Poetry-Slam-Schweizermeisterschaften: «Die Slam-Szene ist eher eine linke Blase»

10. Poetry-Slam-Schweizer-Meisterschaften Luzern

  • Do 28.3.: 20.15: U20-Finale, Neubad Pool.
  • Fr 29. März: 19.00: Einzelvorrunden, Neubad Keller/Loge/Bar 59 (teils ausverkauft). 21.15: Teamfinale, Neubad Pool
  • Sa 30. März: 20.15: Einzelfinale, Neubad Pool (ausverkauft).

Wer darf um den Schweizer-Meister-Titel buhlen?

Valerio Moser: Die Meisterschaft soll ein Abbild der aktuellen Schweizer Slam-Szene sein. Um sich anzumelden, muss man mindestens acht Poetry-Slam-Auftritte im letzten Jahr vorweisen können.

Normalerweise gewinnt, wer mehr Applaus kriegt. Jetzt kürt eine Zufallsjury aus Zuschauern die Sieger. Weshalb dieser Wechsel?

Wegen der Fairness. Mit Applaus lässt sich nicht immer eine eindeutige Entscheidung fällen. Gerade wenn es um den Meistertitel geht, kann das schwierig sein.

Vor wenigen Jahren wurde in der Schweiz noch mehrheitlich auf Hochdeutsch geslammt. Jetzt liegt Dialekt im Trend.

Das beobachte ich auch, Mundart hat sich etabliert. Fast alle Slammer, die in den letzten fünf Jahren angefangen haben, schreiben in Dialekt. Und viele, die früher auf Hochdeutsch schrieben, haben gewechselt. Ein Grund dafür ist sicher, dass das Angebot an Slams in der Schweiz stark gewachsen ist. Man muss heute weniger schnell nach Deutschland oder Österreich ausweichen, wenn man neue gute Bühnen kennen lernen will.

Welche Trends prognostizieren Sie für den Inhalt der Texte?

Momentan sind Geschichten aus dem persönlichen Alltag beliebt. Gesellschaftliche Themen werden aber jeweils auch behandelt, sehr aktuell sind etwa Gender-Fragen.

Gibt es thematische Tabus?

Texte aus einer bürgerlichen Perspektive habe ich noch nie gehört. Da ist die Slam-Szene halt eher eine linke Blase. Was eigentlich schade ist.

Ihnen als Slammer ist die Sprechform sehr wichtig. Plötzlich schreien Sie einen Abschnitt. Finden Sie die Botschaft nebensächlich?

Ich bin es etwas müde, wenn jemand auf der Bühne bedeutungsschwanger die Welt erklären will. Momente zu erzählen, die die Zuschauer vielleicht auch kennen, reizt mich momentan mehr. In den fünf Minuten auf der Bühne bin ich ganz im Erzählten, und dabei entwickeln sich durchaus mal Gefühle, die ich nicht in Worten ausdrücken kann.

Sie und andere moderierende und ehrgeizige Slam-Kollegen haben teils Kultstatus in der Szene. Spüren Sie Neid?

Das nicht, aber frische Slammer begegnen mir backstage manchmal etwas schüchtern oder bewundernd. Das ist lächerlich. Die Szene, die sich «Slamily» nennt, ist sehr offen, nach den ersten paar Auftritten kennt man sich. Zudem finde ich es immer super, wenn Slammer mit weniger Erfahrung das Finale erreichen und dort richtig rocken. Solche Überraschungen gibt es jedes Jahr.