
Steuerreformen kommen immer zur falschen Zeit
Der Aargau ist für Unternehmer noch immer ein attraktiver Standort – aber er muss sich im Steuerbereich mit den Besten, den Günstigsten, messen können. Zusammen mit Faktoren wie Verfügbarkeit von gut ausgebildetem Personal, Kapitalkosten, Mietpreisen und Infrastruktur spielt das Steuerklima für einen Investor eine wichtige Rolle bei der Beurteilung der Standortattraktivität.
Der Aargau ist vor diesem Hintergrund gezwungen, in die Offensive zu gehen und eine Steuerreform an die Hand zu nehmen. Beim interkantonalen Vergleich der Firmen-Gewinnsteuern ist er in den letzten Jahren vom Mittelfeld an die drittletzte Stelle abgerutscht. Während der Gewinnsteuersatz im Aargau aktuell 18,6 Prozent beträgt, sind es in Luzern 12,3 Prozent und in Solothurn 15,9.
Wie konnte es zu diesen Differenzen kommen? Der Hintergrund ist ein internationaler. Dass der EU, in der Steuerflucht ein Volkssport ist, ein Schweizer Sonderweg in der Unternehmensbesteuerung nicht ins Konzept passte, ist klar. Wir mussten uns internationalen Standards beugen – dies aber so, dass die Steuern für die Unternehmen attraktiv und für den Staat ergiebig bleiben. Dafür gibt es die Stellschraube des Steuersatzes und EU-konforme Abzüge, wie jener für Forschung und Entwicklung (Patentbox).
Der Aargau konnte 2019 nicht mit den anderen Kantonen gleichziehen. Er befand sich mitten in der Sanierung seines Staatshaushalts. Die ist gestemmt und die Regierung sieht Spielraum für Steuersenkungen – auch für Privatpersonen. Hier geht es um höhere Abzüge für Versicherungsprämien (Krankenkasse).
Ob man Steuern senken oder erhöhen will, der geplante Zeitpunkt ist immer falsch, wie die Vernehmlassungsantworten der Parteien und Verbände (in der Ausgabe vom Samstag) zur aktuellen Vorlage illustrieren. Die Suche nach einem «gerechten» Steuersystem begleitet uns seit Jahrhunderten. Als Postulat der Aufklärung konnten Steuergesetze der Willkür der Herrschenden Grenzen setzen. Und so ist es geblieben. Voraussichtlich dürfen Sie und ich in einigen Monaten an der Urne über den Aargauer Weg in Steuersachen entscheiden.