Bei den Pferden und ihren Reitern ist das Kribbeln wieder da

Nach Wochen des Stillstands kehrt in der Reitsportszene der Alltag Stück für Stück zurück. Seit dem 11. Mai dürfen die Reithallen ihre Tore wieder öffnen, was viel zur allgemeinen Erleichterung beigetragen hat. «Darüber sind wir sehr froh», sagt Bernadette Braun, Präsidentin des Kavallerie- und Reitverein Zofingen (KRVZ). Das Schutzkonzept des Schweizerischen Verbands für Pferdesport sieht vor, dass alle Besucher auf einer Liste eintragen müssen, wann sie die Reithalle in Oftringen mit ihrem Pferd benutzen wollen. Nur so ist gewährleistet, dass nicht mehr als fünf Personen anwesend sind und die Richtlinien des Bundesamtes für Gesundheit eingehalten werden. «Bisher hat das gut funktioniert. Ich staune, wie viele Reiter trotz Auflagen zu uns kommen und trainieren», so Bernadette Braun.

Der KRVZ mit seinen 194 Mitgliedern – 55 davon sind Aktive mit Pferd – profitiert von seiner grossflächigen Anlage. «Wir dürfen uns glücklich schätzen, dass wir als eine der wenigen in der Region drei grosse Reitplätze und einen Springplatz besitzen», sagt Bernadette Braun. So kämen die fünf Personen problemlos aneinander vorbei. Als die Halle während des Corona-Lockdowns geschlossen war, zeigten die Vereinsmitglieder viel Verständnis. «Viele gingen mit ihren Pferden ins Gelände», erzählt sie, «aber für ältere, handicapierte Leute oder ältere Pferde war die Situation trotzdem nicht einfach».

Auch den KRVZ trifft die Krise empfindlich: Die Dressurtage, die traditionell über das Auffahrtswochenende stattfinden, mussten abgesagt werden. Der finanzielle Schaden ist immens. «Wir werden das aber packen», gibt sich Bernadette Braun zuversichtlich. «Dank Anlässen, Kursen und der Hallenvermietung konnten wir in den letzten acht Jahren etwas Geld auf die Seite legen. Mit diesem Polster können wir das Jahr gut überbrücken.» Als Folge wird aber die geplante Erneuerung der Bewässerungsanlage auf dem Dressurviereck frühestens nächstes Jahr umgesetzt.

Willkommene Zeit für die Arbeit auf dem eigenen Hof
Für den Oftringer Marcel Luder hatte die Zwangspause auch ihren positiven Aspekt. Der Gespannfahrer konnte sich intensiv der Arbeit auf dem Landwirtschaftsbetrieb widmen. «Ich habe Dinge erledigt, die sich in den letzten Jahren angestaut hatten», sagt Luder. Nebenbei blieb Zeit für Konditionseinheiten im Wald oder auf Feldwegen. «Meine Pferde sind manchmal etwas übermotiviert und wollen wieder mit Vollgas am Wagen rennen. Ich denke aber nicht, dass sie die spezielle Situation spüren», sagt Luder.

Inzwischen kribbelt es auch ihn wieder in den Fingern, weshalb er froh ist, das Aufbautraining seit einigen Tagen wieder in der Reithalle absolvieren zu dürfen. Definitiv verzichten muss Marcel Luder heuer auf einen Einsatz beim Hallenfahrturnier seines Pferdezuchtvereins Rothrist und Umgebung in Oftringen. Eine Verschiebung sei diskutiert worden, weil aber am möglichen Ersatzdatum im Oktober bereits die Meisterschaften des Zentralschweizer Kavallerie- und Pferdesportverbandes in Bern stattfinden, entschieden sich OK-Präsident Luder und sein Team für die Absage. «Dem Verein fehlen dadurch die einzigen Einnahmen, aber ein Jahr können wir so überbrücken», sagt Luder.

Geringere Unfallgefahr in der Halle als im Gelände
Beim Kavallerie- und Reitverein Oberwiggertal (KRVO) hielten sich die Auswirkungen der Coronakrise bisher in Grenzen. Offiziell war die Anlage in Dagmersellen geschlossen, der KRVO klärte aber beim Kanton ab, ob Vereinsmitglieder, die nicht anders konnten, trotzdem alleine und ohne Trainer in die Reithalle durften – was erlaubt wurde. Die jüngsten Lockerungen des Bundesrates nahm der KRVO dennoch erfreut zur Kenntnis. «Nur schon wegen der Bewegung für die Pferde ist das eine positive Nachricht», sagt Präsidentin Bettina Jost-Huwyler. Beim Ausritt ins Gelände sei die Unfallgefahr grösser, «weil viel mehr Reize von aussen auf die Tiere einwirken».

Wie beim KRVZ wird auch in Dagmersellen im Training ein Schutzkonzept befolgt. «Auf unseren drei Plätzen verteilen sich die Leute aber gut», sagt Jost-Huwyler. Noch offen ist, ob die Pferdesporttage wie geplant vom 15. bis 19. Juli in Dagmersellen stattfinden können. Diesbezüglich erhofft sich der KRVO weitere Aufschlüsse von den Entscheiden des Bundesrates am Mittwoch. Eine Absage wäre hart, würde den Verein jedoch nicht in Existenznot bringen. «Wir haben relativ hohe Fixkosten, könnten aber ein Jahr ohne Concours überleben», sagt Bettina Jost-Huwyler. Sie fände es vor allem aus sportlicher Sicht schade, «wenn man Reitern und Pferden keinen Wettkampf anbieten kann».