Im Clinch mit den Anwohnern: Das Hammer Pub Restaurant kämpft um seine Existenz

Am Freitag, am 31. August 2018, haben Anita Rüegg und Mario Kundert das Hammer Pub Restaurant eröffnet. Am nächsten Tag hing ein anonymes Schreiben an den Fenstern des Lokals in der Oltner Innenstadt: Darin beklagen sich Anwohner über den Lärm der Gäste am Eröffnungsabend. Es sei «unhaltbar» und «unzumutbar», schreiben die Nachbarn, die «höflich, aber nicht untätig» bleiben wollen, wie es zum Schluss der A4-Seite heisst.

Untätig blieben diese tatsächlich nicht: In den vergangenen zwei Jahren hat das Betreiberpaar so einiges erlebt: Pro Woche gab es im Schnitt ein anonymes Schreiben, in denen ihnen neben Lärm auch Littering, Förderung des Rechtsradikalismus, Prostitution oder sogar Drogenhandel vorgeworfen wurde. Dazu kamen diverse Sachbeschädigungen wie Sprayereien auf Fensterbeschriftungen und Schaukästen, Zerstörung der Aussenbestuhlung oder mit Silikon und Farbe gefüllte Schlüssellöcher.

Erst die Videokameras nützten etwas

Mehrere Anzeigen gegen Unbekannt haben Rüegg und Kundert bei der Polizei schon eingereicht – bisher vergeblich. Etwas genützt hat erst die Installation von Videokameras rund um den Betrieb vor rund einem Jahr. Seither gab es immerhin keine Sachbeschädigungen mehr.
Anita Rüegg ist zum Teil den Tränen nahe, als sie im persönlichen Gespräch erzählt, was die beiden in den vergangenen zwei Jahren erlebt haben. Doch aufgeben wollen sie in Olten nicht. «Ich kämpfe bis zum Letzten für unser Recht», sagt sie. Das Paar ist seit rund einem Dutzend Jahren selbstständig in der Gastrobranche tätig: zuerst im Kanton Glarus, dann betrieben sie das River Pub in Aarburg und seit über zwei Jahren führen sie in Olten das Hammer Pub Restaurant.

Man gebe sich Mühe, mahne die Gäste, nach 22 Uhr draussen ruhig zu sein oder im Fumoir die Zigaretten zu rauchen, halte die Fenster geschlossen, damit kein Lärm nach aussen dringe, oder mache immer pünktlich zu. «Trotzdem hackt die Nachbarschaft nur auf uns herum und macht uns falsche Unterstellungen.»

Zwei Rechtsverfahren sind derzeit hängig

Seit Anfang 2019 kämpft das Betreiberpaar auch auf rechtlicher Ebene mit vor allem zwei Personen aus der Anwohnerschaft. Diese fordern wegen einer Umnutzung ein Baubewilligungsverfahren inklusive Lärmgutachten, weil ein kleiner Teil des Lokals – das Fumoir inklusive Sitzungszimmer – heute als Modellbauladen ausgewiesen ist und nicht als Gastrofläche. Dies, obwohl die gesamte Fläche ursprünglich als Gastrobetrieb bewilligt und über Jahre als solche genutzt wurde. Ein früherer Pächter hat auf der Teilfläche nebst dem Restaurant zwischenzeitlich auch ein Modellbauladen betrieben, was den heutigen Betreibern des Hammer Pub Restaurant nicht bekannt war. Sie haben die bestehenden Gastroräumlichkeiten inklusive Einrichtung übernommen und weitergeführt.

Die Baukommission der Stadt Olten war der Meinung, dass erst durch ein Lärmgutachten festgestellt werden könnte, ob bedeutsame Veränderungen der Immissionen vorlägen und ob damit ein Baubewilligungsverfahren nötig sei. Die Beschwerde der Anwohner gegen diesen Entscheid der Baukommission hat der Kanton allerdings gutgeheissen. Der Rechtsdienst des Bau- und Justizdepartements kommt zum Schluss, dass «die Vergrösserung des Betriebs an sich respektive die Nutzungsänderung vom Modellbauladen zu Raucherabteil und Sitzungszimmer bereits unweigerlich zu einer Baubewilligungspflicht führt, zumal damit auch eine Zunahme der Immissionen einhergehen dürfte».

Die Immissionen dürften gemäss kantonalem Rechtsdienst zu einem wesentlichen Teil von der Grösse des Betriebs und damit der Anzahl Gäste abhängig sein, heisst es weiter. Der Kanton macht den Betreibern des Hammer Pub Restaurant aber auch Hoffnung, indem er schreibt: «Die vorliegende Nutzung als Pub dürfte ohne weiteres bewilligungsfähig sein und wäre – hätte das Baugesuchsverfahren vor der Umnutzung stattgefunden – auch ohne Lärmgutachten ausgekommen.» Auf die danach erfolgte Baupublikation in diesem Sommer gab es insgesamt neun Einsprachen aus der Nachbarschaft. Demnächst wird die städtische Baukommission über die Einsprachen entscheiden.

Lärmgutachten zeigt: Es gibt keine Überschreitungen

Das geforderte Lärmgutachten ist inzwischen erstellt und kommt zum Schluss, dass alle bedeutsamen Schallquellen wie Hintergrundmusik, Kundenverhalten innen und aussen sowie die haustechnischen Anlagen zu keinen Problemen und Überschreitungen gemäss der massgebenden Vollzugshilfe Cercle Bruit, der Vereinigung der kantonalen Lärmschutzfachleute, führen. Dies, sofern alle nötigen Massnahmen umgesetzt würden. Dies wurde auch mit dem zum Baugesuch öffentlich aufgelegten Bericht des kantonalen Amts für Umwelt bestätigt, welches sich aus Sicht des Lärmschutzes für eine Erteilung der Bewilligung unter Auflagen ausspricht.

Seit Anfang Oktober hat Anita Rüegg als Inhaberin des Hammer Pub Restaurant nun ein weiteres Verfahren am Hals, in dem es um den Entzug der Betriebsbewilligung geht. Dieselben zwei Anwohner, die schon ein Baubewilligungsverfahren für die Umnutzung forderten, sind der Meinung, dass Rüegg den gesamten Betrieb nicht weiter führen dürfe, weil von Anfang an keine gültige Baubewilligung vorgelegen und das kantonale Amt für Wirtschaft und Arbeit demnach auch die Betriebsbewilligung zu Unrecht erteilt habe. Dies, obwohl die Umnutzung von Modellbauladen zu Fumoir und Sitzungszimmer nur einen kleinen Teil der bewilligten Gastrofläche betrifft. Die Anwohner argumentieren, dass von einem Pub inklusive Restaurant stärkere Immissionen aus als von einem herkömmlichen Speiserestaurant ausgingen. Auf Anfrage sagt der Rechtsvertreter der Anwohner, dass diese sich zu den laufenden Rechtsmittelverfahren gegen das Baugesuch und den Entzug der Betriebsbewilligung zurzeit nicht öffentlich äussern möchten.

Unterschriftensammlung bestärkt Betreiberpaar

«Wir nehmen das langsam persönlich», sagt Anita Rüegg. «Unsere Existenz steht auf dem Spiel», sagt Mario Kundert. Die Auseinandersetzung mit der Nachbarschaft ist für die beiden nicht nur psychisch, sondern auch finanziell eine grosse Belastung. Sie versuchten, bevor es überhaupt zur rechtlichen Auseinandersetzung kam, mit den beiden Anwohnern, welche sich am stärksten an den Immissionen stören, eine einvernehmliche Lösung zu finden. Man einigte sich auf ein unabhängiges Lärmgutachten, das zeigen soll, ob Lärmschutzmassnahmen nötig würden.

Die Anwohner beharrten allerdings dann auf ein Baubewilligungsverfahren inklusive Lärmgutachten, weil aus ihrer Sicht gemäss Verfügung des kantonalen Rechtsdienst keine Besserung beim Lärm eingetreten sei und weil man sich nur darauf geeinigt habe, Offerten für ein umfangreiches Lärmgutachten einzuholen. Der Anwalt der Hammer Pub Restaurant-Betreiber bedauerte das verweigernde Verhalten der Anwohner. Ihnen sei, so Rüegg und Kundert, zudem von den beiden Personen aus der Anwohnerschaft klargemacht worden, dass der Betrieb nicht erwünscht sei und man Ruhe haben wolle und keinen Kompromiss. Rüegg erwidert darauf, dass die Anwohner ihre Wohnungen im Wissen gemietet respektive gekauft haben, dass im Erdgeschoss seit Erbauung vor über 30 Jahren ein Gastrobetrieb existiere.

Um der Fülle an negativen Erlebnissen auch etwas Positives entgegenzustellen, hat sich das Betreiberpaar entschieden, Unterschriften bei der Kundschaft zu sammeln. Es sollen nicht immer nur jene Leute «eine Plattform erhalten, welche sich ab unserer und Eurer Anwesenheit gestört fühlen», heisst es in der Petition an die Gäste. Diese wurde kürzlich mit über 500 Unterschriften zusammen mit der Stellungnahme zum Entzug der Betriebsbewilligung beim Kanton eingereicht. Rüegg und Kundert betonen, dass sie in Olten mit ihrem Pub sehr gut aufgenommen worden seien und die Gastroszene der Stadt weiterhin beleben wollen. Die positiven Reaktionen auf ihre Unterschriftensammlung habe beide bestärkt, dass sie auf dem richtigen Weg seien.