
Kevin Spadanuda zaubert gegen Stade Lausanne-Ouchy
Ein Bier in der linken Hand, eines in der rechten, betritt der Fan die Tribüne – und bleibt stehen, als wolle er den anderen rundherum demonstrieren: Seht her, ich habe bei der Kleiderwahl alles richtig gemacht. Wer am Samstagabend im Brügglifeld das FCA-Trikot mit der Nummer 7 trägt, hatte tatsächlich den richtigen Riecher. Was war das für ein Wahnsinnsauftritt von Kevin Spadanuda: Drei Tore, zwei Assists – an allen fünf Treffern beim ersten Heimsieg des FC Aarau überhaupt gegen Stade Lausanne-Ouchy ist der Schinznacher entscheidend beteiligt.
Spadanuda in aller Munde und in überragender Frühform: In den bisher fünf Saisonspielen inklusive Cup hat der ehemalige Spieler des SC Schöftland sieben Mal getroffen und zwei Treffer vorbereitet. Doch wie es der Begriff «Mannschaftssportart» voraussagt: Gewonnen – und verloren – wird im Kollektiv. Besonders in der ersten Halbzeit macht das Heimteam fast alles richtig, gegen ein Stade Lausanne-Ouchy, das zwar seine Klasse andeutet, sie gegen entfesselte Aarauer aber erst in der Schlussphase phasenweise entfalten kann.
Das Spiel
Von Beginn an ist Aarau überlegen dank viel Ballbesitz und permanenter Störarbeit beim gegnerischen Spielaufbau. Trotzdem dauert es 24 Minuten bis zur ersten Grosschance, die Shkelzen Gashi sogleich verwertet. Apropos Effizienz: In der vergangenen Saison war sie noch ein grosser Schwachpunkt, gegen Ouchy sind die Aarauer eiskalt im Torabschluss. Von den ersten sechs Schüssen auf Ouchy-Goalie Hammel sind fünf drin, ehe zwei Mal der eingewechselte Liridon Balaj beim Versuch, das Skore zu erhöhen, scheitert. Wie beim 2:4 gegen Xamax nach 2:0-Pausenführung kassiert Aarau auch gegen Ouchy ein frühes Tor nach dem Seitenwechsel. Doch statt einzubrechen, reagieren sie im Gegenzug mit dem 4:1 durch Spadanuda. Nach dem Gegentor zum 2:5 durch Abdallah verliert der FCA zwar die optische Dominanz und muss gegen nie aufgebende Gäste in einigen Szenen untendurch – am Verdikt ändert sich jedoch nichts mehr.
Die Tore
24. Minute: Jäckle passt auf Njie, ehe der Liberianer mit einer Tempoverschärfung dem Mittelfeld-Gedränge entkommt und mit einem öffnenden Pass Spadanuda lanciert. Dessen Schuss wird abgefälscht und kullert Richtung Torlinie. Obwohl es nicht mehr nötig, grätscht Gashi in den Ball und sichert sich so sein erstes Saisontor.
35. Minute: Gefühlvoll hebt Rrudhani den Ball über die gegnerische Abwehr, wo Spadanuda angerauscht kommt und volley via Lattenunterkante trifft.
46. Minute: Es läuft die Nachspielzeit der ersten Halbzeit, da taucht plötzlich Rechtsverteidiger Raoul Giger am linken Flügel auf. Sein kluger Rückpass auf den Penaltypunkt findet Spadanuda, der mit links ins rechte Eck vollendet.
51. Minute: Ouchy-Stürmer Labeau trifft nach einem Corner per Kopf zum 1:3.
51. Minute: Mit dem ersten Angriff nach dem Gegentor fällt das 4:1 für Aarau: Rrudhani flankt an den hinteren Pfosten, wieder steht Spadanuda goldrichtig und köpfelt den Ball ins Tor.
57. Minute: Teil fünf der Spadanuda-Show: Er holt sich mit grossem Einsatz den Ball zurück und wird gefoult. Gashi läuft an und verwertet den Penalty sicher in die linke untere Ecke.
69. Minute: Ouchys Abdallah zieht aus über 30 Metern einfach mal ab und trifft haargenau in den Winkel. Das schönste Tor des Abends, letztlich aber nur für die Galerie.
Der Schlüsselmoment
Da sind deren zwei zu nennen: In der 40. Minute, beim Stand von 2:0, wehrt FCA-Goalie Simon Enzler einen Schuss von Bayard mirakulös mit dem Fuss ab und verhindert so das 1:2 – kurz darauf erzielt Spadanuda das 3:0. Ebenso wichtig ist die Reaktion des Heimteams auf das 1:3 durch Labeau: Noch in der gleichen Spielminute trifft Spadanuda zum 4:1 und stellt den alten Vorsprung wieder her. Zwei Momente, in denen Aarau ein Aufkommen des Gegners aus dem Nichts verhindert hat. Waren das schon die Lehren aus dem Xamax-Spiel, in dem es umgekehrt lief?
Der Aufreger
Während der Ehrenrunde der Mannschaft nach dem Schlusspfiff kommt es zur Diskussion zwischen FCA-Trainer Stephan Keller und einem Anführer der Hardcore-Fans. Diese wollen am Tag ihrer Rückkehr ins Stadion (seit Corona-Beginn) ausführlich den Sieg mit der Mannschaft feiern. Keller indes ist gegenüber ausgelassenen Jubelarien nach jedem Sieg eher skeptisch – vor allem zu diesem frühen Zeitpunkt der Saison. Nach anfänglichem Zögern feiern Fans und Mannschaft dann doch gemeinsam und Keller sagt: «Wir haben unsere Fans lange vermisst und am Tag ihrer Rückkehr 5:2 gewonnen. Das hätten wir besser lösen können und weil das einzig und allein in meiner Verantwortung liegt, biete ich den Fans meine Entschuldigung an.»
Das sagt der Trainer
Das Resultat und die drei Punkte überragen alles und darum sagt Keller: «Ja, heute bin ich ein glücklicher Trainer.» Doch wer ihn kennt, der wird nicht von Kellers «Aber» überrascht. Nach Gashis Tor zum zwischenzeitlichen 5:1 verliert der FCA das Spielzepter phasenweise an den Gegner, was dem Trainer nicht gefallen hat: «Egal bei welchem Spielstand, ich will, dass wir unsere Prinzipien durchziehen. Wir sind physisch in der Lage, jeden Gegner bis zum Abpfiff zu dominieren.» Was auffällt: Keller hält sich bei allen fünf FCA-Treffern beim Jubeln zurück – ganz anders als am zweiten Spieltag in Thun, wo Keller nach Almeidas Last-Minute-Siegtreffer auf den Platz stürmte und Teil der grossen Aarauer Jubeltraube war. Keller dazu: «Ich bin ein Trainer, der immer die Weiterentwicklung im Fokus hat. Manchmal vergesse ich dabei den Moment. So wie die Spieler habe auch ich Verbesserungspotenzial.»
So geht es weiter
Am Freitag empfängt Aarau den FC Vaduz. Mit einem Heimsieg gegen den Super-League-Absteiger wären die Aufstiegsambitionen ein weiteres Mal untermauern. Danach folgt die Länderspielpause, in der Aarau für drei Tage ins Hotel von Ex-Vizepräsident Roger Geissberger in Bellwald reist. Im Wallis findet am 2. September ein Testspiel gegen den FC Sion statt.
Aarau – Stade Lausanne-Ouchy 5:2 (3:0)
Brügglifeld. – 2936 Zuschauer. – SR: Staubli. – Tore: 24. Gashi 1:0. 35. Spadanuda 2:0. 46. Spadanuda 3:0. 51. Labeau 3:1. 51. Spadanuda 4:1. 57. Gashi (Foulpenalty) 5:1. 70. Abdallah 5:2.
Aarau: Enzler; Giger, Bergsma, Kronig (70. Hasani), Conus; Spadanuda, Jäckle, Njie, Rrudhani (58. Balaj); Almeida (70. Aratore); Gashi (86. Schwegler).
Stade Lausanne-Ouchy: Hammel; Kadima, Hajrulahu, Cueni; Asllani (60. Hadji), Laugeois (71. Trajano), Bamba, Qarri (80. Hadzi); Bayard (60. Abdallah), Chader (60. Ajdini); Labeau.
Bemerkungen: Aarau ohne Qollaku (verletzt), Avdyli, Caserta, Senyurt und Thaler (alle nicht im Aufgebot). Stade Lausanne-Ouchy ohne Abdullah, Da Silva, Dalvand, Hysenaj, Pos, Routis und Rüfli (alle verletzt). – 93. Pfostenschuss Labeau. – Verwarnungen: 17. Kronig (Handspiel), 33. Bamba, 47. Jäckle, 53. Rrudhani, 56. Asllani (alle Foul), 55. Hajrulahu, 56. Laugeois (beide Reklamieren).