Ammeters Flop, Geissbergers Wut: Der FC Aarau erneut im Elend

«Schade! Scheisse! Warum?» Raoul Giger spricht Klartext und fasst seine Gemütslage nach dem Schlusspfiff in drei Worten zusammen. Der Rechtsverteidiger des FC Aarau ist fassungslos. «Wir führen in der 93. Minute mit 3:1, haben eigentlich alles im Griff und kassieren dann noch zwei Tore», sagt er. «Zwei Tore wegen individueller Fehler! Das kann doch einfach nicht wahr sein. So etwas darf nicht passieren. Ich kann und will das nicht glauben.»

Gigers Frust nach dem 3:3 gegen den Tabellenletzten Chiasso ist riesig. Der Ärger grenzenlos. Der 22-Jährige holt tief Luft und versucht, das Horrorerlebnis in der Nachspielzeit einzuordnen. «Irgendwie passt diese verflixte Schlussphase zum Verlauf der Vorrunde», sagt er. «Es ist ein dauerndes Auf und Ab. Wir machen vieles gut, scheitern aber oft an Kleinigkeiten. Wir machen uns das Leben immer und immer wieder selbst schwer. Die Fehlerquote ist zu gross. Was soll ich sagen? Im Endeffekt ist das wohl alles Kopfsache.»

Apropos Kopfsache: Rauchende Köpfe gab es aufseiten des FC Aarau nach den zwei späten Gegentoren viele, sehr viele sogar. Roger Geissberger zum Beispiel kochte vor Wut. Der Ärger war dem Vizepräsidenten ins Gesicht geschrieben. Nach dem Abpfiff rief er alle Spieler zusammen und schickte sie in die Umkleidekabine. Dann hielt er vor versammelter Mannschaft eine Ansprache. Eine Ansprache, die sich gewaschen hat.

Was Geissberger genau gesagt hat, ist nicht für die Öffentlichkeit bestimmt. Aber Streicheleinheiten waren es mit Sicherheit keine. Im Gegenteil. Wer den leidenschaftlichen Geissberger kennt, der weiss, dass er in solchen Situationen kein Blatt vor den Mund nimmt und das Team auch mal zusammenstaucht.

Wieder um die Früchte der Arbeit gebracht
Klar ist: Der FC Aarau hat das Donnerwetter von Geissberger verdient. Die Mannschaft von Trainer Patrick Rahmen führte zur Pause nach einer wackligen Startphase zwar 2:1, aber die Südtessiner standen dem Ausgleichstreffer Mitte der zweiten Halbzeit näher als Aarau dem 3:1. Chiasso-Joker Karim Rossi traf mit einem Schuss aus kurzer Distanz die Lattenoberkante (71.). Eine Viertelstunde vor Schluss stand die Partie auf Messers Schneide. Nach einem Energieanfall von Giger traf der 17-jährige Yvan Alounga zum vermeintlich entscheidenden 3:1.

Alles gut? Nein. Der FC Aarau brachte es wieder einmal fertig, sich selber um die Früchte der Arbeit zu bringen. Wer eine Viertelstunde vor Schluss gegen eine so biedere Mannschaft wie Chiasso einen Zwei-Tore-Vorsprung aus den Händen gibt, nach einem Konter die Topchance zum 4:1 auf fahrlässige Art und Weise vergibt und nicht gewinnt, der muss sich einerseits an der eigenen Nase nehmen, andererseits auch heftige Vorwürfe gefallen lassen.

Solide bis kurz vor Schluss
Bleibt zu schlechter Letzt ein Blick auf die tragische Figur des Spiels: Es ist Aarau-Torhüter Nicholas Ammeter. Der 19-Jährige zeigte bis zur 93. Minute eine solide Leistung und hielt, was er halten musste. Er blieb also lange Zeit fehlerfrei und war auch beim Gegentreffer von Mickael Almeida zum 2:3 schuldlos.

Sekunden vor Schluss aber patzte Ammeter: Nach einem hohen Ball in Richtung Penaltypunkt stürmte der junge Goalie aus seinem Kasten, wollte die Kugel wegfausten, griff aber ins Leere. Chiasso-Stürmer Rodrigo Pollero nützte den Aussetzer von Ammeter und köpfelte den Ball zum 3:3 ins Tor. Sekunden später war Schluss – und der FC Aarau erneut im Elend.

Aarau – Chiasso 3:3 (2:1)


Brügglifeld. – 2768 Zuschauer. – SR: Dudic. – Tore: 14. Schneuwly 1:0. 42. Bahloul 1:1. 43. Rossini 2:1. 75. Alounga 3:1. 94. Almeida 3:2. 95. Pollero 3:3.
Aarau: Ammeter; Giger, Leo, Thaler (53. Hammerich), Thiesson; Jäckle, Neumayr; Schneuwly, Rrudhani (62. Pepsi), Spadanuda (70. Alounga); Rossini (82. Maierhofer).
Chiasso: Jacot; Epitaux, Senderos (69. Rossi), Martignoni; Wolf (80. Huser); Dixon, Bahloul, Antunes, Gamarra (46. Conus); Kryeziu (64. Almeida), Pollero.
Bemerkungen: Aarau ohne Serey Dié (gesperrt), Schindelholz (krank), Corradi, Hübel, Peralta, Zverotic (alle verletzt), Lujic und Misic (nicht im Aufgebot). – Verwarnungen: 2. Gamarra, 28. Leo, 32. Senderos (alle Foul), 35. Pollero, 56. Wolf (beide Unsportlichkeit), 64. Epitaux, 92. Schneuwly (beide Foul), 94. Giger (Unsportlichkeit).

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