Im Büro (ab)getrennt, in der Beiz vereint

Heute Montag dürfen alle Ladengeschäfte, Warenhäuser und Restaurants ihre Pforten wieder öffnen – sofern sie für ihren Betrieb ein wirksames Schutzkonzept ausgearbeitet haben, das die Eckbestimmungen des Bundes einhält. Mehr als dies tun, ist nicht verboten. So gilt in den Apple-Stores – welche im systemrelevanten Mobiltelefonbereich eigentlich gar nie hätten schliessen müssen – für die Kundschaft Maskenpflicht und am Eingang zum Laden findet eine Fieberkontrolle statt.

Maskenpflicht für Restaurantgäste? Klar, das geht aus rein praktischen Gründen nicht. Andere Massnahmen eigentlich schon. Noch am frühen Freitagnachmittag verlangte der Bund von den Wirtinnen und Wirten, dass sie Namen, Adresse und Telefonnummer eines jeden Gastes erheben. Dann wurde dies plötzlich zur freiwilligen Sache erklärt. Vielen Gastronomen fällt angesichts des Aufwands ein Stein vom Herzen – andere haben Angst. Was ist, wenn ein Corona-Infizierter ihr Haus besucht hat? Die lückenlose Nachverfolgung der Mitgäste nicht möglich ist? Das Restaurant in den Medien zum Corona-Hotspot wird?

Im Kanton Zürich rät man deshalb den Wirtinnen und Wirten, jenen Gästen, welche eine Registrierung ihrer Daten verweigern, die Türe zu weisen – etwas, was in den Kantonen Aargau und Solothurn nicht möglich ist. In diesen, wie in weiteren drei Kantonen, gilt eine Bewirtungspflicht. Ordnungspolitisch ein Unding, das die Vertragsfreiheit der Wirtinnen und Wirte unterminiert. In der Schweiz kann ansonsten niemand gezwungen werden, einen Vertrag abzuschliessen.

Zurück zu den Corona-Bestimmungen des Bundes. Die Tische müssen nach jedem Gast desinfiziert werden, was ein Tischtuch ausschliessen dürfte. Die Speisekarte kommt laminiert und somit bereit zur Desinfektion daher. Salzfässli, Pfeffermühle, Essig- und Öl-Fläschchen sind genauso tabu, wie dem Gast eine Zeitung zur Verfügung zu stellen. Der hat sich nach dem Betreten an einen der nach der Zwei-Meter-Regel platzierten Tische zu setzen und dort zu verharren. Alles logisch und gut.

Irritierend hingegen ist, dass pro Tisch bis zu vier Leute, «die gemeinsam das Lokal betreten», sitzen dürfen. Da bemüht sich die Arbeitgeberin, im Betrieb die Abstandsregeln penibel einzuhalten und in der Mittagspause sitzen dieselben Leute am gleichen Tisch. Respektive noch schlimmer – die Angehörigen verschiedener, bewusst getrennter Teams. Arbeitsrechtlich kann dies kaum unterbunden werden.

Peter Siegrist ist Stadtrat und Gastronom – betreibt in der Zofinger Altstadt eine beliebte Bar. Der Ökonom und Offizier hat sich akribisch auf den heutigen Tag vorbereitet und hält die Regeln strikte ein. Ein ungutes Gefühl hat er mit Blick auf die Wochenenden. «Es gibt derzeit keine Unterhaltungsangebote – ausser offene Beizen.» Er befürchtet einen enormen Druck, der speziell auf die Altstadt zukommt.

Risikogruppen gehören kaum zu den gegenwärtigen Kunden der Restaurants. Aber auch viele andere Leute haben sich daran gewöhnt – ja freuen sich – abends in aller Ruhe zu kochen und zu geniessen. Zum Essen eine sehr gute Flasche Wein zu entkorken – die nicht teurer ist als der Hauswein in der Pizzeria. Die Corona-Krise in vollem Ausmass dürfte der Gastronomie erst noch bevorstehen. Bei vielen bisherigen Kundinnen und Kunden hat sich in den letzten Wochen das Ernährungsverhalten und -bewusstsein radikal verändert.