
Heime lernten aus der ersten Welle: «Wir haben keine Angst mehr, aber Respekt»
Walter Däschler ist erst seit zehn Tagen Bewohner des Alterszentrums Bruggbach in Frick. Die letzten Jahre hat der 87-Jährige alleine in einem Haus im Ort gewohnt. «Es ist ein anderes Leben als zuvor. Man muss sich daran gewöhnen», sagt er. Er sei aber zufrieden, die neuen Nachbarn seien angenehme Leute, die Betreuung im Heim sei gut, die Schutzmassnahmen seien erträglich.
Als Bewohner trägt Däschler keine Schutzmaske, aber eine Uhr, die seine Kontakte aufzeichnet. Die Smart Watch dient dem Contact-Tracing und ist damit Teil des Schutzkonzepts des Alterszentrums Bruggbach. Sie wird von allen Bewohnerinnen und Bewohnern, den Angestellten und Besucherinnen und Besuchern getragen.
Gesundheitsdepartement zieht positives Zwischenfazit
Die Schutzkonzepte, die Zusammenarbeit von Kanton und Heimen sowie die aktuelle Lage in den Heimen aufgrund des grassierenden Coronavirus waren die Themen der gestrigen Pressekonferenz des Departements Gesundheit und Soziales (DGS) im Alterszentrum Bruggbach. «Bei der ersten Welle der Ansteckungen mit dem Coronavirus mussten Behörden und Heime noch voneinander lernen», sagte Gesundheitsdirektor Jean- Pierre Gallati. Die Heime seien unter Druck gestanden und teilweise überfordert gewesen, der Wunsch nach verbindlichen Vorgaben wurde laut. «Jetzt funktioniert der Austausch reibungslos», so Gallati. Der Weg, den der Aargau hier bestreite, sei also vernünftig.
Auch Barbara Hürlimann, Leiterin der Abteilung Gesundheit des DGS, zieht ein positives Zwischenfazit: «Ich bin stolz, wie die Heime die zweite Welle bewältigen, sie waren gut vorbereitet», sagt sie. Das Contact-Tracing funktioniere, die Anzahl an durchgeführten Tests dürfte aber, wie überall, noch zunehmen, appelliert sie. «Wir haben keine Angst mehr wie in der ersten Welle, aber Respekt.»
59 Verstorbene in Aargauer Heimen seit dem 1. Oktober
In diesem steckten sich bisher vereinzelt Angestellte an, allerdings noch keine Bewohner. Eine «erfreuliche Ausnahme» sei das, sagte Jean-Pierre Gallati. Denn das ist nicht überall so. Seit dem 1. Oktober sind im Aargau 142 Personen an einer Covid-Erkrankung gestorben, davon 59 in einem Alters- oder Pflegeheim. Mehr Verstorbene verzeichnen die Spitäler (75). «Wir sind die zweite Front», sagte Rotzetter. Die Sterblichkeit von an Covid erkrankten Heimbewohnern liegt bei hohen 30 Prozent. Alarm schlagen möchte er dennoch nicht, schliesslich heisse das auch, dass 70 Prozent der Erkrankten genesen seien. Zudem liege es in der Natur eines Pflegeheims, dass Bewohner sterben. «In diesem Kontext müssen wir die Todesfälle sehen», so Rotzetter.
Viele Bewohner seien zum Zeitpunkt der Erkrankung palliativ betreut worden, sie waren also bereits schwer krank. Tatsächlich ist seit dem 1. Oktober eine Person ohne Vorerkrankungen in einem Aargauer Pflegeheim wegen des Virus verstorben. Der grösste Teil der Verstorbenen hatte zwischen einer und drei Vorerkrankungen. Definitive Aussagen über die Sterblichkeit in Heimen im Vergleich mit anderen Jahren könne man noch nicht ziehen, so Rotzetter. Seines Wissens sei diese bisher aber nicht auffällig hoch.
Sorgen bereiten den Heimen die Festtage. Besucher oder asymptotische Bewohner könnten das Virus ins Heim tragen und dann müssten Bewohner in Quarantäne. «Ein Heim ist eine Wohngemeinschaft, die Bewohner sind in engem Kontakt», so Rotzetter. Die Lebensqualität in dieser Gemeinschaft soll aber, speziell über die Festtage, erhalten bleiben. Das wünscht sich auch Bewohner Walter Däschler. Er wurde zu einer Weihnachtsfeier eingeladen – an diesem Fest möchte er teilnehmen.