
Homeoffice-Pflicht ja oder nein? Das sagen die grossen Arbeitsgeber
Schickt der Bundesrat die Schweiz am Mittwoch wieder ins Homeoffice? Die Grundlagen dafür hat er gelegt. Er hat den Kantonen eine Pflicht zum Homeoffice in die Vernehmlassung gegeben. Heute gilt erst eine Empfehlung. Die Pflicht soll überall gelten, «wo dies aufgrund der Aktivität und mit verhältnismässigem Aufwand möglich ist», wie CH Media weiss.
Doch ist diese Pflicht überhaupt umsetzbar – und wie nimmt sie die Wirtschaft auf? Die Meinungen gehen auseinander. Juan Beer, der Chef des Schweizer Geschäfts des Versicherers Zurich, gehört zu den Befürwortern. «Ich bin entschieden dafür, dass alle, die ihre Arbeit von zu Hause aus erledigen können, auch wirklich Homeoffice machen dürfen», sagt er. «Es ist momentan einfach nicht sinnvoll, dass Menschen gezwungen werden, an ihren Arbeitsplatz zu fahren, wenn ihre Anwesenheit dort nicht absolut erforderlich ist. Hier sind alle Arbeitgeber in der Pflicht, nochmals über die Bücher zu gehen und ihre Möglichkeiten auszuschöpfen.»
Pflicht «nicht unbedingt notwendig»
Nahezu alle Zurich-Mitarbeiter seien bereits im Homeoffice: «Es senkt die Zahl unserer Kontakte, sorgt mit mehr Platz für mehr Sicherheit im öffentlichen Verkehr und trägt so dazu bei, dass sich weniger Menschen mit dem Virus anstecken.»
Auch Heinz Huber, der CEO von Raiffeisen Schweiz, plädiert fürs Homeoffice. «Gesundheit hat für mich höchste Priorität», sagt er. «Wo sinnvoll und möglich, befürworte ich daher das Arbeiten von zu Hause aus, um die Ansteckungsgefahr zu minimieren.» Mehr als 90 Prozent der Mitarbeitenden seien bereits im Homeoffice.
Matthias Leuenberger, der Länderpräsident von Novartis Schweiz, unterstützt die bisherige Empfehlung zu Homeoffice «mit der Möglichkeit für Mitarbeitende, auch die offiziellen Büroräumlichkeiten zu nutzen, falls sie zuhause nicht effektiv arbeiten können oder für kritische Aufgaben vor Ort anwesend sein müssen.» Eine generelle Homeoffice-Pflicht sei aber aus seiner Sicht «nicht unbedingt notwendig».
SBB, Post und Swisscom zurückhaltend
Bei Roche arbeiten etwa zwei Drittel der Mitarbeiter an den Standorten Basel und Kaiseraugst von zuhause aus. Roche habe die Mitarbeitenden bereits Ende Oktober angewiesen, nur dann vor Ort zu arbeiten, wenn dies für die Verrichtung ihrer Aufgaben dringend notwendig sei.
Zugeknöpfter geben sich die staatsnahen Betriebe. Bei der Swisscom heisst es, 85 Prozent der Mitarbeiter seien im Homeoffice. Eine allfällige Pflicht analog jener vom Frühling 2020 sei «umsetzbar». Die SBB weisen darauf hin, dass sie flexibles Arbeiten schon seit 2015 förderten. Die Post teilt mit, seit letztem Frühling hätten rund 12’000 Mitarbeitende Zugang zu Telearbeit. Für alle sei Homeoffice nicht möglich, schliesslich beschäftige die Post viele Mitarbeiter in den Filialen, der Sortierung oder in der Zustellung.
Coop mit Lob für Homeoffice, Migros mit leiser Kritik an Kommunikation
Ähnlich präsentiert sich die Lage bei den Grossverteilern. Bei Coop arbeiten 90 Prozent der Mitarbeiter im Verkauf, in der Logistik und in der Produktion. Mitarbeiter in der Verwaltung sollen hingegen «wenn immer möglich im Homeoffice arbeiten», teilt Coop mit. «Wir erachten Homeoffice in der Pandemie für eine wirkungsvolle Schutzmassnahme und setzen diese konsequent um.»
Bei der Migros arbeiten 75 Prozent in Berufen, für die Homeoffice nicht in Frage kommt. «Für die Minderheit, die Homeoffice machen kann, gilt die Empfehlung seit Ausbruch der Pandemie uneingeschränkt, wenn möglich und wenn es sinnvoll ist von zu Hause aus zu arbeiten», schreibt die Migros.
Was sie von einer Pflicht hält, sagt sie aber nicht – und lässt leise Kritik an der Kommunikation durchblicken. Die Migros kommentiere nur getroffene Entscheidungen – «nicht aber die zig Varianten und Möglichkeiten, die täglich neu auf wundersame Weise aus den Bundesratszimmern dringen.»