
Corona-Virus infiziert die regionale Wirtschaft rasant
Abgesagte Bankette und Bälle – gestrichene Seminare, stornierte Zimmer und verschobene Generalversammlungen, ja selbst der Familienanlass fällt aus. Corona hat die Hotel- und Gastrobranche derzeit im Würgegriff. So sagt Rudolf Günthardt, Direktor und Gastgeber des renommierten Hotels Zofingen: «Vor zwei Wochen war unser Reservationsbuch für die ersten Wochen und Monate des Jahres voll.» Seither bekommt sein Drei-Sterne-Haus, das auf die Beherbergung von Geschäftsleuten sowie Events ausgerichtet ist, eine Stornierung nach der anderen – auch während des Gesprächs wird ihm eine Mail auf den Tisch gelegt: eine Absage. Was ihn an der aktuellen Lage stört, ist der Wirrwarr des Kantönligeists. «Im Kanton Zürich sind Anlässe erst ab 1000 Teilnehmern – die Bundesvorgabe – bewilligungspflichtig, hier im Aargau ab 150 Personen.» Dies führe zu Verunsicherungen, zur Absage auch kleinster Anlässe. Günthardt ist gespannt, welche Beschlüsse der Bundesrat am 15. März bekannt geben will.
Was wünscht sich Günthardt von der Politik? «Eine Ausweitung der Kurzarbeitsentschädigungen auf temporäre Mitarbeitende.» Sie sind bei abgesagten Tagungen und Banketten ohne Arbeit, aber nicht versichert. Apropos Versicherung: Das Hotel Zofingen verfügt über eine Epidemie-Versicherung. Das ist doch eine gute Nachricht? Günthardt schüttelt den Kopf: «Nein, die bezahlt nur, wenn wir unser Haus aufgrund einer behördlichen Anordnung schliessen müssen.» Erfreulich für Günthardt ist, dass sich das Restaurantgeschäft nicht hat anstecken lassen: «Wir haben viele treue Stammkunden.»
Carunternehmen leiden bereits massiv unter Stornierungen
Zurück zur Kurzarbeitsentschädigung für temporäre Mitarbeitende: Zu diesem Thema führen Gastro-Aargau-Präsident Bruno Lustenberger (Krone Aarburg) und Kurt Schmid, Präsident des Aargauischen Gewerbeverbandes, Gespräche mit Volkswirtschaftsdirektor Urs Hofmann. Dieser will sich beim Bund für Temporärangestellte einsetzen. Zudem denkt Hofmann nach, wie der Staat im Fall von Liquiditätsengpässen helfen kann – hält es aber für zwingend, dass alle Kantone am selben Strick ziehen.
Arg unter Druck geraten ist auch die Reisecar-Branche. Markus Zinniker von der Zofinger Walter Tschannen AG war diese Woche an Sitzungen der Verbände Bern-Solothurn und Aargau. «Alle Unternehmen leiden massiv unter Stornierungen», stellt er fest. Bis vor 14 Tagen war der Himmel noch wolkenlos – Reisen nach Italien, zu Events oder Seniorenausflüge waren vorbereitet und gebucht. Was Events – Carfahrten zu Konzertbesuchen und anderen Kulturveranstaltungen betrifft –, wartet Zinniker gespannt auf die weitere Massnahmenplanung des Bundes. Bei den Senioren-Reisen hofft er für die Zeit nach Corona auf einen Nachholbedarf.
Die Tschannen AG ist auch ein Taxi-Unternehmen. «Hier haben wir den Wegfall der Fasnacht und anderer Abendveranstaltungen stark verspürt», sagt Zinniker. Die Zahl der Fahrten tagsüber sei hingegen im normalen Bereich.
Beim Amt für Wirtschaft und Arbeit (AWA) bestätigt man, dass aktuell die meisten Anträge auf Kurzarbeit aus dem Event- und Gastrobereich sowie der Transportbranche kommen. Laut Gewerbeverbandspräsident Kurt Schmid wirkt das Virus in der Maschinen- und Metall- oder chemischen Industrie subtiler: «Es unterbricht Lieferketten.» Sind die Lager leer und Lieferungen aus Italien und China fallen weg, stockt die Produktion – oder steht gar still.