Fressen wir uns durch die Krise!

Systemrelevant ist die Gastronomie nicht. Aber vielleicht seelenrelevant? Jedenfalls haben wir im Coronajahr gemerkt, dass Orte, an denen gegessen und getrunken wird, für unser Befinden von nicht zu unterschätzender Bedeutung sind. Entsprechend gross war der Schock, als im Frühling der erste Lockdown Tatsache war und das Feierabendbier, die Pizza am Mittag und das romantische Diner am Abend ersatzlos gestrichen wurden. Das nahm man hin. Es musste einfach sein.

Als der Lockdown vorbei war, waren viele Gastronomen bereits Take-away-Spezialisten. Nach einer relativ sorglosen Phase im Sommer kam der Herbst und mit ihm die zweite Welle. Die Vorschriften für die Gastronomie wurden noch zahlreicher und komplizierter. Die Wirte, mittlerweile zu Plexiglas-Spezialisten mit Doppelmeter in der Hand mutiert, hatten gelernt, Service und Personenkontrollen gleichzeitig zu erledigen. Dann fand der Bundesrat am 11. Dezember, um 19 Uhr müsse vorläufig Schluss sein in den Restaurants. Diese Massnahme stiess Wirten und Gästen gleichermassen sauer auf. Warum nicht wenigstens bis um 21 Uhr, damit man in Ruhe Nachtessen kann? Keine 10 Tage später erübrigte sich die Frage bereits. Zweiter Lockdown: Feierabend!

Die Gastronomen tun mir leid. Fast so sehr wie das systemrelevante Gesundheitspersonal, das seit Monaten bis zum Zusammenbruch schuftet. Ich finde, wir sollten beide Branchen unterstützen. Die Gastronomie, indem wir sie an den vielen nun folgenden Feiertagen auf Trab halten, das Take-away-Sortiment einmal rauf und runter bestellen und zur Feier des Tages ausnahmsweise noch eine Flasche Wein extra ordern. Damit unterstützen wir auch das Gesundheitspersonal: Nach dem Gelage bleiben wir einfach satt und zufrieden daheim liegen, trinken noch eins und landen deshalb an einem Ort garantiert nicht: im Spital.