
«Die Stärken auf der Bühne zum Hervorglitzern bringen»
Sarah Behrle führte Regie. Fotos: Christian Jäggi Sarah Behrle führte Regie. Fotos: Christian Jäggi Sarah Behrle führte Regie. Fotos: Christian Jäggi Sarah Behrle führte Regie. Fotos: Christian Jäggi
Der Jugendzirkus Robiano macht mit seinem neuen Programm «Quasi Perfekt» Halt in Vordemwald. 21 junge Artisten sind dabei. Die Regie führt Sarah Behrle. Die 34-jährige Freiburgerin ist ausgebildete Artistin und stand schon mit diversen Zirkus-Theater-Kompagnien auf der Bühne. Seit sieben Jahren ist sie hinter den Kulissen tätig. Im Interview erzählt Sarah Behrle, wie lange die Kinder für die Aufführungen geprobt haben und welche Erfahrungen sie aus dem Projekt mitnehmen können.
Worin unterscheidet sich die Arbeit mit jungen Artisten von jener mit erwachsenen?
Sarah Behrle: Die Arbeit unterscheidet sich häufig gar nicht so arg – je nachdem, wie viel Vorerfahrung jemand mitbringt. Professionell arbeitende, erwachsene Artisten haben den Beruf natürlich erlernt und somit grosse Kompetenzen auf dem Gebiet erworben; oft auch viel Zeit auf die Ausarbeitung einer persönlichen Ausdrucks- und Bewegungsart mit den Zirkusobjekten verwendet. Manchmal dreht sich bei Profis alles in sehr existenzieller Art um so eine Kreation – vielleicht auch notwendigerweise. Junge Artisten erlebe ich da oft unvoreingenommen. Andere Themen bleiben genauso wichtig wie die Kreation des Stückes. Das erlebe ich bei erwachsenen Nicht-Profis sehr ähnlich wie bei den Kindern.
Sind Kinder furchtloser als Erwachsene?
Es kommt meiner Erfahrung nach sowohl bei Jugendlichen als auch bei Erwachsenen darauf an, wie viel Übung sie haben, welche Erfahrungen sie in diesen Bereichen gemacht haben und aus welchen kulturellen Kontexten sie kommen. Furcht ist ja auch ein Schutz, damit wir auf uns aufpassen – in welchem Masse man sie überwinden sollte, ist in meinen Augen immer sehr individuell und bei Kindern und Erwachsenen je nach Situation ähnlich schwer.
Auf welchem Leistungsniveau befinden sich die Robiano-Artisten?
Es ist ein sehr intensives Projekt. Die Jugendlichen üben viel und erlernen beeindruckende Zirkustechnik, schauspielerisches Know-how und viele andere Dinge, die dem Zuschauer eher verborgen bleiben. Dazu gehört zum Beispiel, was es bedeutet, mit einer solchen Infrastruktur auf Tournée zu gehen. Jeder hat seine «Jöblis», die ernst genommen werden müssen, damit es funktioniert. Jeder hat seine Stärken an verschiedenen Stellen. Für mich ist das Schöne an einem solchen Projekt, dass all diese Qualitäten gleichwertig sind. Man muss nicht in Leistungsniveaus aufteilen. Als Regisseurin habe ich die schöne Aufgabe, herauszufinden, an welcher Stelle jeder Einzelne am stärksten ist. Dann geht es darum, diese Stärken möglichst gut zu unterstützen und auf der Bühne zum Hervorglitzern zu bringen.
Wie lange haben die Jugendlichen für die Shows geübt?
Sie haben seit März etwa alle zwei Wochen ein Wochenende lang geprobt. Die Zirkusnummern haben sie dazu wöchentlich mit den jeweiligen spezialisierten Trainern geübt.
Waren Sie in Ihrer Kindheit auch mal bei einem Jugendzirkus?
Ja, ich habe zwischen 11 und 19 Jahren beim Jugendzirkus Harlekin und beim Schulzirkus Salilero in Freiburg in Deutschland mitgemacht.
Welche Erfahrungen können Kinder aus einem solchen Projekt mitnehmen?
Sie lernen, dass es sich lohnt, an einer Sache gemeinsam mit viel Einsatz zu arbeiten. Sie erkennen, dass jeder Einzelne wichtig ist. Dass sie Dinge können und gebraucht werden. Die Kinder entdecken vor und hinter der Bühne neue Seiten an sich. Sie lernen, Konflikte in sinnvoller und achtsamer Weise zu lösen. Sie erfahren persönliche Grenzen und wie sie mit diesen umgehen können. Sie entwickeln den Mut, an sich zu glauben – und das es möglich ist, seine Ideen zu verwirklichen.
Haben auch schon Kinder bei Robiano mitgemacht, die heute bei einem grossen Zirkus dabei sind?
Meines Wissens nach stehen einige ehemalige «Robianos» mittlerweile beruflich auf Theater- oder Musicalbühnen. Manche sind auch erfolgreich mit professionellen Zirkuskompagnien als Bühnen- und Beleuchtungstechniker unterwegs.
Drei Vorstellungen in Vordemwald:
Der Jugendzirkus Robiano mit Sitz in Arlesheim ist dieses Jahr schon zum 31. Mal auf Tournee. Das neue Programm «Quasi Perfekt» dreht sich um eine Gruppe sogenannter Welthersteller. Diese entwickeln bei einem Experiment eine Scheinwelt, in der die Menschen immer glücklich sein sollen. Die Kontrolle darüber erweist sich aber als schwierig. Vorstellungen in Vordemwald: Montag, 1. Oktober um 20 Uhr / Dienstag, 2. Oktober um 14 und 19 Uhr. Das Zirkuszelt steht beim Schulhaus und fasst rund 180 Plätze. Es wird empfohlen, Karten zu reservieren. Reservation: Telefonisch zwischen 12 Uhr und 13.30 Uhr über 078 610 96 94 (SMS nicht möglich). Eintritt frei, Kollekte.