragend für die Herstellung.

Auch wenn Pfeil und Bogen wohl die ältesten Jagdmittel der Menschheit sind, «mich hat der Sport gepackt. Die Geschichte kam erst später dazu», so Bühler. «Bogenschiessen ist eine aktive Entspannungsübung. Du spannst den Bogen, spürst den richtigen Moment und dann lässt du den Pfeil fliegen. In die Historie kommt man automatisch rein. Weil man dann einfach wissen will, welche Materialien vor 5000 Jahren oder noch früher verwendet wurden.»

Der Bogen habe sich nicht gross weiterentwickelt. «Es gibt drei Dinge, die seit ihrer Erfindung gleich blieben: Das Rad – runder gehts nicht. Feuer machen funktioniert immer noch mehr oder weniger gleich. Beim Bogen ist es dasselbe. Vor rund zwei Jahren wurden in Südafrika Pfeilspitzen ausgegraben. Die sind vermutlich 80 000 Jahre alt.» Mit einem Schmunzeln fügt er hinzu: «Ich schiesse lieber 100 Pfeile, bevor ich 100 Seiten lese.» Bewegung fände er viel lässiger, aber das Wissen gehöre halt auch dazu.

Geschossen wird auf Gummitiere

Was den Sportschützen richtig begeistert, ist das 3D-Schiessen. Dieser Teil des Sports findet im Freien statt, geschossen wird auf Gummitiere. «Das bietet natürlich extrem viel Abwechslung. In der Halle schiesst man im gleichen Winkel und mit der gleichen Distanz auf die Scheibe. Auf dem Parcours verändert sich alles permanent. Die Entfernung zum Ziel und deren Grösse, der Winkel und die Wind- und Wetterverhältnisse verändern alles.» Mit einem Lachen fügt Bühler noch hinzu: «Wir sind allerdings nur noch Schönwetter-Schützen. Bei schlechtem Wetter gehen wir nicht mehr auf einen Parcours.»

Grundsätzlich gibt es drei verschiedene Bögen. Bei allen verfügt der Trainer über ein breites Wissen. Die Compoundbögen verfügen über eine bessere Präzision als eine Pistole und basieren auf dem Hebelgesetz. Der Schütze muss weniger Kraft aufwenden. In der Schweiz sind sie nur im Sport erlaubt. Beim Recurvebogen weisen die Wurfarme des Bogens vom Schützen weg. Die geschwungene Bauweise sorgt dafür, dass der Bogen einen Teil der Schwingungen abfängt und somit ist die Treffgenauigkeit um einiges präziser als bei einem Langbogen. Der Recurvebogen ist der einzige, der bei olympischen Spielen zugelassen ist. Zu guter Letzt gibt es noch den Langbogen. Dessen Bauweise ist die traditionellste der drei Arten. Wer anfangen will, mit Pfeil und Bogen zu schiessen, ist mit dem am besten bedient. «Es bringt auch nichts, sich direkt einen Bogen zu kaufen. Dazu sind zu viele Faktoren wichtig. Ausserdem dauert es bis zu zwei Jahren, bis man wettkampftauglich ist», erklärt Hans Peter Bühler. «Die beste Art, Bogenschiessen zu lernen, ist übrigens mit geschlossenen Augen. Man muss den Bewegungsablauf spüren.»

 

Historie

Die Geschichte des Bogenschiessens reicht mehrere zehntausend Jahre zurück. Zu der Zeit wurden die Sehnen aus Hanf, Flachs und Gräsern hergestellt. Später wurde die Haltbarkeit verbessert, indem Sehnen und Därme von Tieren verarbeitet wurden. Im Mittelalter entstanden die Sehnen in einer Seilerei, die unter Geheimhaltung stand. Heutzutage werden sie unter anderem aus Dacron, einem Kunststoff, gefertigt. Dacron besteht aus zahlreichen Fäden, die ineinander verdreht werden. «Die reissen nicht und halten ewig», erklärt Bühler. «Mit so einer Sehne macht man 15 000 bis 20 000 Schuss.»