
Serafe – Datenschutz nur für Firmen?
Am 4. März 2018 haben wir unter dem Titel «No Billag» darüber abgestimmt, ob wir die Programme des Staatssenders SRF weiterhin mit Zwangsgebühren finanzieren wollen. 46 Prozent der Stimmberechtigten und Zahlenden war das egal – der Weg zum nächsten Briefkasten zu weit. Dennoch: 71,6 Prozent der Abstimmenden fanden die Abgabe okay.
Mutmasslich trifft das SRF-Angebot den Nerv der Mehrheit. Neben den qualitativ hervorragenden Nachrichtensendungen des Radios – Regional- und Morgenjournal sowie Echo der Zeit – gehören Fernsehsendungen wie «Mini Beiz, Dini Beiz», «Ich kann es besser», «Glanz und Gloria», «Inga Lindström – Verliebt in meinen Chef», «Samstagsjass» oder «SRF bi de Lüt – Familiensache» offensichtlich zum verlangten Grundangebot – zum Service public.
Zurück zur Billag. Die ist inzwischen – im Widerspruch zum Volkswillen – aufgelöst. Auch wenn es um das Eintreiben einer Pflichtabgabe geht, musste die Aufgabe regelmässig öffentlich ausgeschrieben werden. Die Billag – eine Tochter des Staatskonzerns Swisscom – unterlag und die «Serafe AG» bekam den Zuschlag. Eine Privatfirma – das steht irgendwie «schräg» in der Landschaft. Bei der Erhebung dieser Gebühr geht es letztendlich um eine hoheitliche Aufgabe. Der Vergleich mit Parkgebühren liegt nahe. Müssen Gemeinden den Auftrag für die Bewirtschaftung ihrer Parkflächen (und für die Ahndung von Sündern via Bussen) nächstens regelmässig ausschreiben? Auch dort, wo heute die Polizei zuständig ist?
Den Wechsel von der Billag zur Serafe AG darf man mit Pleiten, Pech und Panne betiteln. Total chaotisch und intransparent die Vorgehensweise, wann und wie die Gebühren erhoben werden. Und nun auch eine Datenpanne bei den Rechnungsadressen. Serafe weist jede Schuld von sich: Die Gemeinden hätten ihr nicht die aktuellsten Listen zur Verfügung gestellt. Dies sehen die Gemeinden anders – Serafe habe sich nicht den Aufwand gemacht, sie zu kontaktieren. Die Inkassofirma verwende den eidgenössischen Wohnungsidentifikator (EWID), welcher von den Bundesbehörden ausschliesslich für statistische Zwecke eingeführt wurde. Der eigne sich für die Rechnungserhebung nicht, weil er keine aktuellen Resultate liefert. Der Verband der Schweizer Einwohnerregister weist explizit darauf hin, dass seine Gemeinden über täglich aktualisierte Listen verfügen. Wie ist das zu verstehen? Ein Gratis-Angebot an die private, auch für den eigenen Gewinn arbeitende Gebühreneinnehmerin?
Und wo bleibt da der Datenschutz? Die neue Serafe erhebt die Gebühr per Haushalt und pro Person nur noch einmal – dies wollte der Bundesrat so. Mit anderen Worten: Die Gemeinde soll einer privaten Inkassofirma melden, ob im Haushalt von Max Muster noch immer der ewige, 35 Jahre alte Student Moritz lebt. Oder ob Max seine Wohnung unehelich mit Felicitas Fromm oder mit Peter Panther teilt. Wo bleibt da der Datenschutz? Den gibt es, aber nicht für Privatpersonen. Ein Unternehmen, das weniger als 500 000 Franken Umsatz macht, ist nicht Serafe-pflichtig. Dies erfährt Serafe nicht. Ist eine Gebühr fällig, treibt das Steueramt die Mediengebühr ein.