
Die fünfte Bianchi-Generation interessiert sich auch für Fleischalternativen
Giuseppe Bianchi eröffnete 1881 an der Strehlgasse in Zürich sein erstes Geschäft: Er verkaufte Zitrusfrüchte. Wer hätte damals gedacht, dass daraus eine Firma wird, die gut 270 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt? Unterdessen ist das Unternehmen in Zufikon ansässig und nicht mehr für Zitrusfrüchte, sondern für frischen Fisch bekannt, wobei das Sortiment auch Seafood, Fleisch, Geflügel und Delikatessen umfasst. Und es wird sich wohl weiter diversifizieren: Zurzeit wird die fünfte Generation eingearbeitet.
Und die Cousins Dario (29) und Luca (27) Bianchi sind bezüglich neuer Produkte offen und à jour. «Vor einigen Jahren hatten wir beispielsweise noch keinen Käse, heute haben wir auch in diesem Bereich Spezialitäten», erklärt Luca. Und was bedeutet das für die Zukunft? «Momentan tut sich einiges im Bereich der Fleischalternativen, da wollen wir auf dem Laufenden bleiben. Zudem arbeiten wir vermehrt mit Start-up-Unternehmen zusammen, da gibt es viele interessante Projekte», sagt Dario.
«Für unsere Väter war Nachhaltigkeit neu»
Die nächste Generation will also keine Revolution anzetteln, aber durchaus eigene Ideen einbringen. Ein weiteres Beispiel dafür ist die Nachhaltigkeit: «Auch jetzt wird bei Bianchi darauf grosser Wert gelegt. Aber für unsere Väter war der Begriff damals neu, wir sind schon damit aufgewachsen und leben das intuitiv», sind sich die beiden einig.
Kann man bei Fisch und Fleisch überhaupt noch von Nachhaltigkeit sprechen? «Durchaus, wobei es grosse Unterschiede gibt», erklären die beiden. «Wir arbeiten mit zertifizierten Produkten. Zudem ist auch unser Unternehmen ISO-zertifiziert und erfüllt hier die höchstmöglichen Lebensmittelstandards.» Damit seien regelmässige und aufwendige Betriebsprüfungen verbunden, erläutert Dario. Betreffend Nachhaltigkeit sieht Luca einen weiteren wichtigen Punkt: Regionalität. «Viele Fische, etwa Lachs, Egli, Saibling oder Forellen, gibt es aus Schweizer Zuchten. Wir betreiben auch zusammen mit Partnern eigene Ställe im Appenzell, und unsere Alpstein-Poulets sind ein weiteres gutes Beispiel für regionale Produkte.»
Und wie ist es möglich, als Grossunternehmen so viele Produkte von Kleinproduzenten anzubieten? «Da wir viele Kunden in der ganzen Schweiz beliefern, können wir das verbinden. Wenn ein Restaurant in Genf bei uns Waren bestellt, kann der Kühlwagen auf dem Rückweg frische Fische vom Murtensee holen», macht Dario ein Beispiel.
Mit dem Onkel klappts besser als mit dem Vater
Dario und Luca Bianchi sind beide Ende 2016 in den Familienbetrieb eingestiegen und lernten zuerst die internen Abläufe kennen. Dazu haben sie in verschiedenen Abteilungen gearbeitet, haben in der Produktion Fische filetiert und sind mit den Chauffeuren auf Tour gegangen. Danach arbeiteten beide zunächst mit ihrem jeweiligen Vater zusammen. «Es hat uns aber mehr zugesagt, als wir getauscht hatten», sagt Dario, der jetzt mit seinem Onkel Paolo Bianchi für den Fleischeinkauf verantwortlich ist. Luca arbeitet mit Giulio Bianchi, sie sind für den Fischeinkauf zuständig. Nächstes Jahr werden Paolo und Giulio erste Bereiche ganz abgeben und sich nach und nach zurückziehen.
Hatten denn ihre Söhne überhaupt eine Wahl, oder mussten sie zwangsläufig im Familienbetrieb mitarbeiten? «Gezwungen wurden wir nicht», sagt Dario schmunzelnd. «Wir haben beide Wirtschaft studiert, bei Luca war recht schnell klar, dass er hier arbeiten wird, ich habe etwas länger gebraucht.» Für die Cousins war wichtig, in Praktika auch Erfahrung in anderen Betrieben zu sammeln.
Und wie sieht ein Arbeitstag im Hause Bianchi aus? «Wir sind recht früh hier, zwischen 5 und 6.30 Uhr», erzählt Luca. In den Morgenstunden werden allfällige Kundenprobleme bearbeitet, Bestellungen ausgelöst, danach geht es in den Telefonverkauf. «Das Wichtigste ist der Kontakt zu unseren Kunden.» Am Mittag ist es ruhig, weil dann die Küchen der Geschäftspartner auf Hochbetrieb laufen. In Zufikon ist man derweil oft mit Sitzungen und strategischen Arbeiten beschäftigt, bevor am Nachmittag wieder der Telefonverkauf startet und die Zeit mit dem Schreiben von Offerten und Projektarbeiten vergeht.
Obwohl sich die beiden ununterbrochen mit Lebensmitteln beschäftigen, oder gerade deshalb, kochen sie in ihrer Freizeit gerne. «Wir müssen schliesslich unsere Produkte kennen. Auch im Betrieb veranstalten wir jeden Freitag eine Degustation, damit das Team weiss, was es verkauft», sagt Luca. Und Dario ergänzt: «Zudem können wir uns bei unseren Kunden Tipps für die perfekte Zubereitung holen.»