
Grossrätin Regina Lehmann-Wälchli: Beeindruckende Karriere abseits des Rampenlichts
Grossrats-Serie
Wir porträtieren die abgetretenen Grossrätinnen und Grossräte des Bezirks Zofingen.
«Ich bin schon etwas wehmütig», gibt Regina Lehmann-Wälchli (64) aus Reitnau unumwunden zu. Drei Jahrzehnte lang war sie politisch aktiv, initiierte mit Erfolg eine Gemeindefusion, schaffte es 2008 fast auf ein SVP-Zweierticket für die Regierungsratswahlen (gewählt wurde schliesslich Alex Hürzeler). Am vergangenen Dienstag hatte sie ihren letzten Tag im Grossen Rat – politisch ist damit (fast) fertig. Es bleibt einzig ihre Mitgliedschaft im grossen SVP-Kantonalvorstand, dem Regina Lehmann-Wälchli weitere vier Jahre angehören will.
Es brauchte Mut, die Meinung kundzutun
Regina Lehmann sagt: «Ich nehme mich selber nicht so wichtig.» Und ergänzt: «Ich sehe mich nicht im Mittelpunkt.» Vielleicht hat sie darum in ihren 20 Jahren als Grossrätin nur acht parlamentarische Vorstösse gemacht: «Zu Antworten kann man auf direktem Weg und mit weniger Verwaltungsaufwand kommen», sagt die Reitnauerin. Und: «Eine Hinterbänklerin war ich nicht – überhaupt nicht.» Sie spricht davon, wie sie manchmal Mut brauchte, ihre eigene Meinung in der Fraktion, in den Gremien, einzubringen. In einer so grossen Fraktion wie der SVP müsse man sich wehren, um nicht unterzugehen.
Als Regina Lehmann 2001 im Kantonsparlament begann, war noch Lieni Füglistaller Fraktionspräsident der SVP. Die Frau mit der Berufsbezeichnung «Eidg. Buchhalterin FA» hatte das Glück, dass sie gleich zu Beginn in die damalige, sehr einflussreiche Staatsrechnungskommission gewählt worden ist: «Alles Finanzielle lief über uns.» Zuletzt gehörte sie der Grossrats-Kommission «Allgemeine Verwaltung» an, die sie ab 2009 vier Jahre lang präsidiert hatte.
Hätte sie politische Karriere früher starten sollen?
Schulpflege (ab 1990), Schulpflegepräsidentin, Gemeinderätin (ab 1998), Frau Gemeindeammann, Grossrätin (ab 2001): «Ich habe die Ochsentour gemacht», konstatiert Regina Lehmann. Nur für den Nationalrat hat sie nie kandidiert. Rückblickend würde sie etwas früher in die Politik einsteigen: «Vielleicht habe ich zu spät begonnen.»
Regina Lehmann erinnert sich an ihre Wahl in den Gemeinderat: «Damals war die Frauenfrage noch ein grösseres Thema.» Sie war in Reitnau erste Gemeinderätin und erste Frau Gemeindeammann. Von einer einseitigen Bevorzugung der Frauen hält sie nichts: «Die Fähigen sollen gewählt werden.»
Reitnau (1523 Einwohner) ist im Bezirk Zofingen peripher gelegen. Es ist nicht selbstverständlich, dass es in der kantonalen Politik vertreten ist. Vorübergehend war das Dorf sogar doppelt dabei: mit Susanne Hochuli als Regierungsrätin und Regina Lehmann als Grossrätin. Jetzt sieht es nach einer längeren Durststrecke aus.
Der kleine Trick mit dem Doppelnamen
Regina Lehmann verdankt ihre politische Karriere auch einem kleinen Trick: Sie ist konsequent mit dem Doppelnamen «Lehmann-Wälchli» aufgetreten. Damit war für die Wähler im Raum Zofingen klar, dass sie in Brittnau aufgewachsen ist. Sie sagt: «Ich fühle mich dem Wiggertal sehr verbunden.» Ins Suhrental kam sie der Liebe wegen: Ihr Mann, ein gebürtiger Attelwiler, betrieb jahrzehntelang in Reitnau und Emmenbrücke LU eine Schreinerei. Jetzt ist die AG mit Sitz in Emmen LU dem Sohn übergeben und die Tochter arbeitet auch mit. Regina Lehmann kümmert sich seit jeher ums Administrative, macht vor allem die Buchhaltung. Obwohl sie jetzt das AHV-Alter erreicht hat, tut sie es weiter. «Ich habe dem Junior versprochen, es noch mindestens drei Jahre zu machen», sagt die vierfache Grossmutter. «Das Geschäft beschäftigt heute fünf Schreiner», ergänzt sie.
Das absolute Highlight in der politischen Karriere von Regina Lehmann war das Zusammengehen von Reitnau und Attelwil. «Das war mein Herzenswunsch. Das war sicher meine grösste Leistung – und auf diese bin ich stolz.» Mit dem Fusionsthema hatte sie auch bei ihrem Engagement im Spitex-Bereich zu tun. Aktuell ist sie Vizepräsidentin der grossen Spitex Suhrental PLUS. Das gleiche Amt hat sie in der Stiftung, der das Pflegeheim Sennhof (Vordemwald) gehört. Ein schwieriges Thema war 2018 ihr Ausscheiden aus dem Verwaltungsrat des damaligen Alterszentrums Schöftland.
«Abschluss in Aarau wäre schön gewesen»
Auf einen Tiefpunkt in ihrer Grossratskarriere angesprochen, fällt Regina Lehmann auf Anhieb nichts ein: «Ich hatte praktisch nur positive Erlebnisse.» Doch dann fügt sie an, dass die Auswirkungen der Coronapandemie, die Sitzungen in der Umweltarena in Spreitenbach, etwas schwierig gewesen seien. Und, wieder ganz wehmütig, ergänzt sie: «Es wäre schon schön gewesen, wenn der Abschluss letzten Dienstag im Grossratsgebäude in Aarau hätte stattfinden können.»
Grösster Erfolg
Als absolutes Highlight ihrer politischen Karriere nennt Regina Lehmann-Wälchli den Zusammenschluss von Reitnau und Attelwil. Das sei ihr Herzenswunsch gewesen und darauf sei sie stolz. Acht Vorstösse Den ersten Vorstoss reichte sie am 3. Mai 2011 ein. Für Aufsehen sorgte ihre Interpellation vom 20. September 2016 zu einer eritreischen Hochzeit, die in einer Massenschlägerei endete und für einen Polizei-Grosseinsatz sorgte. Grösste Niederlage Auf einen Tiefpunkt in ihrer Grossratskarriere angesprochen, fällt ihr auf Anhieb nichts ein. Die Auswirkungen der Coronakrise zum Schluss ihrer Politkarriere seien aber schwierig gewesen. 20 Dienstjahre Am 8. Mai 2001 wurde Regina Lehmann-Wächli Grossrätin. In all den Jahren nahm sie insgesamt in 15 Kommissionen Einsitz. Am Schluss war sie noch in der Kommission «Allgemeine Verwaltung» präsent.