
Der neuen Luzerner Ständerätin Andrea Gmür gefällt ihre neue Rolle in Bern



Am 20. Dezember um 9 Uhr vor dem Bundeshaus in Bern. Die dreiwöchige Wintersession des neuen Parlaments ist zu Ende. Andrea Gmür schlüpft zwischen zwei Polizisten hindurch aus dem schmiedeisernen Haupteingang und holt den Journalisten zum Termin ab. Ein warmer Händedruck in der Morgenkälte. Die neue Luzerner CVP-Ständerätin wirkt energiegeladen. Und sie ist ein wenig im Druck. Am Morgen ging der letzte Sessionstag im Machtzentrum der Bundespolitik zu Ende, eine Schulklasse aus Luzern wartet im Inneren auf sie, der Journalist hat Fragen.
Ortswechsel ins Bundeshaus, in ein Kommissionszimmer. Die altehrwürdige Holztäferung ist gepaart mit moderner Tontechnik. Andrea Gmür setzt sich vorne hin, da wo manchmal Bundesräte sitzen, und spricht in ein Mikrofon. Die achte Klasse des Schulhauses Mariahilf in Luzern besucht die Ständerätin. Sie beantwortet deren Fragen souverän und mit feinem Humor (siehe Box).
Bevor sie in den Ständerat gewählt wurde, politisierte Andrea Gmür-Schönenberger vier Jahre im Nationalrat. Luzern jetzt in der kleinen Kammer zu vertreten – zusammen mit dem bisherigen Ständerat Damian Müller (FDP) – sei eine besondere Ehre. «Die Vereidigung im Ständerat ist mir schon etwas eingefahren», sagt die verheiratete Mutter von vier erwachsenen Kindern aus Luzern.
Es war ein besonderer Moment: Denn 40 Jahre zuvor war ihr 2018 verstorbener Vater Jakob Schönenberger als St. Galler CVP-Ständerat vereidigt worden. Sie sei in einer Familie aufgewachsen, wo Politik immer ein Thema gewesen sei. «Mit allen Vor- und Nachteilen», fügt die 55-jährige Politikerin hinzu. In der Schule habe sie einen Lehrer gehabt, der ihren Vater für seine Ansichten manchmal kritisiert habe. Nun politisiert sie selbst im Stöckli. «Ich kann es manchmal noch nicht glauben, dass ich hier bin», sagt sie bescheiden.
Andrea Gmürs Platz im Ständerat liegt rechts, in der zweiten Sitzreihe, in der Mitte-Fraktion. Neben ihr sitzt Daniel Fässler (CVP, Appenzell Innerrhoden), ein Sitz weiter die ebenfalls neue Urner CVP-Ständerätin Heidi Z’graggen. Damian Müller ist in der gleichen Sitzreihe. «Wir kommen gut aus miteinander», sagt Andrea Gmür.
Der Ständerat und seine Arbeitsweise sagen Andrea Gmür zu. Das Gremium ist mit 46 Vertretern viel kleiner als der Nationalrat – und effizienter, so ihr Eindruck. Man arbeite lösungsorientiert. «Parteipolitik ist kein Thema im Ständerat», sagt sie. Es gebe spezifische Regeln: So seien Laptops auf den Tischen nicht erlaubt, nur Tablets. «In der ersten Session sind die Neuen angehalten, nicht zu sprechen», erklärt die Parlamentarierin. Sie habe dies nicht als Einschränkung empfunden und hielt sich daran. «In den Kommissions- und ständerätlichen Fraktionssitzungen konnte ich meine Standpunkte durchaus einbringen». Die ehemalige Gymnasiallehrerin und heutige Geschäftsführerin der Stiftung Josi J. Meier sitzt in der Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur. Ebenso gehört Gmür der Aussenpolitischen Kommission und der Sicherheitspolitischen Kommission an. In Letzterer war die Anschaffung neuer Kampfjets das grosse Thema der Session. «Es ist richtig, dass wir die Regelung mit den 60 Prozent Offsetgeschäften beschlossen haben, weil in dieser Höhe auch sinnvolle Aufträge vergeben werden können.» Ansonsten gibt es vier «Baustellen», bei denen Andrea Gmür hofft, mit ihren Ratskollegen mehrheitsfähige Lösungen finden zu können. Die Sicherung der Sozialwerke, das Verhältnis der Schweiz zu Europa (Stichwort Rahmenvertrag), die Gesundheitskosten sowie die ökologischen Ziele. Beim Klima findet Gmür, die CVP habe ihre Arbeit in der Vergangenheit «zu wenig gut vermarktet». Die Energiestrategie 2050 zum Beispiel sei massgeblich von Alt-Bundesrätin Leuthard vorgespurt worden.
Einige Fragen der Luzerner Jugendlichen an Andrea Gmür – und ihre Antworten
Wie lange interessieren Sie sich schon für Politik?
Andrea Gmür: «Schon lange. Ich bin in einer politisch interessierten Familie aufgewachsen, aber erst mit 40 Jahren selber politisch aktiv geworden. 2007 erfolgte die Wahl in den Luzerner Kantonsrat, dann gings Schlag auf Schlag.»
Fühlen Sie sich als Frau gleichberechtigt im Parlament, würden Sie sich mehr Frauen wünschen?
«Zwölf Frauen im Ständerat sind nicht wahnsinnig viel, aber ein guter Anfang. Die Gleichstellung haben wir erreicht, wenn die Geschlechterfrage bei einem Posten nicht mehr diskutiert wird.»
Sollten wir etwas tun, um das Klima zu retten?
«Ja. Der Schweiz geht es gut, sie könnte eine Vorreiterrolle einnehmen.»
Warum politisieren Sie in der CVP?
«Die CVP setzt sich für soziale Marktwirtschaft und den sozialen Ausgleich ein.»
Laut Ihrem Smartspider ist Ihnen der Ausbau des Sozialstaates nicht so wichtig, warum?
«Ich bin für den Sozialstaat, aber nicht im Übermass. Was man ausgibt, muss man zuerst einnehmen.»
Wo schlafen Sie in Bern?
«Im Hotel. Nicht im Bundeshaus. Manche Personen machen da schon manchmal ein Nickerchen …»