In der «Saure-Gurken-Zeit» ist besonders viel Fantasie gefragt

Mit den kuriosen Begriffen «Sommerloch» oder «Saure-Gurken-Zeit» bezeichnet man in den Medienbranche die nachrichtenarme oder -lose Zeit. Sie ist vor allem durch die Sommerpause der Polit-, Sport-, Kultur- und Justizbetriebe bedingt. Die sauren Gurken stehen für eine entbehrungsreiche Zeit – journalistisch gesehen zumindest. In diesem Fall gehts um die raren Neuigkeiten. Politiker oder andere Verantwortungsträger sind in den Ferien. Im Wochenprogramm der Nachrichtenagenturen herrscht gähnende Leere. Das treibt einem zuweilen Schweissperlen auf die Stirn. Eine Herausforderung! News müssen her! Denn Tageszeitungen pausieren aus Prinzip nicht, sonst sind sie keine mehr. Gratistitel haben es da einfacher, sie passen ihre Erscheinungsweise an. Manche Medientitel verlegen sich aufs Märchenerzählen – da kann ich gerne weiterblättern.

Doch dieses Jahr ist alles ein wenig anders. Sportlich ist mit der Olympiade weniger Sommerloch-Feeling. Es gibt jeden Tag unzählige und emotionale Berichte, und die Schweiz ist oft ganz vorne dabei. Auch sonst habe ich den Eindruck, dass immer wieder Themen aufpoppen – oder Journalistinnen und Journalisten möglicherweise mehr Zeit für das genaue Hinschauen und Recherchieren haben. Über die Relevanz gewisser Storys lässt sich streiten. Zum Beispiel über diejenige eines Ponys, das in einen Fluss stürzte und bis in den Vierwaldstättersee gespült wurde. Nicht falsch verstehen: tragisch – für das Tier wie für dessen Besitzer. Aber in ereignisreicheren Zeiten wäre das wohl nur eine Kurzmeldung wert gewesen.

Trotz Sommerloch passiert glücklicherweise immer wieder Unvorhergesehenes. Vereine berichten über ihre Aktivitäten. Die Redaktion gleist Sommerserien auf. Und wenn gar nichts mehr läuft, drängt sich ein Streifzug durch die Strassen der Gemeinden auf, über die man berichtet. Ein Dorfkino wird abgebrochen. Klick, klick. Man wird zufällig Zeuge eines Unfalls. Im Sommerloch sind Fantasie und Kreativität gefragt. Der Redaktor greift frühere Themen auf und schreibt die Fortsetzungsgeschichte. So kann die Zeitung auch in der ereignislosen Zeit viel bieten und den Daheimgebliebenen Infos und Unterhaltung zum Morgenkafi liefern.