Verständnis für die momentanen Sorgen der anderen

Yves Müller hat die Corona-Auszeit bestens nützen können, um sich zu erholen. Am 29. Dezember hat der Verteidiger des SC Langenthal seinen letzten Ernstkampf bestritten. Eine im Spiel gegen Sierre zugezogene Schulterverletzung zwang ihn damals dazu, die Partie abzubrechen. Schon damals, weit vor dem Ausbruch des Coronavirus, war klar, dass die Saison für ihn gelaufen ist.

Laut seinen Ärzten soll er Ende Mai wieder vollständig genesen sein, bereits jetzt bereiten nur noch die wenigsten Bewegungen schmerzen. «Mich hat das abrupte Saisonende weniger stark beschäftigt. Wahrscheinlich, weil ich schon länger wusste, dass ich nicht mehr spielen werde», sagt Müller. Nur zu gut könne er sich aber in die Lage der anderen versetzen: «Wir hatten schon in der letzten Saison einen Lauf und das hat man nach dem Sieg im Viertelfinale über Olten nun wieder gespürt. Dass man in einem solchen Moment die Playoffs abbrechen muss, ist, frei von gesundheitlicher Beurteilung, ärgerlich.» Denn, wer eine Mannschaft aus den Top 3 bezwingt, dürfe sich durchaus auch Hoffnungen machen, die Halbfinals zu überstehen. Einige Aussenstehende sagen dazu: Der SCL hätte seinen Meistertitel aus dem letzten Jahr vielleicht sogar verteidigt.

Auf eigene Faust vorbereiten

Wegen dem abrupten Saisonende hat das Sommertraining schon früher wieder begonnen. Müller selbst trainiert seit Anfang Februar mit einem speziellen Reha-Programm, alle anderen mussten ebenfalls verfrüht wieder in den Trainingsalltag einsteigen. Zwar hat der SCL Kurzarbeit angemeldet, sodass sich derzeit jeder auf eigene Faust vorbereiten muss, nichts tun geht aber nicht. «Wenn man vorbereitet sein will, muss man sich selbst lieb sein», sagt Yves Müller. Von Diskussionen oder gar Beschwerden hört man im Eishockey aber dennoch nichts.

Während sich im Fussball die Meldungen aus Basel und Sion überschlagen, dass sich die Stars über Lohnkürzungen beschweren oder gar klagen, wurde im Schweizer Eishockey bisher nichts dergleichen bekannt. «Auch wir haben nicht gesagt: ‹Hey super, 20 Prozent weniger Lohn, das nehmen wir mit Freuden in Kauf›», scherzt der Langenthaler. Trotzdem ist die Frage erlaubt, ob die Fussballprofis verwöhnter sind als jene im Eishockey. «Ich habe das Gefühl, dass die Fussballer eitler sind als wir. Vielleicht leistet das einen Beitrag», schätzt Yves Müller ein. Andererseits könne er die Fussballer auch verstehen. Denn: «Sie müssen derzeit davon ausgehen, dass sie bald wieder Meisterschaftsspiele austragen. Sie müssen also den vollen Aufwand leisten, werden dafür aber nicht wie abgemacht bezahlt.» Dass im Fussball auch noch andere Summen gelöhnt werden und der Sport allgemein weniger bodenständig ist, will Müller weder verneinen noch bestätigen, Vergleiche zu ziehen sei aber eher schwierig.

Er selbst jedenfalls hat den veränderten Bedingungen und der Lohnkürzung ohne zu zögern zugestimmt. Wahrscheinlich auch, weil er beim SC Langenthal stark verwurzelt ist. Der 31-Jährige hat die siebte Saison in Gelb-Blau hinter sich und unterschrieb einen Vierjahresvertrag. Zugleich arbeitet er als helfende Hand im Sponsoringbereich auf der Geschäftsstelle mit. «Dadurch, dass ich hinter die Kulissen sehe, habe ich die Gründe vielleicht auch besser verstanden.» Schliesslich habe er volles Verständnis dafür, dass man in der momentanen Situation keine Sponsoringgespräche führen könne, weil derzeit andere Sorgen die Unternehmen plagen.

Golfen statt Eishockeyspielen

Aktuell bleibt deshalb auch für Yves Müller vor allem eines: Die Hoffnung auf die baldige Rückkehr zur Normalität. «Mehr als vier, fünf Monate Sommertraining brauchts dann doch auch nicht», scherzt der Verteidiger. So hoffe er sehr, dass die Saison wie geplant Mitte September oder zumindest anfang Oktober beginnen kann. Idealerweise mit Zuschauern. «Die Vorfreude auf den Saisonstart ist heuer umso grösser», sagt er. Immerhin könne er ab nächster Woche wieder dem Golfsport frönen, die eishockeyfreie Zeit werde er vorerst mit diesem Hobby überbrücken.