
Das Lidl-Projekt in Roggwil sorgt weiter für hitzige Debatten
Diese Woche landete im ZT-Postfach ein offener Brief. Darin wird ein Meinungsbeitrag des Transportunternehmers und SVP-Grossrats Stefan Giezendanner im «Roggwiler» kritisiert. Das ZT bat Giezendanner um eine Replik – und druckt heute die beiden Beiträge ab.
Sehr geehrter Herr Giezendanner
Offensichtlich haben Sie auf Einladung der SVP Roggwil einen Gastbeitrag zum Thema Brunnmatt ZPP in unserer Dorfzeitung «Der Roggwiler» (Ausgabe 1. 2021) eingereicht. Selbstverständlich ist die freie Meinungsäusserung ein sehr hohes und schützenswertes Gut in der schweizerischen Demokratie. Ihr Artikel ist mehrheitlich sachlich gehalten. Und trotzdem: Als Einwohner von Roggwil halte ich es für absolut unangebracht, dass Sie sich als Grossrat des Kantons Aargau in kommunale Belange einer Berner Gemeinde einmischen. Ja, einmischen!
In Anbetracht der gegenwärtig schwierigen Lage in Roggwil und solange Sie weder in Roggwil ansässig noch ein im Kanton Bern gewählter Politiker sind, halte ich Ihr Vorgehen für mehr als fragwürdig. Nicht zu vergessen, dass drei Gemeinden (Murgenthal, Rothrist und Brittnau) aus Ihrem Wahlkreis gegen die Zonenplanänderung Einsprache erhoben haben. Ich denke, der Kanton Aargau hat genügend eigene Probleme, bei denen Sie sich als Grossrat des Kantons Aargau einbringen können.
Zum Schluss noch dies: Wenn ein «Projekt Lidl» ja derart viele Vorteile bringt und in einer allfälligen Standortgemeinde ja nur Steuereinnahmen und Arbeitsplätze generiert, dann erlauben Sie mir die Frage: Weshalb setzen Sie sich nicht persönlich für einen Standort im Kanton Aargau entlang der A1/A2 (Rothrist/Oftringen/Zofingen oder Muhen/Kölliken) ein?
Daniel Kohler, Roggwil
Stefan Giezendanners Replik:
Sehr geehrter Herr Kohler
Danke im Voraus für die konstruktiven Voten betreffend das potentielle Projekt «Lidl-Verteilzentrum Roggwil» auf dem ehemaligen Gugelmann-Areal. Ich kann nachvollziehen, dass Sie sich infolge der Kantonsgrenze zwischen Murgenthal und Roggwil missverstanden fühlen, wenn ein Grossrat des angrenzenden Kantons seine Meinung zu Gunsten des Projekts äussert, welches im Übrigen an der Gemeindeversammlung Roggwil mit dem Motto «Wir sagen Ja – eine saubere Lösung für Roggwil» über die Parteigrenzen hinweg von der SVP, FDP, BDP und SP mitgetragen wurde.
Richtig, Herr Kohler, infolge des «grenzüberschreitenden» Verkehrs von der A1 und A2 betrifft ein allfälliger Neubau von Lidl die ganze Region um Rothrist, Murgenthal und Brittnau und ebenso die Region um Niederbipp, Langenthal und Roggwil. Nicht nur diese Argumente führten zu meinem Gastbeitrag in der Dorfzeitung, sondern ebenso die Tatsache, dass ich als Transportunternehmer für eine Lagebeurteilung angefragt worden bin. Die Mittelland Transport AG ist nicht nur mehrheitlich in den Kantonen Zürich, Aargau, Luzern und Solothurn, sondern mit weiteren Standorten in Niederbipp und Hasle bei Rüegsau auch im Kanton Bern vertreten. Dementsprechend ist mir die Verkehrssituation in Ihrem Wohnort Roggwil bestens bekannt. Um es richtigzustellen: Lidl würde ebenso auf Bahnverkehr- wie Strassenverkehr setzen. Die Grossinvestition würde die Gugelmann-Industrieruine nachhaltig und langfristig aufwerten und die Altlasten sanieren. Und vor allem werden mit dieser Möglichkeit 250 neue Arbeitsplätze entstehen.
Ich persönlich würde ein derartiges Projekt von Lidl auch gerne im Kanton Aargau sehen, sodass wir nicht nur Arbeitsplätze erhalten, sondern allenfalls ausbauen könnten. Insbesondere in der aktuellen, sehr schwierigen Wirtschaftssituation könnten noch etliche Arbeitsplätze in der Wirtschaft verloren gehen. Umso wichtiger ist es, solche Investitionen von Unternehmen positiv zu beurteilen und zu unterstützen, sei es im Kanton Bern oder im Kanton Aargau. Ich danke für die Objektivität und grüsse freundlichst,
Stefan Giezendanner, Grossrat SVP, Zofingen