Wer soll die Chefarzt-Affäre untersuchen? Das fordern die Aargauer Parteien

«Diskussionsbedarf besteht, die CVP ist aber dezidiert gegen einen oberflächlichen Schauprozess im Grossrat, sondern für eine umfassende Untersuchung durch die GPK. Alles andere ist unseriös.» Das twitterte CVP-Grossrat und Gesundheitspolitiker André Rotzetter, noch bevor sich das Kantonsparlament mit dem Vorstoss von SVP-Fraktionschef Jean-Pierre Gallati zu Arztlöhnen am Kantonsspital Aarau befasste.

Eine grosse Mehrheit von Rotzetters Ratskollegen sah auch Redebedarf, der Antrag auf Diskussion von Gallatis Vorstoss wurde mit 116 zu 10 Stimmen sehr deutlich gutgeheissen. Bei der Frage, wer die Honorar-Affäre – Chefärzte an den Kantonsspitälern Aarau (KSA) und Baden (KSB) hatten medizinische Leistungen abgerechnet, die sie gar nicht erbracht hatten – untersuchen soll, war sich der Rat dann weniger einig.

Gallati hielt fest, seine Fragen nach den Arztlöhnen am KSA seien ausführlich, offen und transparent beantwortet worden. Überhaupt nicht zufrieden sei er aber mit der Antwort zur Frage, ob es möglich sei, das Lohnsystem des Spitals so zu manipulieren, dass ein Chefarzt mehr verdient. Der Regierungsrat hatte festgehalten, laut Auskunft des KSA sei eine solche Manipulation unmöglich, einzelne Fehlerfassungen von medizinischen Leistungen hingegen schon.

Auftrag an die Finanzkontrolle?
Gallati sagte, aus seiner Sicht sei die Antwort des Regierungsrats «inhaltlich falsch und ausweichend». Dies vor dem Hintergrund, dass ein externer Revisionsbericht ergab, dass sich der Chefarzt der Angiologie am KSA in mehr als 500 Fällen für Leistungen eingetragen hatte, obwohl er abwesend war.

Martina Sigg (FDP) erwartet, dass die Regierung in der Honoraraffäre ihre Aufsichtspflicht wahrnehme. Eine solche Untersuchung sei keine Aufgabe für die Geschäftsprüfungskommission des Grossen Rates. Sinnvoller wäre es aus FDP-Sicht, der Finanzkontrolle den Auftrag zu erteilen, «die Honorarabrechnungen der Chefärzte an allen Kantonsspitälern zu untersuchen».

Sigg sagte weiter, die Verfehlungen der Chefärzte, die jetzt angeprangert würden, seien bei Kontrollen durch die Spitalleitungen selber entdeckt worden. Laut Informationen der AZ stimmt das nur bedingt. Demnach brauchte es am KSA und am KSB zuerst Hinweise von anderen Ärzten, bevor die Spitalverantwortlichen die Chefarzt-Abrechnungen extern überprüfen liessen.

Doch noch ein Strafverfahren?
In beiden Fällen mussten die Ärzte den Spitälern eine Rückzahlung leisten. Severin Lüscher (Grüne) sagte, es sei nicht Zweck einer internen Untersuchung oder einer externen Revision, einen Straftatbestand auszuschliessen. Dafür sei die Staatsanwaltschaft zuständig, daher frage er sich, warum weder andere Ärzte, noch die Leitungen von KSA und KSB, die Verwaltungsräte oder Regierungsrätin Roth eine Anzeige eingereicht hätten. Zudem könnte gemäss Lüscher, der selber Arzt ist, «eine anonyme Meldestelle kaum schaden».

Désirée Stutz (SVP), früher selber als Staatsanwältin tätig, erinnerte an ihren Vorstoss, der die Rolle von Regierung und Staatsanwaltschaft in der Honoraraffäre kritisiert. Dass die Aargauer Strafverfolgungsbehörden den Fall jetzt noch untersuchen könnten, hält Stutz für fraglich. Sie wies aber darauf hin, dass der Regierungsrat Abklärungen auch bei einer ausserkantonalen Staatsanwaltschaft in Auftrag geben könnte.

Barbara Portmann (GLP), die eine Klärung durch die Geschäftsprüfungskommission verlangt hatte, findet dies immer noch sinnvoll. Die Grünliberalen würden sich anderen Gremien nicht verschliessen, es gehe bei der Honoraraffäre aber auch um die Rolle des Regierungsrats, um Kontrolle und Abläufe, und in diesen Bereichen könne die GPK auf jeden Fall aktiv werden.