
Der EHC Olten und das spannende Experiment «Brennan Othmann»
Materialwart Jan Lehmann zieht am Gitterhelm noch eine letzte Schraube an. Dann gehts ab aufs Eis. Brennan Othmann, 17 Jahre jung und ein paar Stunden vorher erst in Zürich gelandet, schaut sich die aktuelle Übung an, lässt sich von seinen neuen Mitspielern ein paar Tipps geben und legt los. Gut 90 Minuten später kommt er lächelnd wieder vom Rink. Aber total hinüber. «Auf einer Skala von eins bis zehn steht meine Müdigkeit bei elf», erzählt er grinsend.
Auf seine Nordamerikanische Zeitzone umgerechnet, fand das Training morgens um 4.30 Uhr statt. Kein Wunder, lief Othmann nach seiner ersten Einheit in den Reihen seines temporären Klubs auf dem Zahnfleisch. Aber das war ihm in diesem Moment egal. «Ich konnte erstmals seit März wieder mit einer Mannschaft trainieren. Das hat sich super angefühlt.»
Mason McTavish musste in Kanada bleiben
In den letzten zwei Wochen hatte EHCO-Sportchef Marc Grieder eifrig am Transfer des Teenagers gewerkelt. Eigentlich hätte am Freitag sogar noch ein zweites kanadisches Talent auf dem Eis stehen sollen. Doch Mason McTavish wurde am Flughafen in Montreal aufgehalten und von den Behörden an der Weiterreise in die Schweiz gehindert. Die Corona-Reisebestimmungen machten ihm einen Strich durch die Rechnung, weil er – im Gegensatz zu Brennan Othmann – keinen Schweizer Pass besitzt, sondern nur eine Schweizer Spielerlizenz. Bleibt abzuwarten, ob es hier noch eine Lösung gibt.
Brennan Othmann profitierte also gleich doppelt von der Vorarbeit seines Umfelds. Vater Garry Othmann spielte Ende der 1990er-Jahre in der Schweiz unter anderem beim HC Thurgau und beim EHC Basel. Bekannter ist hierzulande sein Onkel Robert Othmann, der zwischen 2002 und 2007 auch fünf Saisons beim EHC Olten stürmte und zuletzt erfolgreich als Coach des EHC Basel amtete. Im Sommer organisierte Robert, der immer noch in der Schweiz lebt, für seinen Neffen den Schweizer Pass. Im Wissen, dass er so im Falle eines Meisterschaftsausfalls der kanadischen Juniorenligen, wo Brennan bei den Flint Firebirds engagiert ist, leichter bei einem Schweizer Team Unterschlupf finden könnte.
Nun hat der EHC Olten angesichts der permanenten personellen Sorgen zugeschlagen und sich die Dienste dieses grossen Talents gesichert. Und das zu sehr günstigen Konditionen. Brennan Othmann, der bei einer Gastfamilie einquartiert wird, erhält lediglich Kost und Logis. Er wird beim EHCO bleiben, bis der Meisterschaftsbetrieb in der OHL wieder regulär aufgenommen werden kann.
Der Onkel holt ihn am Flughafen ab
Bleibt die Frage, was ein 17-Jähriger der Mannschaft bringen kann? Othmann ist zweifellos ein sehr begabter Eishockeyspieler. Wer von den NHL-Talentspähern als potenzieller Erstrunden-Pick für die nächstjährige Talentziehung in der besten Liga der Welt eingestuft wird, der dürfte auch in der Swiss League mithalten können. Punkto Physis sind die Bedenken wohl auch fehl am Platz. Brennan Othmann ist 1,80 Meter gross und 75 Kilogramm schwer. Und dazu ist er sich von den kleinen Eisfeldern in Nordamerika sowieso mehr Körperkontakt gewohnt. «Das Tempo war hoch. Und ich muss mich natürlich noch an die grössere Eisfläche gewöhnen», bilanzierte der Neuankömmling nach seiner ersten Trainingseinheit.
Onkel Robert, der seinen Neffen am Flughafen abgeholt und gleich ins Kleinholz chauffiert hatte, machte voller Stolz Fotos und freute sich sichtlich, dass dieses Abenteuer nun beginnt: «Für Brennan ist es im Hinblick auf den Draft eine tolle Sache, dass er in einer Erwachsenen-Liga spielen kann.» Seine Premiere im grünweissen Trikot wird Brennan Othmann aber erst in der kommenden Woche geben. Jetzt ist erst einmal Akklimatisation angesagt. Und viel Schlaf.