
Vereinfachter Aufstieg für Swiss-League-Meister: EHC Olten muss die Existenz sicherstellen
Die Klubvertreter der beiden höchsten Schweizer Eishockeyligen haben am Montagmorgen im VIP-Restaurant der Postfinance-Arena in Bern an der ausserordentlichen Ligaversammlung wie erwartet eine Modusänderung beschlossen: In der Saison 2020/21 wird es keinen Absteiger aus National League und Swiss League geben, aber dennoch besteht für den B-Meister die Möglichkeit, aufzusteigen, sofern die wirtschaftlichen Voraussetzungen gegeben sind.
„Wir tragen die Entscheide mit, sie sind für uns nachvollziehbar. Es ist keine Revolution, aber es ist ein Beschluss im Sinne dieser Coronakrise. Die Anpassungen machen auch für uns Sinn“, sagt EHCO-Geschäftsführer Patrick Reber, der am Montagmorgen selber an der Ligaversammlung in Bern teilgenommen hat.
Existenz sichern statt planlos investieren
Mit der Modusänderung und der Aufstockung der National League auf 13 Teams wird es den Spitzenklubs der Swiss League – namentlich Kloten, Ajoie, Visp oder Olten – mit einem Aufstieg im Frühling des nächsten Jahres so einfach gemacht wie lange nicht mehr. Das Nadelöhr Ligaqualifikation fällt weg.
Nur: Wer B-Meister werden will, muss bereits jetzt kräftig investieren. Es dürfte ein Wettrüsten um jene (nicht ganz billigen) Spieler sein, die den sportlichen Aufstieg meistern können. Hinzu kommt, dass der B-Meister wird beweisen müssen, dass er wirtschaftlich in der National League überleben kann. In der Branche wurde kürzlich die Zahl von 10 Millionen Franken als Mindestbudget kolportiert, doch auf eine explizite Zahl wollten sich die Klubs letztlich nicht festlegen. Klar ist aber: Das Budget wird „konkurrenzfähig“ sein müssen.
Klingt alles sehr verlockend. Doch es sind Aspekte, unter welchen der EHC Olten wohl aus den Rängen fallen dürfte als potenzieller Aufsteiger. EHCO-Geschäftsführer Patrick Reber sagt dazu: „Ja, es sind sehr spannende Entwicklungen, spannende Perspektiven öffnen sich. Es ist eine grosse Chance und es wird eine spannende Saison sein! Es macht gewisse Klubs sicher glustig, das Gefühl wird aufkommen, dass man investieren müsste. Aber das wäre für uns der falsche Ansatz. Wir befinden uns derzeit in der Phase der Kurzarbeit, haben einen Einstellungs- und Investitionsstopp veranlasst. Wir bemühen uns stark, dass wir, insbesondere über die Sommermonate, die Liquidität und die Existenz sicherstellen können. Deshalb wäre es für den EHC Olten der falsche Weg, nun aufgrund dieser Beschlüsse planlos zu investieren“, sagt Reber.
Konkret hat es zu bedeuten, dass der EHC Olten aufgrund der Modusänderungen mit vereinfachtem Aufstieg in die National League nicht zusätzlich investieren wird, um das Team noch stärker aufzurüsten. Das Kader, Ausgabe 20/21, steht seit Februar, weitere Verpflichtungen sind nach dem Transfer von Leonardo Fuhrer keine in Sichtweite.
Gleichwohl wird der EHC Olten ein entsprechendes Aufstiegsgesuch einreichen. Man habe grosses Vertrauen in die zusammengestellte Mannschaft, die jünger und robuster sein wird als zuvor. „Ich bin überzeugt, dass wir als ambitionierter Verein mit einem kompetitiven Team in der Spitze der Swiss League mitspielen können“, sagt CEO Reber.
Bangen um Saisonstart mit Fans: EHCO-Ticketverkauf startet
Um Existenzängste aus dem Weg zu räumen, wäre es von grosser Bedeutung, dass im September – oder allenfalls im Oktober – die Saison mit Fans im Stadion beginnen kann. „Auch an der Ligaversammlung habe ich wieder gemerkt: Es ist nach wie vor eine grosse Ungewissheit da, ob wir im Herbst mit Fans die Saison starten können. Aber wir sind guten Mutes und zuversichtlich, dass wir spätestens im Oktober die Saison aufnehmen können“, sagt Reber und fügt nachdenklich an: „Der Sport muss wieder stattfinden. Wir brauchen die positiven Emotionen, wir brauchen die Spiele, der Sport muss zurückkehren – und zwar mit Publikum.“ Der EHC Olten wird deshalb in diesen Tagen den Verkauf der Saisontickets starten.
Solidaritätsspiele: 46 statt 44 Swiss-League-Spiele, danach Pre-Playoffs
An der Ligaversammlung wurde ausserdem beschlossen, dass in der National League wie auch Swiss League zwei Spielrunden mehr ausgetragen werden. Damit sollen die finanziellen Ausfälle aus den Geisterspielen und dem Saisonabbruch im März ein bisschen aufgefangen werden. Die Ausführungsbestimmungen (wer spielt gegen wen?) sollen im Juni geklärt werden. Die Partien dürften eher eingeteilt als ausgelost werden, denn sie sollen primär für Klubs und Fans auch attraktiv sein.
Die neuen Solidaritätsrunden beruhen auf der Annahme und der Hoffnung, dass die Saison wie geplant im September oder spätestens im Oktober mit Zuschauern starten kann. Weiter existieren bei der Liga alternative Szenarien mit weniger Runden, falls die Meisterschaft später in Angriff genommen werden kann. Geisterspiele schliesst die Liga aus, ausser die Klubs erhalten für den Ertragsausfall finanzielle Entschädigung vom Bund. Den Ertragsausfall pro Heimspiel beziffert die Liga für die National-League-Klubs auf rund 550’000 Franken.
Nach den 46 Swiss-League-Qualifikationsrunden werden erstmals Pre-Playoffs ausgetragen. Dabei sind nur noch 6 Teams definitiv für die Playoffs qualifiziert, wobei weitere 4 Teams um die restlichen 2 Plätze im Best-of-3-Modus kämpfen. Der EHC Olten tut gut daran, sich unter den ersten 6 zu klassieren.
KOMMENTAR von Marcel Kuchta
Keine falschen Hoffnungen
Keine Frage: Noch nie in den letzten Jahren war die Chance so gross, den Aufstieg in die National League zu schaffen. Die «Gratis-Promotion» – ohne das Nadelöhr Liga-Qualifikation – für den Swiss-League-Meister weckt entsprechend Fantasien. Auch bei den Fans des EHC Olten. Wäre diese Modusanpassung nicht DIE Gelegenheit, die Rückkehr ins Oberhaus mit aller Macht anzustreben – so wie es etwa der EHC Kloten tut?
Die Antwort muss klar lauten: «Nein». Den Träumern und Fantasten sei nur kurz in Erinnerung gerufen, dass es um die Finanzen der Powermäuse nicht sonderlich gut bestellt ist. 2019 gabs ein Defizit im Hohen sechsstelligen Bereich, welches nur nicht noch höher ausfiel, weil es finanzielle Nothilfe aus spendablen Kreisen gab. Und auch die abgelaufene Saison fällt punkto monetärer Bilanz vermutlich nicht viel rosiger aus. Das Motto in Olten lautet weiterhin: «Gürtel enger schnallen!» – erst recht angesichts der Coronakrise, die bei allen Profiklubs für Existenzängste sorgt.
Kurz: Selbst wenn der EHC Olten den Aufstieg auf sportlichem Weg schaffen sollte – wir erinnern uns dabei aber auch, dass der letzte B-Meistertitel eine gefühlte Ewigkeit her ist – dann heisst das noch lange nicht, dass die Powermäuse dann auch tatsächlich aufsteigen dürfen, bzw. wollen. Denn: Der neue National-Ligist muss wirtschaftliche Mindestanforderungen erfüllen, denen der EHCO unter den aktuellen Umständen kaum gerecht werden kann.
Aus Sicht des EHC Olten gilt deshalb: Bitte keine falschen Hoffnungen machen – auch wenn die Verlockung noch so gross ist.