Ist das bereits Marco Truttmanns Karriereende?

Es ist der Paukenschlag am Rande des Heimspiels zwischen dem EHC Olten und den Ticino Rockets: Die Powermäuse lösen  den Vertrag mit Stürmer Marco Truttmann vorzeitig und per sofort auf. Die beiden Parteien haben am Donnerstagnachmittag eine entsprechende Einigung erzielt. Das Gespräch sei «fair und konstruktiv» über die Bühne gegangen. Man habe eine Lösung gefunden, die für beide Parteien stimme, heisst es beim EHCO.

Wie die Einigung, quasi der Vertrag der Vertragsauflösung, im Detail aussieht, ist unklar. Der EHC Olten verweist auf ein vereinbartes Stillschweigen beider Parteien. Geschäftsführer Patrick Reber betont aber auf Nachfrage, dass man Marco Truttmann, «ein verdienstvoller Spieler»,   «keine Steine in den Weg» legen wolle. Zwischen den Zeilen dürfte das wohl zu bedeuten haben, dass Truttmann durchaus bei einem anderen Verein, ja direkten Konkurrenten des EHC Olten, anheuern dürfte. Ob aber überhaupt ein Klub-Interesse besteht, ist nach der unrühmlichen Geschichte, die sich in der Liga herumgesprochen hat, anzuzweifeln. Es wäre deshalb nicht auszuschliessen, dass Truttmann – 34-jährig und im Herbst seiner Spitzensportkarriere – sich mit einem abrupten Karriereende befassen muss. Truttmann darauf angesprochen meinte lediglich, dass er das Thema erst mal verdauen wolle.

Mangelnde Wertschätzung, fehlender Respekt

So oder so ist die vorzeitige Vertragsauflösung für beide Parteien als Niederlage zu werten. So betonte Truttmann, dass er nach wie vor nicht wisse, warum er nicht mehr spielte. «Ich hatte ein gutes Verhältnis zum Trainer und war lange bester Schweizer Skorer und hatte eine positive Bilanz», sagt er schulterzuckend. Beim Verein heisst es hingegen, Truttmann habe sich über mangelnde Wertschätzung beklagt und habe den nötigen Respekt vermisst, weshalb er ein Exempel habe statuieren wollen und vorläufig nicht mehr für den EHC Olten spielen wollte.

Am Mittwoch kam der Fall nochmals neu ins Rollen, als die Klubverantwortlichen Truttmanns Anwalt kontaktierten und darum baten, eine Lösung zu finden, damit ihr Arbeitnehmer, Marco Truttmann, endlich wieder zu Spielpraxis käme. Weil aber das Tuch bereits zu stark zerschnitten war, suchte man viel eher eine Einigung zur Vertragsauflösung. Das Newsportal «watson» veröffentlichte gestern überdies Zahlen zur Verhandlung. So soll Truttmann bereit gewesen sein, auf die Hälfte seines Jahresgehalts zu verzichten, wenn er sofort gehen könne, wohin er wolle. Der EHCO soll ihm aber noch 15 Prozent des Jahresgehalts auszahlen. Der EHC Olten wollte die Zahlen nicht kommentieren, goutierte aber das Weiterreichen wertvoller Informationen nicht.

Bleibt die Frage, ob und wie der EHCO Truttmann ersetzen soll. Mit dem unrühmlichen Abgang des Ausnahmekönners sind im Kader, ohne B-Lizenzen, noch 12 Stürmer vertreten. Verletzt sich jemand, hat Olten also keine vier kompletten Sturmlinien mehr zu Verfügung. Sportchef Grieder tut gut daran, ein Auge offen zu halten.

Unmittelbar nach dem Spiel wurde das Team in der Garderobe über die Vertragsauflösung informiert. «Ich denke, das Team bedauert es, einen Mitspieler weniger zu haben», sagte Trainer Fredrik Söderström. Aber niemand habe geweint und  niemand habe gejubelt.

Nur am Ende effizient

Das Spiel gegen die Ticino Rockets verkam angesichts der Entwicklungen um Marco Truttmann zum Nebenschauplatz. Viel zu berichten gibt es von diesem Duell denn auch nicht. Die Oltner bissen sich während der regulären Spielzeit und in der Verlängerung die Zähne aus an Rockets-Goalie Beat Trudel. Erst im Penaltyschiessen sorgten die beiden EHCO-Kanadier Gary Nunn und Dion Knelsen dafür, dass die Powermäuse ihren sechsten Sieg in Serie holten.

Kommentar: Der richtige Schritt

Was sich in den letzten zwei Wochen angekündigt hat, ist nun Tatsache geworden: Die Wege des EHC Olten und von Marco Truttmann trennen sich nach über sieben Jahren. Es ist bedauerlich, dass diese Zusammenarbeit, die lange von Harmonie und Wertschätzung begleitet geprägt wurde, nicht auf eine schönere Art und Weise zu Ende gegangen ist. Nach den jüngsten Entwicklungen und der bröckelnden Beziehung der letzten paar Saisons war dieses Ende aber unvermeidlich.

Für den EHC Olten ist es auf jeden Fall der richtige Schritt. Die Hoffnung, dass Marco Truttmann in seinem letzten Vertragsjahr wieder annähernd zu alter Form aufläuft, erwies sich als Irrtum. Drückte man früher immer mal wieder ein Auge zu angesichts des nicht pflegeleichten Profis, so zog die sportliche Leitung mit Sportchef Marc Grieder und Headcoach Fredrik Söderström diesmal die vorgegebene Linie durch. Mit der Konsequenz, dass Truttmann erst auf der Tribüne landete ‑ und jetzt seinen Hut nehmen muss.

Klar ist aber auch, dass der EHC Olten nun einen neuen Spieler braucht. Der finanzielle Aspekt steht bei der Klubführung angesichts des schlechten Betriebsergebnis der Vorsaison  verständlicherweise unter besonderer Beobachtung. Aber man darf die sportlichen Ambitionen trotz allem nicht aus den Augen verlieren.  Das Geld, welches man mit Truttmanns Abgang spart, muss zumindest teilweise wieder investiert werden.