Kratzen an der Normalität beim FC Aarau

Aufwärmen, Passübungen und zum Schluss ein Spiel auf Tore – auf dem Platz ist es wie immer, nichts deutet auf den Ausnahmezustand hin. Qualität und Intensität lassen erahnen, dass die Fussballer nach zehn Wochen Homeoffice nicht alles verlernt haben. Doch es bleibt ein Kratzen an der Normalität: Denn abseits des Rasens ist alles anders, als am Montagnachmittag der FC Aarau nach zehn Wochen Pause das Training wieder aufnimmt: Anreise ins Brügglifeld in frisch gewaschenen Kleidern, Begrüssung mit dem Ellbogen, Fiebermessen vor dem Einlass in die Garderobe, vereinzelt tragen die Spieler Maske. Auf einem Schild steht: «Das Trainingsgelände ist für alle nicht registrierten Personen gesperrt!» Immerhin: Ausserhalb sind Gespräche mit den Akteuren erlaubt – Bedingung für den Reporter: Maske auf!

Olivier Jäckle, hatten Sie vor dem ersten Training nach zehn Wochen neben der Vorfreude auch mulmige Gefühle – das Virus ist noch nicht verschwunden?

Olivier Jäckle: Gar nicht. Ich bin einfach froh, endlich wieder mit den Jungs auf dem Platz zu stehen. Mein Verstand sagt mir, dass das Ansteckungsrisiko wegen der tiefen Fallzahlen sehr gering ist.

Wie viel hat das, was Sie in den vergangenen zwei Stunden erlebt haben, mit der Normalität zu tun?

Auf dem Platz war der Schalter umgelegt, alles wie immer. Das Drumherum ist gewöhnungsbedürftig. Aber ich will nicht klagen: Wenn der Lohn für das Einhalten der Schutzmassnahmen ist, dass wir wieder kicken dürfen, mache ich das gerne.

Zu Beginn der zehnwöchigen Pause dürfte die Motivation für das Einzeltraining zu Hause noch gross gewesen sein. Wie war es zuletzt?

Fit zu sein, ist Teil unseres Berufs, darum habe ich alle Übungen seriös umgesetzt. Aber ganz ehrlich: Die Motivation sank von Woche zu Woche. Immer wieder hiess es, bald dürfen wir wieder, ehe der Re-Start erneut nach hinten verschoben wurde.

Wie streng oder locker waren Sie mit sich selber beim Einhalten der bundesrätlichen Coronamassnahmen?

Ich bin natürlich vorsichtig, ein gesunder Körper ist mein Kapital. Gleichzeitig ist es so, dass ich zwar gerne alleine wohne, aber einschliessen kann und will ich mich nicht. Meine privaten Kontakte sind auf die Familie sowie zwei, drei Kollegen reduziert und in der Freizeit bin ich in der Natur, dort hat es genug Platz. Restaurants und andere Orte mit vielen Menschen sind zurzeit tabu.

Was nehmen Sie mit aus der Pause?

Vor Corona war Fussball auch zwischen den Trainings und Spielen allgegenwärtig. Dadurch, dass auf der ganzen Welt keine Spiele stattfanden, kam ich zwangsläufig auf andere Gedanken. Ab sofort wird zwar wieder der Fussball dominieren, aber die Momente der Distanz will ich beibehalten.

Ihr Eindruck der Geisterspiele in der Bundesliga?

Die Konferenz zu schauen, ging wegen der Abwechslung gerade noch. Aber ein ganzes Geisterspiel schauen? Nein, das schaffte ich bislang nicht. Ohne Fans im Stadion fehlen die Emotionen, das merkt man, so mein Eindruck, auch den Spielern an. Trotzdem hoffe ich, dass es auch in der Schweiz bald wieder losgeht: Als Fussballer trainiert man für die Wettkämpfe. Und obwohl es von aussen so aussehen mag, dass es für den FC Aarau in den verbleibenden 13 Spielen der Saison um nichts mehr geht: Wir haben etwas gutzumachen und wollen uns unbedingt noch in die obere Tabellenhälfte hocharbeiten.

Unklarheit zur Kurzarbeit 

Sobald die Klubs der Super und Challenge League das Mannschaftstraining wieder aufnehmen, verfällt ihr Anspruch auf Kurzarbeitsentschädigung – so hat es das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) angekündigt. Aber ist es so einfach? Der FC Aarau jedenfalls wird ab sofort die Arbeitszeit der Spieler, Trainer und Betreuer der ersten Mannschaft erfassen. In der Hoffnung, dereinst doch für die Dauer bis zur Wiederaufnahme des Spielbetriebs den Arbeitsausfall entschädigt zu bekommen. Entsprechend Signale der kantonalen Behörden gibt es. Denn: Es wird zwar wieder trainiert, Wettkämpfe zu bestreiten und weitere Verpflichtungen wahrzunehmen ist den Profis jedoch (noch) nicht erlaubt.