Doppelte Ironie des Schicksals beim Sieg des FC Aarau

84 Minuten lang plätschert die Partie in Schaffhausen vor sich hin. Der FC Aarau, seit der 16. Minute in Überzahl, führt dank des Treffers von Mats Hammerich gegen das harmlose Heimteam mit 1:0 und ist auf Kurs Richtung zweiter Saisonsieg. Passiert hier noch etwas Aufregendes?

Oh ja! Und wie! Eingeleitet wird die heisse Schlussphase von FCA-Einwechselspieler Randy Schneider, der es zum wiederholten Mal mit der Eigensinnigkeit übertreibt. Nach einem verlorenen Dribbling kann er den Gegenspieler nur per Foul stoppen, Freistoss für Schaffhausen. Hoch und weit segelt das Spielgerät in den Aarauer Strafraum, wo Rodrigo Pollero steht und mit einem listigen Kopfball Simon Enzler im FCA-Tor überlistet. Stephan Keller, der Gäste-Trainer, ist ausser sich vor Wut. Was für ein billiges Gegentor! War der riesige Aufwand und der phasenweise starke und reife Auftritt seiner Mannschaft für die Katz?

Nein! Denn der FC Aarau hat seit der Länderspielpause endlich einen Vollblutstürmer im Kader. Der heisst Filip Stojilkovic und steht in der 89. Minute dort, wo ein Vollstrecker stehen muss: Zentral vor dem Tor, im Rücken des Verteidigers auf den Ball lauernd. Stürmer brauchen ab und zu ein bisschen Glück – und genau das hat Stojilkovic, als ihm der Ball nach einem missratenen Schuss von Elsad Zverotic vor die Füsse springt und der 20-Jährige den Ball nur noch ins Tor abzulenken braucht. 

Die Last, die dem von der Sittener Ersatzbank nach Aarau gewechselten U21-Nationalspieler von den Schultern fällt, muss riesig sein: Beim Jubel lässt er sich zu einer verbalen Provokation gegenüber den Heimfans hinreissen und hält zum Gruss sein Trikot in Richtung Haupttribüne.

Kurz darauf ertönt der Schlusspfiff. Der zweite Saisonsieg für den FC Aarau, er ist doch noch Tatsache. Ein Sieg, der vor allem auch Trainer Stephan Keller etwas Ruhe verschafft.

Trainer Keller: «Freue mich für Zverotic» 

Wie drei Tage zuvor gegen Stade Lausanne-Ouchy (1:1) hat  Keller auch in Schaffhausen seinen Captain Elsad Zverotic auf die Bank gesetzt. Eine unpopuläre, mutige Massnahme. Mit vier Punkten aus zwei Spielen ohne Zverotic hat Keller resultatmässig Recht bekommen.

Erste Ironie des Schicksals: Ausgerechnet der Mann, der Zverotics Platz übernommen hat, bringt den FC Aarau in Schaffhausen auf die Siegerstrasse: Mats Hammerich. Fünf Minuten nach der Pause steht er im Anschluss an einen Corner am hinteren Pfosten goldrichtig und muss für das 1:0 nur noch den Fuss hinhalten.

Zweite Ironie des Schicksals: Zverotic wird in der 79. Minute als Linksverteidiger eingewechselt und hat entscheidenden Anteil am 2:1-Treffer: Ausgerechnet sein missratener Schuss ist es, der Siegtorschütze Stojilkovic erreicht.

Keller betont nach dem Schlusspfiff, dass Zverotics Degradierung keine persönlichen, sondern einzig Leistungsgründe  habe. Heisst: In den Partien vor der Länderspielpause hat Zverotic nicht geliefert, was Keller von ihm erwartet.

Zur Leistung seiner Mannschaft sagt der Trainer: «Wir sind dominant aufgetreten und haben die Partie jederzeit im Griff gehabt. Der Ausgleich hat mich verärgert, aber solche Sachen passieren im Fussball. Der späte Siegtreffer ist ein verdienter Lohn. Dass Zverotic das Tor vorbereitet hat, freut mich besonders für ihn.»