Prozente ohne Ende

Im zweitobersten Schubladenfach liegen sie, hinten links und ordentlich verpackt in ein in die Jahre gekommenes Couvert: meine Gutscheine. Einige haben erst letztes Jahr den Weg dorthin gefunden, ein grosser Teil liegt aber schon seit langer Zeit an diesem Ort. Für den Fall der Fälle, man weiss ja nie. So haben sich Prozentscheine auf Windelpackungen, Rabatt-Codes für den Online-Kleidereinkauf, Kinotickets oder Wellness-Eintritte angesammelt. Alle mit dem Hintergedanken, dereinst von ihnen profitieren zu können.

Die Geschichte hat allerdings einen Haken. Obwohl die Gutscheine zu Hause fein säuberlich gelagert werden, finden sie in meinem Gedächtnis irgendwie keinen geeigneten Platz. Aus den Augen, aus dem Sinn quasi. Das führt dazu, dass bei jedem zufälligen Blick, den ich ins Couvert werfe, immer wieder abgelaufene Gutscheine ins Altpapier wandern anstatt über den Ladentisch.

Das mit dem Ablaufdatum ist aber so eine Sache. Schon öfters ist mir zu Ohren gekommen, dass ein Gutschein gar kein Lebensende besitzt – egal, ob ein Datum darauf steht oder nicht. Nur: Eine fundierte Aussage konnte mir dazu noch niemand machen. Auch die Stiftung für Konsumentenschutz weist darauf hin, dass in der Schweiz in dieser Angelegenheit keine Klarheit herrscht. Weil aber gemäss SKS die überwiegende Lehrmeinung besteht, dass Forderungen aus Gutscheinen den gesetzlichen Verjährungsfristen unterliegen, sind sie gemäss Obligationenrecht fünf oder zehn Jahre lang gültig – auch wenn darauf eine andere Frist vermerkt ist.

Für meine zwei Kinotickets, die am 31. Dezember des vergangenen Jahres «abgelaufen» sind, bedeutet das also, dass ich sie mindestens noch bis Ende 2024 aufbewahren kann. Trotzdem fragte ich zur Sicherheit beim Kinobetreiber nach, wie die Lage aussieht.

Die Antwort kam prompt. In harschem Ton werde ich schriftlich informiert, «dass die beiden Tickets ein aufgedrucktes Ablaufdatum aufweisen und sie nach diesem Datum an den Kinokassen nicht mehr akzeptiert werden». Nichtsdestotrotz durfte ich die Tickets inklusive frankiertem Couvert einschicken, um sie gegen zwei neue Exemplare austauschen zu lassen. «Dies tun wir aus Gründen der Kulanz und nicht, weil wir rechtlich dazu verpflichtet wären», hält die Kino-Sachbearbeiterin fest. Ob ich ihr den Link zur SKS schicken soll?

Ich lasse es sein, schliesslich bin ich wieder im Besitz zweier gültiger Tickets. Sie lagern nun im Couvert und warten darauf, eingesetzt zu werden.