
Lunas Rache
Seit einiger Zeit treibt mich der Gedanke um, unsere Katze Luna (13) habe die menschliche Sprache erlernt. Wenn Besuch bei uns ist, kommt das Gespräch irgendwann natürlich auf die Vierbeiner zu sprechen, die einem um die Beine streichen. In der Vergangenheit habe ich mich zugegebenermassen gern als Experte positioniert. Dozierte, wie diese und jene Körperhaltung zu deuten sei. Referierte über die richtige Positionierung von Katzenbäumen, die Grösse von Katerrevieren und die Zusammensetzung von Trockenfutter. Man müsse halt etwas von Katzenseelen verstehen, dann seien sie ganz lieb.
Meinte ich. Jetzt merke ich, dass ich möglicherweise nicht nur meine Gäste gelangweilt habe. Ich habe auch meine felinen Kompetenzen trotz mehrmaliger Lektüre von Klassikern wie Desmond Morris’ «Catwatching» masslos überschätzt. Seit einiger Zeit miaut Luna nämlich nachts. Sonst zeigt sie nicht die geringste Verhaltensänderung. Tagsüber miaut sie natürlich nie – es sei denn, um einen Snack zu erbetteln. Sie ist gesund wie eh und ja, faul wie eh und je. Die Futtertöpfe stehen da wo immer, die Toilette auf der Terrasse lässt keine Wünsche offen.
Aber eben: Nachts wird jetzt schon mal gemiaut. Einen Grund dafür sehe ich beim besten Willen nicht, und schon gar kein Muster.
Deshalb meine Vermutung: Luna muss irgendwie gemerkt haben, dass ich mich zum Katzenexperten aufgeschwungen habe. Ihr wahres Wesen darf niemand durchschauen, will sie mir vermutlich sagen.
Darum gestehe ich jetzt öffentlich ein: Katzen entziehen sich tatsächlich menschengemachter Katzenpsychologie. Vielleicht hört die Miauerei dann auch sofort auf.