Taskforce-Mitglied Richard Neher befürchtet «vierte Welle» in der Schweiz

Die Corona-Impfung könne nach wie vor ein «Gamechanger» im Kampf gegen die Pandemie sein, sagt Richard Neher in einem Interview mit der Sonntagszeitung. Essenziell sei aber eine hohe Impfquote insbesondere in den Risikogruppen, so Neher, der selbst Mitglied der Corona-Taskforce des Bundes ist und an der Universität Basel zu Evolution, Ökologie und Populationsgenetik von Krankheitserregern forscht.

In der Schweiz sei die Impfquote noch zu tief, um eine starke vierte Welle zu verhindern. «Regionen mit ähnlich tiefen Impfquoten wie die Schweiz, zum Beispiel die US-Bundesstaaten Texas und Florida, sehen sich jetzt schon mit hohen Fallzahlen und hohen Hospitalisierungsraten konfrontiert», sagt Neher.

Wenn die Impfquote in den nächsten Wochen nicht stark gesteigert werde, bestehe die Gefahr, dass das Gesundheitssystem an seine Grenzen komme. «Wenn hingegen der Anteil der Ungeimpften mindestens unter den Menschen über 50 stark reduziert werden kann, erwarten wir, dass trotz hoher Fallzahlen die schweren Verläufe selten bleiben», so Neher im Interview.

Zertifikatspflicht soll Unentschlossene zur Impfung bewegen

Richard Neher, Biophysiker

Richard Neher, Biophysiker

Biozentrum Unibas

Aktuelle Studien zeigten, dass die Viruslast bei infizierten Geimpften zwar ähnlich hoch sei wie bei Ungeimpften, aber sehr viel schneller abfalle. Auch bei kleineren Veranstaltungen sei es deshalb sinnvoll, den Zugang auf Geimpfte, Getestete und Genesene zu beschränken. «Eine erweiterte Zertifikatspflicht könnte helfen, die sich aufbauende Welle abzuflachen», so Neher. Er erwartet von einer Ausweitung der Zertifikatspflicht aber noch einen anderen Effekt: «Wahrscheinlich würden sich manche Unentschlossene dadurch auch impfen lassen.»

Eine dritte Impfung, wie sie die Konzerne Pfizer und Moderna vorschlagen, sei noch nicht geboten, so Neher. Sie möge für Risikogruppen sinnvoll sein. «Aber solange ein Grossteil der Welt noch auf eine erste oder zweite Dosis wartet, ist meiner Meinung nach eine grosse Kampagne für Auffrischimpfungen nicht geboten», sagt Neher. (wap)