FDP-Fraktionschefin Freiermuth zur Referendums-Drohung: «Die SP gefährdet Arbeitsplätze»

Kommt die Umsetzung der Steuervorlage 17 auf kantonaler Ebene am Schluss vors Volk? Wenn sie nicht verbessert werde, werde die SP das Referendum ergreifen, schrieb die AZ gestern.

Diese Ankündigung stösst bei FDP-Fraktionschefin Sabina Freiermuth auf völliges Unverständnis. Dies auch deshalb, weil die Zustimmung im Grossen Rat mit 99 : 25 Stimmen überdeutlich war und die linke Seite nicht geschlossen ablehnte.

Von einem Referendum war nie die Rede, sagt sie. Sie wirft der SP vor, Maximalforderungen und den Wahlkampf über alles zu stellen. Das Thema sei dafür aber zu wichtig. Freiermuth: «Auch wir Freisinnigen sind nicht mit allem glücklich, akzeptieren die Vorlage aber als Kompromiss.»

Die rasche Umsetzung sei essenziell für den Wirtschafts- und Arbeitsplatz Aargau und Voraussetzung, um dringend notwendigen Handlungsspielraum zurückzugewinnen: «So wie die SP agiert, finden wir keine Lösungen für drängende Probleme mehr. Diese Partei nimmt sogar in Kauf, um des Wahlkampfs willen Arbeitsplätze zu gefährden.

Unverständnis auch bei CVP-Fraktionschef Alfons Kaufmann. Es sei seines Erachtens «recht arrogant, wenn die SP nun mit einer solchen Drohung daherkommt, zumal ja gerade die Wirtschaft selber ausdrücklich auf eine Gewinnsteuersatzsenkung zugunsten der raschen Rechtssicherheit und damit Sicherung der Arbeitsplätze verzichtet hat».

Die natürlichen Personen würden nicht zusätzlich belastet. Die Vorlage sei ausgewogen, umsichtig und machbar, die CVP stehe dahinter.

Woher 35 Stimmen holen, wenn eigene nicht reichen?

Wenn die SP am Schluss der zweiten Lesung im September das Behördenreferendum ergreifen will, wofür 35 Stimmen nötig sind, braucht sie Unterstützung aus anderen Parteien, weil sie nur 27 Sitze hat. SVP, FDP, CVP, EVP-BDP, GLP und EDU haben aber in der ersten Lesung im Mai zugestimmt.

Kann die SP dafür auf die zehn grünen Grossrätinnen und Grossräte zählen? Von diesen stimmten in erster Lesung drei Nein (darunter Fraktionschef Robert Obrist). Sieben enthielten sich (darunter Präsident Daniel Hölzle und Sprecherin Kim Schweri). Wie agieren die Grünen jetzt? Schweri sagt aufgrund einer Kurzumfrage in der Fraktion, es müsse belegt werden, dass die Vorlage wirklich nicht zu Verlust an Steuersubstrat führt:

«Dann wird eine Mehrheit der Vorlage zähneknirschend zustimmen, sofern die Bürgerlichen diese in der zweiten Lesung nicht verschlechtern. Eine Minderheit wird Nein stimmen oder sich enthalten. Bei einem Ja unsererseits würden wir ein Referendum nicht unterstützen.»

Schweri bedauert, dass die SP die Grünen im (verlorenen) Kampf gegen die nationale Steuervorlage 17 nicht unterstützt hat: «Es wäre doch konsequent für die SP, jetzt auch die Umsetzung zu akzeptieren, zumal der Regierungsrat in realistischer Einschätzung der finanziellen Lage des Kantons eine Lösung vorgeschlagen hat, die im interkantonalen Vergleich weder nach oben noch nach unten respektive weder nach links noch nach rechts speziell ausschlägt.»

SP-Fraktionschef Dieter Egli weist die Vorwürfe der FDP vollauf zurück: «Wir haben in erster Lesung mehrere Verbesserungsvorschläge gemacht. Sie wurden alle abgelehnt. So stimmten wir Nein. Wir sagten damals, dass wir unsere Haltung je nach Ausgang der Debatte überprüfen. Das haben wir gemacht.»

Die SP stört sich massiv an der aus ihrer Sicht viel zu tiefen Dividendenbesteuerung und an der Senkung der Kapitalsteuern. Wenn sich die Regierung da verrechne, reisse das ein Loch in die Kasse: «Das kostet auch Arbeitsplätze, was wir verhindern wollen», gibt Egli der FDP den Ball zurück.

Auch den Vorwurf der Grünen, dass die SP gegen die nationale Vorlage nicht geholfen hat, weist er zurück: «National brauchten wir eine Lösung. Entscheidend ist aber, wie diese in den Kantonen umgesetzt wird. Wir stellen auch keine Maximalforderungen, und sind nicht gegen die Abzüge für Forschung und Entwicklung sowie Patentbox.

Aber wir wollen genau wissen, was es kostet.» Wenn die Vorlage bleibt, wie sie ist, strebt die SP ein Behördenreferendum an. Sollte sie die nötigen 35 Stimmen verfehlen, müsste sie 3000 Unterschriften sammeln. Egli: «Da müssten wir prüfen, ob das mitten im Wahlkampf geht. Unsere Gegensteuer-Initiative mit sehr ähnlichen inhaltlichen Forderungen steht auch bereit.»