
Vanessa Marfurts letzte Herausforderung auf den «mühsamen» Rollschuhen
Zuerst war Vanessa Marfurt nur Zuschauerin bei Rollhockeyspielen des RHC Vordemwald. Gebannt verfolgte sie die Matchs ihrer Brüder. «Irgendwann packte es mich auch und ich ging in ein Probetraining», blickt die heute 24-Jährige zurück. Damals war sie 15 und plötzlich war der aktive Rollhockeysport auch aus ihrem Leben nicht mehr wegzudenken. Nur eines war nicht ganz Ihres: «Ich fühlte mich gar nicht so richtig wohl auf den Rollschuhen», erzählt Vanessa Marfurt und lacht.
Und so zögerte sie nicht, als es von den Teamkolleginnen hiess, man bräuchte noch eine Torhüterin. Künftig stand beziehungsweise kniete sie also zwischen den Pfosten, gab mit Stock, Helm und Schutzausrüstung alles und wurde von Saison zu Saison ein stärkerer Rückhalt für die mittlerweile achtfachen Schweizer Meisterinnen aus Vordemwald, agierte mit dem RHCV auch im Europacup.
Letztes Jahr landete zum ersten Mal ein Nationalmannschafts-Aufgebot bei der diplomierten Pflegefachfrau: Vanessa Marfurt fuhr an die Europameisterschaft nach Portugal. Nun folgt ein noch grösseres Highlight: die in Vordemwald aufgewachsene Brittnauerin ist eine von zwei Goalies im Kader für die Weltmeisterschaft an den World Roller Games in Barcelona. «Ich freue mich auf alles, was auf mich zukommt, auf die Herausforderung, das Zusammensein mit dem Team und bin gespannt, was für uns möglich ist.»
Revanche gegen Frankreich
Die von Marc und Xavi Oller trainierte Mannschaft hatte Losglück und wurde nicht in die Gruppe mit Argentinien, Portugal, Italien und Deutschland eingeteilt. Die Eidgenossinnen treffen am Samstag auf Europameister Spanien, am Sonntag auf Frankreich und am Montag auf Chile. Monatliche Zusammenzüge und der Auftritt am Wäudler-Cup in Vordemwald liessen die 10 Spielerinnen aus 8 Vereinen zur Einheit zusammenwachsen. «Wir geben unser Bestes und wollen uns zumindest gegen Frankreich mit einem Sieg für die Niederlage an der EM revanchieren», sagt Vanessa Marfurt, «zudem wollen wir viel lernen von den stärkeren Gegnern.»
Ihr fällt an den Roller Games eine ungewohnte Rolle zu. Denn war sie an den Partien des RHC Vordemwald anwesend, war sie als Nummer 1 gesetzt. Im Nationalteam erhält die routiniertere Pascal Moser wohl den Vorzug. «Ich hoffe aber auf den einen oder anderen Einsatz», sagt die Aargauerin. Auch, weil die WM für sie eine Art Abschluss darstellt. Vanessa Marfurt löst zwar kommende Saison eine Lizenz, «aber ich stehe nur als Joker zur Verfügung und will dem Nachwuchs Platz machen.» Der Sport sei mit ihrem Beruf und mit Dienstplänen nicht einfach zu vereinbaren, sagt die Torhüterin, die in der Freizeit reitet und Fitness betreibt und bald in einer Guggenmusik aktiv sein wird. Mit ihr kämpfen in Barcelona ihre Clubkolleginnen Naomi Plüss und Nadele Moor um Siege.
Furchtlose Schweizer Männer
Ebenfalls am Start ist ab Sonntag die Schweizer Nationalmannschaft der Männer mit RHC-Vordemwald-Spieler Patrick Moor. Die Herren treten in der Intercontinental Championship an, einem Wettbewerb analog der B-WM im Eishockey. Gewinnen die Schweizer ihre Vorrundengruppe, können sie sich via Playoffs gegen die Gruppenletzten der A-WM fürs Viertelfinale qualifizieren. «Deutschland ist ein Gegner auf Augenhöhe. Brasilien ist physisch stark und kann auf Spieler aus der italienischen und portugiesischen Liga zählen, doch wir müssen vor niemandem Angst haben», sagt Nationaltrainer Alejandro Rodriguez zur Auslosung.
Bereits in der WM-Endphase ist die U19-Nationalmannschaft. «Meine Spieler kämpfen bis zum Umfallen», freut sich Trainer Stéphane Simons. Goalie Jonas Hasler, ein Talent aus den Reihen der Vordemwalder White Sox, zeichnete sich mit guten Leistungen aus. Trotzdem gab es bis und mit Viertelfinale keinen Sieg.
4000 Athleten in 12 Disziplinen
Bis am 14. Juli findet mit den World Roller Games in Barcelona der bisher grösste Event für Rollsportdisziplinen statt. Während elf Tagen sind mehr als 4000 Athleten in Aktion und küren ihre Weltmeister im Alpinskaten (Skirennen auf Rollschuhen), Artistic (Eiskunstlauf auf Rollschuhen), Roller Freestyle, Downhill, Inline Freestyle, Inlinehockey, Rollhockey, Roller Derby, Scooter, Speed und Skateboarding. Heute Abend ist die Eröffnungszeremonie. Speedskater Livio Wenger führt als Fahnenträger die Schweizer Delegation von über 100 Athleten an.