
Zum Saisonende gibts für die Vordemwalder Frauen das Double, für die Männer einen Trainerwechsel
Sie bleiben das Mass der Dinge in der Schweizer Rollhockey-Szene: die Frauen des RHC Vordemwald. Mit einem 3:2-Sieg nach Verlängerung entschied die Mannschaft des Trainerduos Andreas Schmied und Patrick Mühlheim das dritte Playoff-Finalspiel – und somit die Best-of-5-Serie – gegen den RHC Diessbach zu ihren Gunsten. Für die RHCV-Frauen, die Anfang April bereits im Schweizer Cup triumphierten, war es der dritte Double-Gewinn in den letzten vier Saisons – und der fünfte insgesamt in der Vereinsgeschichte. Langweile angesichts dieser Dominanz wollte bei Naomi Plüss nach der Pokalübergabe keine aufkommen. «Titel gewinnen ist immer eine schöne Sache», meinte Vordemwalds Captain lachend, «umso mehr, wenn man die Saison ungeschlagen beenden kann.»
Viel hätte am Samstagabend jedoch nicht gefehlt, und die Vordemwalderinnen wären zum ersten Mal seit dem Meisterschaftsbeginn im Oktober als Verlierer vom Platz gegangen. Nachdem Joana Wachs in der 46. Minute von den Beinen geholt wurde, erhielt Diessbach einen Freistoss zugesprochen. Die Gefoulte, die in der 34. Minute bereits den Ausgleich erzielt hatte, trat selber an und schoss die Gäste 2:1 in Front. Auf einmal sahen sich die Vordemwalderinnen mit einem Rückstand konfrontiert, der so ganz und gar nicht zum Spielverlauf passte. Denn die Aargauerinnen waren es, die das Geschehen bis zu diesem Zeitpunkt nach Belieben diktierten. Immer wieder zogen sie ihr Lauf- und Passspiel auf und tauchten gefährlich vor Diessbachs Torhüterin Pascale Moser auf. Weil aber die Chancenauswertung bis auf den von Nadele Moor verwerteten Abpraller zum 1:0 in der 26. Minute arg zu wünschen übrig liess, blieb Diessbach im Spiel – und schnupperte kurz vor Ende plötzlich am ersten Sieg in der Finalserie.
Kräfte mobilisiert
Mit der ersten Saisonpleite vor Augen mobilisierten die Vordemwalderinnen nochmals ihre letzten Kräfte. Und tatsächlich, knapp zwei Minuten vor der Sirene lenkte Leonie Plüss einen hohen Ball zum 2:2-Ausgleich ab. In der Verlängerung brachte Maela Wipf die Diessbacherinnen mit ihrer Blauen Karte gleich selber in die Bredouille. So war es wiederum Leonie Plüss vorbehalten, mit einer feinen Einzelleistung das 3:2 zu erzielen. Diesen Vorsprung brachten die Vordemwalderinnen anschliessend problemlos über die Zeit. «Wir haben es uns anders vorgestellt, gegen sie zu spielen, konnten das aber nicht umsetzen», erklärte Naomi Plüss die Schwächephase in der zweiten Halbzeit. Zudem habe der Gedanke, vor dem eigenen Anhang Meister werden zu können, zu einer leichten Blockade geführt. «Aber irgendwie schaffen wir es meistens, in allen Situationen den Sieg zu holen», sagte Plüss. Genau dieser Kampfgeist und Wille habe letztlich den Unterschied ausgemacht – sowohl gegen Diessbach wie auch in der gesamten Saison.

Nicht jubeln durften die Männer des RHC Vordemwald, die im dritten Anlauf den Aufstieg verpassten. Trainer Alejandro Rodriguez findet nach dem Saisonende klare Worte: «Für mich ist es frustrierend, wir waren so nahe dran.» Gut zweieinhalb Jahre hat der Spanier mit dem Fanionteam des RHC Vordemwald gearbeitet. Der angestrebte Aufstieg in die Nationalliga A blieb ihm vergönnt. «62 Partien haben wir bestritten, nur 14 verloren», sagt sein Blick in die Statistik. Diese Bilanz von Siegen und Niederlagen stimme ihn zwar letztlich positiv: «Sie spricht für die Beständigkeit.» Aber: «Es gibt eine psychologische Barriere, die verhindert, dass wir einen Final gewinnen.»
Ende Saison 2016/17 verpasste der RHC Vordemwald den Aufstieg, als es im Superfinal gegen Thunerstern eine 3:6-Pleite absetzte. Ein Jahr später dasselbe Szenario, im alles entscheidenden Superfinal lachte am Ende Wimmis (4:2). Heuer war der Modus anders. Um die Promotion gab es eine Best-of-5-Playoff-Finalserie. Doch auch diese verloren die Aargauer, mit 0:3. Statt dem RHCV spielt kommende Saison die österreichische Equipe Wolfurt in der obersten Schweizer Liga. Vordemwald muss also weiter mit der zweithöchsten Spielklasse vorliebnehmen.
Amateur- vs. Profibetrieb
An der Bande wird kommende Saison ein anderer Trainer stehen. «Eigentlich hatte ich schon im November meinen Rücktritt eingereicht», sagt Alejandro Rodriguez. Der Verein und er einigten sich dann aber, regulär den bestehenden Vertrag Ende Juni auslaufen zu lassen. Was eine weitere Zusammenarbeit zwischen dem langjährigen Junioren- und Profitrainer in Spanien und Frankreich mit den «Wäudlern» verhindert, scheint auf der Hand zu liegen. Zu unterschiedlich sind die Ansichten, mit welchem Aufwand und welcher Einstellung trainiert und gespielt werden soll. «Ich habe fast drei Jahre für dieses Team gelebt, mit allem, was dazugehört», sagt der abtretende Trainer. Jenes hundertprozentige Engagement verlangte er auch von seinen Spielern. Dass immer mal wieder jemand wegen Urlaub fehlte, die meisten nicht bereit waren, persönlich und mit der Mannschaft mehr zu trainieren, konnte Alejandro Rodriguez letztlich doch nicht verstehen. Zu stark drang da seine Vergangenheit im Profibetrieb durch.
«Das war es auch, was dazu führte, dass er die Mannschaft manchmal nicht mehr so gut erreichte», sagt Sportchef Marco Moor. Er spielte selber unter Rodriguez und weiss: «Er bewegte taktisch und technisch sehr viel.» Trotzdem sei es der richtige Schritt, dass sich die Wege des 39-Jährigen und des RHCV trennen. Die Suche nach einem Nachfolger läuft. Ein neuer Mann an der Bande könne neuen Elan geben.
Er bleibt Nationaltrainer
Ganz aus der «Rollhockeyschweiz» verschwindet Alejandro Rodriguez nicht. Er bleibt weiterhin Schweizer Nationaltrainer der Männer und führt die Eidgenossen vom 4. bis 14. Juli durch die World Roller Games in Barcelona, wo er das Viertelfinale anstrebt. Ob er weiter hierzulande als Clubtrainer amtet, ist offen. «Vielleicht ist es nach 21 aufeinanderfolgenden Saisons an der Zeit, dass ich mich ausruhe oder mich in anderen Dingen weiterbilde als im Sport», sagt Alejandro Rodriguez. An die drei Saisons beim RHCV werde er gerne zurückdenken: «Ich konnte in diesem Verein unvergessliche Erinnerungen sammeln. Es gibt hier aussergewöhnliche Familien, die mir viel geholfen haben in der ganzen Zeit.» Er würde sich freuen, wenn Vordemwald einst in der obersten Liga ankommt und sagt: «Ich gehe mit dem Gefühl, das Maximum getan und keine meiner Verpflichtungen versäumt zu haben.»