
Musik als Covid-Gefahr? Waadtländer Restaurants mucken gegen sonderbare Regel auf
Die Westschweizer Gastrobranche macht gemeinsame Sache: Am 10. Dezember öffnen in allen Romandie-Kantonen die Restaurants, Bars und Cafés wieder. Doch nicht überall herrschen die gleichen Hygiene-Regeln. Der Kanton Waadt hatte eine besonders spezielle Vorsichtsmassnahme für die Wiedereröffnung vorgesehen, die bisher praktisch unbemerkt blieb, wie «Le Temps» berichtet. Und zwar sollte es den Betrieben untersagt werden, Hintergrundmusik laufen zu lassen. Kein Mozart zum Wiener-Schnitzel, kein Lang Lang zur Peking-Ente, keine Rihanna zum Cocktail.
Wirtschaftsminister Philippe Leuba begründete die Stummschaltung damit, dass Musik mehr Kunden anziehe und sie die Leute enthemme. Sprich: Man kommt sich näher, schlimmstenfalls tanzt man sogar miteinander. Dieses Melodie-Verbot sorgte in der Branche für eine Kakophonie. So mache die Wiedereröffnung gar keinen Sinn, echauffierte sich Antoine Piguet, Vizepräsident von GastroLausanne. Da solle man den Relaunch doch gleich ganz abblasen. Und Gilles Meystre, Präsident von GastroVaud, bezeichnete die Regel als «unverständlich»: «Ein Restaurant ohne Musik verliert etwas von seiner Seele und eine Bar noch mehr.»
Der beruhigende Kompromiss
Zum Retter der Restaurants in dieser klangreichen Debatte avancierte die Zeitung «Le Temps», die Wirtschaftsminister Leuba mit der Kritik konfrontierte. Nachdem er den Musik-Stopp in einer ersten Stellungnahme noch verteidigte, krebste er eine Stunde nach Rücksprache mit Gesundheitsministerin Rebecca Ruiz zurück. Das Radio oder die Spotify-App kann in den Restaurants bei der Wiedereröffnung am 10. Dezember wieder angeschaltet werden. Allerdings darf die Lautstärke den Wert von 75 Dezibel nicht überschreiten.
Ein Kompromiss, der vorerst für Ruhe sorgt. Mal abgesehen von den 75 Dezibel.
In der Romandie ist der Ärger der Wirte über die erneute Schliessung ihrer Betriebe gross. In Restaurant-Schaufenstern wie vom «Chez Piaf» im Genfer Pâquis-Quartier stehen Protestschilder, auf denen es heisst: «Wir dürfen unsere Freiheiten und unseren Beruf nicht sterben lassen.» © Benjamin Weinmann