
Die wiedergefundene Liebe zwischen Fans und Spieler: Drei Erkenntnisse zum FCA-Sieg in Schaffhausen
Doch schon damals hielten sich die Stimmen im Brügglifeld erstaunlich wacker, wonach die Tabellenspitze immer noch ein erreichbares Ziel sei. Ein Erfolgserlebnis – und der FCA-Zug rollt durch die Liga bis nach vorne.
Diese Stimmen sollten recht bekommen. Am 33. Spieltag, nach dem 2:1 in Schaffhausen, hat der FC Aarau von Lausanne Rang 2 übernommen, der zur Barrage-Teilnahme berechtigt. Das Geschehen in Schaffhausen war spannend bis zum Schluss – und wie die Partien zuvor lieferte auch diese einige Erkenntnisse. Die „AZ“ nennt drei davon:
Erkenntnis Nummer 1: Die wiedergefundene Liebe zwischen Fans und Spielern
Am 11. Spieltag verlor der FC Aarau 1:3 in Genf, der FCA taumelte in der Tabelle dem Abstieg entgegen. Im Anschluss an die Partie erfuhren die Spieler auf der dreistündigen Heimfahrt im Bus, dass sie bei der Ankunft im Stadion Brügglifeld von einer Gruppe Fans empfangen würden. Und tatsächlich: Nach dem Aussteigen aus dem Bus las der Anführer der Gruppe der Mannschaft und dem Trainerstaff die Leviten. Sinngemäss hiess es laut Berichten von damaligen Augenzeugen: Die treuen Fans hätten die Schnauze voll, die Profis sollten schleunigst den „Allerwertesten“ aufreissen und sich hinterfragen, was für einen Mist sie produzieren. Und sie sollen sich bewusst werden, dass es um die Tod oder Leben eines Traditionsklubs ginge.
Es war laut und es fielen einige deftige Worte – aber beim Verbalen blieb es. Am Ende sicherten die Fans der Mannschaft und dem Betreuerstab weiterhin die Unterstützung zu – vorausgesetzt, diese zeigen vollen Einsatz für den FCA.
Ein halbes Jahr später, nach dem 2:1 am 11. Mai in Schaffhausen, haben sich Fans und Spieler wieder lieb. Als die Mannschaft sich nach den Feierlichkeiten vor dem mit über 500 Fans vollen Gästesektor in die Kabine verabschiedete, sangen die Anhänger weiter, worauf die FCA-Spieler nochmals auf dem Platz erschienen und eine zweite Feierrunde einlegten.
Szenen, die den Beteiligten genauso unter die Haut gingen wie die Standpauke in jener Oktobernacht nach dem 1:3 in Genf.
Erkenntnis Nummer 2: Der Mut von FCA-Trainer Patrick Rahmen
„Eier, wir brauchen Eier“, forderte einst die deutsche Goalielegende Oliver Kahn, als es in die entscheidende Schlussphase der Saison ging. Wüsste Kahn, was hinter der Startaufstellung von Patrick Rahmen in Schaffhausen steckte, er hätte seine helle Freude am FCA-Trainer.
Im Lipo-Park fehlte Spielmacher Markus Neumayr wegen einer Gelbsperre. Es war das zweite Mal seit der Ankunft Neumayrs im Januar, dass er nicht in der Startelf stand. Das erste Mal war in Vaduz, wo Rahmen aus Schonungszwecken freiwillig auf Neumayr verzichtete und der FCA prompt 0:2 verlor. Es war bis heute die einzige Niederlage seit dem 11. Spieltag.
Rahmen flog der Verzicht auf Neumayr, der damals gerne gespielt hätte und sich fit fühlte, um die Ohren. Vor allem, weil seine Systemumstellung auf ein 4-4-2 und die Startelf-Nomination des damals formschwachen Karanovic im Sturmzentrum nicht zündeten. Einige Stimmen sagten damals hinter vorgehaltener Hand sogar, Rahmen habe die Partie in Vaduz klassisch „vercoacht“.
Und was macht Rahmen, als er in Schaffhausen zum Verzicht auf Neumayr gezwungen wird? Er stellt genauso auf wie in Vaduz! Mit Ausnahme des in diesem Zusammenhang nicht relevanten Unterschieds in der Innenverteidigung, wo Schindelholz statt Leo spielte.
Mutig, mutig – Patrick Rahmen. Doch in Schaffhausen ging der Plan resultatmässig auf – und auch die Leistung war mit Ausnahme der Viertelstunde nach der Pause kein Vergleich zum Auftritt in Liechtenstein. Karanovic ist um zwei Klassen besser in Form als vor zweieinhalb Monaten und der zweite Stürmer Maierhofer beschäftigte die Schaffhauser Abwehrspieler unermüdlich. Dazu kam, dass das Mittelfeld-Duo Jäckle/Zverotic nicht wie damals in Vaduz einen schwachen Tag einzog.
Als dann nach einer Stunde Frontino für Maierhofer ins Spiel kam, rückte Tasar neben Karanovic ins Sturmzentrum und konnte von dieser Position gegen die müden Schaffhauser das Traumtor zum 2:1 erzielen.
Erkenntnis Nummer 3: Abräumer Zverotic „wartet“ seit 25 Spielen auf die vierte Gelbe Karte
Nach seiner Einwechslung in Schaffhausen wurde Gianluca Frontino zum vierten Mal in der laufenden Saison verwarnt und fehlt dem FCA im Heimspiel am Mittwoch gegen Kriens gesperrt. In dieser Partie werden sechs Spieler in der FCA-Startelf stehen, die bei einer Gelben Karte ebenfalls gesperrt wären – und zwar im darauffolgenden Auswärtsspiel in Chiasso: Varol Tasar, Raoul Giger, Nicolas Schindelholz, Linus Obexer, Marco Schneuwly und Elsad Zverotic. Auch Joker Petar Misic ist gelbgefährdet.
Bei genauerem Hinschauen ist der Fall „Zverotic“ kurios: Der Mittelfeld-Abräumer hat sich bereits am achten Spieltag die dritte gelbe Karte abgeholt und wurde seither in 25 Spielen nie mehr verwarnt. Unglaublich bei der aggressiven und kompromisslosen Spielweise des 32-Jährigen – aber auch ein Zeichen seiner Cleverness in den Zweikämpfen.