Spekulanten kommen beim FC Aarau nicht infrage

Fünf Monate noch, ehe sich Präsident Alfred Schmid und Vizepräsident Roger Geissberger nach zwölf Jahren aus dem Verwaltungsrat des FC Aarau verabschieden. Diese Woche sind sie in die Südtürkei gereist, um sich im Trainingslager persönlich ein Bild über Stimmung und Formstand der Mannschaft zu machen. Die «Schweiz am Wochenende» hat die scheidenden FCA-Bosse in Belek zum Interview getroffen.

Haben Sie Neuigkeiten zum Führungswechsel im Gepäck?

Alfred Schmid: Nichts zum Ausplaudern. Aber ich versichere Ihnen, im Hintergrund laufen die Verhandlungen.

In fünf Monaten findet die Generalversammlung statt, an der Ihre Nachfolger gewählt werden. Langsam, aber sicher wollen Fans, Sponsoren und Aktionäre wissen, wie es weitergeht.

Schmid: Das Wichtigste ist, dass an der Generalversammlung Personen bereitstehen, die den Rückhalt der Aktionäre haben.

Sie könnten den FC Aarau ins Ausland verkaufen und im besten Fall noch ein paar Franken verdienen.

Roger Geissberger: Kürzlich haben zum wiederholten Mal Investoren wissen wollen, was die Aktienmehrheit kostet. Es kommt für uns nicht infrage, den Klub an Spekulanten zu übergeben. Das FCA-Konstrukt mit den grossen Gönnervereinigungen hätte daran keine Freude. Und wir sind der Region gegenüber verpflichtet, dass auch in Zukunft seriöse und lokalkundige Personen im Verwaltungsrat sitzen.

Der neue Präsident wird also ein Mitglied des «Club 100» oder der «White Socks» sein?

Geissberger: Das ist nicht zwingend. Es gibt auch interessante Kandidaten, die bis jetzt keine FCA-Gönner sind.

Die Stadionabstimmung wurde in den vergangenen Monaten mehrmals verschoben, gemäss aktuellem Stand findet sie im November statt. Erschwert das die Nachfolgersuche?

Schmid: Ja! Ursprünglich war es so, dass die Stadionfrage beantwortet ist, wenn unsere Nachfolger gewählt werden. Nun aber muss der neue Präsident betreffend Stadion eine Reise ins Ungewisse antreten. Immerhin ist der FC Aarau sportlich wieder gut unterwegs.

Geissberger: Gerade im Hinblick auf die Stadion-Abstimmung ist es sehr wichtig, dass der FC Aarau auf Führungsebene geschlossen vorangeht. Wir werden alles dafür tun, den Verein in gute Hände zu übergeben.

Bleiben Sie im Amt, wenn das bis im Juni nicht gelingen sollte?

Schmid: Das ist kein Thema. Falls die Nachfolger aus beruflichen Gründen erst Spätsommer übernehmen könnten, würden wir eine Lösung finden.

Verkaufen Sie Ihre FCA-Aktien?

Geissberger: Das ist nicht geplant, hängt aber von den Wünschen der neuen Führung ab.

Schmid: Nein.

Als Grossaktionäre hat Ihr Wort auch in Zukunft Gewicht, Sie könnten Ihren Nachfolgern reinreden.

Geissberger: Das passiert garantiert nicht. Ja, wir bleiben dem FC Aarau erhalten, aber nur in Form von Sponsoringverträgen. «Knecht Reisen» (Geissberger ist CEO; d. Red.) wird auch nach meinem Rücktritt Premiumsponsor sein.

Schmid: Wir werden den FCA weiterhin finanziell unterstützen, unter anderem bei den «White Socks» (Jahresbeitrag 25 000 Franken; d. Red.).

Die Planungen für die nächste Saison laufen. Wie baut der Sportchef eine Mannschaft, ohne zu wissen, wer seine künftigen Chefs sind und wie viel Geld er ausgeben kann?

Schmid: Der grosse Vorteil des FCA-Konstrukts ist die Stabilität. Die Beiträge der Gönnervereinigungen ans Budget sind bekannt, dazu haben alle Grosssponsoren langfristige Verträge abgeschlossen. Durch die soeben skizzierte Ausgangslage ergibt sich das Budget praktisch von selbst.

Heisst das, Ihre Nachfolger übernehmen die Verantwortung für 50 Mitarbeiter, ohne zuvor einen Blick in die Geschäftsbücher zu werfen?

Geissberger: Bei den meisten Führungswechseln in Fussballklubs ist Verschuldung der Grund. Aber der FC Aarau braucht keinen Sanierer: Das Eigenkapital beträgt zurzeit 110 Prozent. Leichen im Keller gibt es bei uns nicht. Im März zahlt der «Club 100» Alfred Schmid und mir die letzte Tranche der Darlehen zurück, die wir 2011 sprachen, um die vor unserer Zeit entstandene MTO-Schuld zu begleichen. Ohne diesen Kraftakt hätte es damals in Aarau keinen Profifussball mehr gegeben.

Schmid: Das Budget wird in der nächsten Saison etwas tiefer sein, momentan sind wir am oberen Limit. Im Glauben, dass während der Saison die Stadion-Abstimmung stattfindet, haben wir im Sommer 2018 in die Mannschaft investiert. Das ändert nichts an der Liquidität, die ist gesichert. Mein wichtigstes Anliegen war es stets, den FCA schuldenfrei zu halten. Das war nicht einfach, gerade in der Challenge League. Darauf dürfen wir alle stolz sein.

Ist der Stand weiterhin, dass vom aktuellen Verwaltungsrat nur Sie beide und Urs Bachmann zurücktreten und dass Peter Zubler, Ruedi Vogt sowie Karl Oldani bleiben?

Schmid: Davon gehe ich aus. Das Trio deckt die Ressorts Finanzen, Marketing und Stadion ab, ihr Wissen wird rund um die Stadionabstimmung gebraucht.

Bleibt Sandro Burki Sportchef? Sein Vertrag läuft Ende Juni aus.

Geissberger: Sandro hat nun einen unbefristeten Arbeitsvertrag mit branchenüblicher Kündigungsfrist.

Schmid: Er bleibt. Wenn Sandro von sich aus gehen will, binden wir ihn an (lacht).

Melden Sie den FCA für die nächste Saison in der Super League an?

Geissberger: Ja, so wie jedes Jahr. Dank der Ausnahmebewilligung darf der FC Aarau bis 2021 im Brügglifeld aufsteigen, vorausgesetzt, das Volk sagt im November «Ja» zum Stadion.

Was wünschen Sie sich sportlich in Ihrer letzten Rückrunde?

Schmid: Mit der Verpflichtung von Markus Neumayr und dem Fakt, dass Topskorer Varol Tasar in der Rückrunde weiterhin bei uns spielt, haben wir unsere Ambitionen nach oben deutlich gemacht. Primär wünsche ich mir eine kämpferische Mannschaft, die das Publikum unterhält. Es wird Niederlagen geben, aber es sollte nie mehr ein Zuschauer aus dem Brügglifeld gehen und denken: Mit so einem Fussball hat der FC Aarau kein neues Stadion verdient.

Geissberger: Ich hüte mich vor einer konkreten Zielsetzung. Wir wollen so lange wie möglich nicht um die goldene Ananas spielen.