
Badi-Regeln gelten auch für die Rossinis
Seit sich Patrick Rossini Ende April einen Kreuzbandriss zugezogen hat, ist es still geworden um den letztjährigen Topskorer des FC Aarau. Doch nun steht Rossini wieder im Mittelpunkt. Wohl mehr, als ihm lieb ist.
Am Donnerstag gehen Rossini (30), Ehefrau Eleonora (27) und ihre beiden Kinder in die Badi Suhr. Kurz darauf sind sie wieder draussen. Unfreiwillig. Zwei Polizisten eskortieren die vierköpfige Familie bis vors Kassenhäuschen. In heller Aufregung schildert Eleonora Rossini am Donnerstagnachmittag den Eklat aus ihrer Sicht: «Unser Sohn Leonardo ist fünf Jahre alt und kann gut schwimmen. Also gingen er und mein Mann zum Schwimmerbecken. Da ist die Bademeisterin gekommen und hat in aggressivem Ton gesagt, unser Sohn könne nicht gut genug schwimmen und dürfe nicht ins grosse Becken. Dabei waren Patrick und Leonardo nicht einmal im Wasser und sie wusste nicht, ob und wie gut Leonardo schwimmen kann.» Eleonora weiter: «Patrick wollte es erst in Ruhe klären, aber die Bademeisterin liess nicht mit sich reden. Sie wurde immer aggressiver, mein Mann ist dann auch lauter geworden.» Plötzlich habe die Bademeisterin ohne Vorankündigung die Polizei gerufen. Rossini weiter: «Ich bin fassungslos. Mein Sohn und mein Mann haben nichts gemacht: Sie haben niemanden geschlagen, sie haben niemanden beleidigt. Unglaublich, dass so etwas passiert. Hat das Ganze etwas mit dem FC Aarau zu tun? Hat die Frau etwas gegen den FC Aarau? Ist es, weil wir Tessiner sind? Ich bin schockiert und fühle mich und unsere Familie diskriminiert.»
Badi-Chef reicht die Hand
Von der «Schweiz am Wochenende» am Donnerstag auf den Vorfall angesprochen, wollte die betroffene Bademeisterin keine Stellung nehmen. Tags darauf erklärt sich Betriebsleiter Steve Radam bereit, den Vorfall aus Sicht der Badi zu schildern. Er sei während des rund 15-minütigen Eklats am Donnerstag in ständigem Kontakt mit der Bademeisterin gestanden.
Ohne im Ansatz polemisch gegenüber Familie Rossini zu werden, spricht Radam über das Geschehene. Zuerst wehrt er den Vorwurf der Diskriminierung ab: «Für alle Gäste gelten die gleichen Regeln. Herkunft, Sprache oder Beruf spielen keine Rolle. Wir haben jährlich über 70 000 Besucher, darunter Grössen aus der Wirtschaft, der Politik und dem Sport. Alle schätzen die Ordnung, die Sauberkeit und die Diskretion in unserem Schwimmbad.»
Eine der Kernaufgaben der Bademeisterinnen und Bademeister sei es, für die Sicherheit zu sorgen. Dazu müssten die Gäste die Hausregeln einhalten. Eine solche besage: «Unabhängig vom Alter haben Personen Zutritt zum zwei Meter tiefen Schwimmerbecken, sofern sie sicher eine Beckenlänge von 50 Metern schwimmen können.» Am Donnerstag habe die Bademeisterin bemerkt, dass sich Rossinis Sohn ständig am Beckenrand festgehalten habe. «Darauf hat sie Herrn Rossini freundlich gebeten, sich mit dem Sohn in den Nichtschwimmer-Bereich zu begeben. Auf das Angebot, sein Sohn könne zeigen, dass er die 50 Meter ohne fremde Hilfe schwimmen kann, stieg Herr Rossini nicht ein.» Die Aufforderung, den Schwimmerbereich zu verlassen, ignorierte Rossini standhaft.
Deshalb bat die Bademeisterin Rossini in einem nächsten Schritt, das Schwimmbad zu verlassen. Hausverbot wegen Nichteinhaltung der Hausregeln. Radam: «Herr Rossini ignorierte auch dies, weshalb sich die Bademeisterin nach Absprache mit mir gezwungen sah, die Polizei zu rufen. Im Eingangsbereich nahm diese die Personalien auf und sorgte dafür, dass die Familie die Badi verlässt.»
Radam ist frustriert: «Seit Jahren haben wir nur sehr wenige Reklamationen und Unfälle. Dazu finden regelmässig tolle und gut besuchte Events statt. Dass dieser unnötige Vorfall solch eine Aufmerksamkeit generiert, ärgert mich. Wir wollen unsere Zeit und Energie für unsere Hauptaufgaben aufwenden: Sicherheit, Ordnung und Sauberkeit.»
Das Hausverbot für Familie Rossini gelte bis auf weiteres. Radam: «Noch habe ich das schriftliche Hausverbot nicht verschickt. Wenn Herr Rossini auf mich zukommt, bin ich gerne bereit, in einem klärenden Gespräch einen Strich unter die Angelegenheit zu ziehen. Auch ein Treffen mit den Verantwortlichen des FC Aarau bietet sich an. Solch ein Vorfall schadet allen involvierten Parteien. Wir von der Badi sind für eine lebendige Sportlandschaft in der Region und unterstützen auch das neue Stadion. Ich hoffe, ein solcher Vorfall wiederholt sich nicht.»
Burkis Ansage an Rossini
Der Badi-Eklat um den verletzten Rossini beschäftigt auch die FCA-Verantwortlichen. Als er davon erfahren habe, sei er enttäuscht gewesen, sagt Sportchef Sandro Burki. «Solche Geschichten über den FC Aarau will ich nicht in der Zeitung lesen. Ich werde mit beiden Seiten sprechen und mir ein Bild vom Vorfall machen. Grundsätzlich gilt: Angestellte des FC Aarau haben sich an die Hausregeln und die Anweisungen des Badi-Personals zu halten. Von Patrick Rossini erwarte ich, dass er sich darauf konzentriert, fit zu werden und ab Januar gute Leistungen zu zeigen.»
Der FC Aarau kann nur verlieren
Seit dem Aufstieg in die Nationalliga A hat der FC Aarau nie die ersten vier Spiele einer Saison verloren. Bis die Spielzeit 2018/19 anbrach: 0:2 gegen Servette, 1:3 in Winterthur, 0:2 gegen Kriens, 0:2 in Wil. Vor diesem Hintergrund wäre es ein komisches Zeichen von Trainer Patrick Rahmen, im Cup den Reservisten Auslauf zu gewähren. Auch wenn Amriswil in der 2. Liga interregional spielt und somit drei Ligen tiefer als der FC Aarau.
Rahmen macht deshalb klar: «In Amriswil spielt die beste Elf. Änderungen im Vergleich zur Niederlage in Wil sind denkbar, aber aus Leistungsgründen. Auf keinen Fall, um Spieler zu schonen. Wir bereiten uns wie auf ein normales Meisterschaftsspiel vor.» Auch die Amriswiler sind schlecht in die Saison gestartet: Vor einer Woche verloren die Thurgauer das Auftaktspiel gegen Uzwil mit 0:3. Rahmen hatte einen Späher vor Ort geschickt und holte sich weitere Informationen beim Trainer des FC Uzwil ein.
Amriswil und der FC Aarau treffen zum zweiten Mal im Schweizer Cup aufeinander. Am 31. März 1984 setzten sich die angereisten Aarauer dank eines Eigentores knapp mit 1:0 durch. 34 Jahre später müssen Rahmen und seine Mannschaft mindestens dieses Resultat wiederholen. Denn gegen die Amateure kann der FC Aarau nur verlieren: Ein Sieg bedeutet nicht mehr als Pflichterfüllung, bei einer Niederlage hingegen käme es wohl zum nächsten grossen Knall im Brügglifeld. Das ideale Szenario wäre ein Sieg mit vielen Toren und null Gegentoren: Bei einer Tordifferenz von 1:9 nach vier Ligaspielen sind sowohl Offensive als auch Defensive Problemzonen.
Dem FC Aarau in Amriswil fehlen werden Varol Tasar (krank), Norman Peyretti, Olivier Jäckle, Patrick Rossini, Marco Thaler (Aufbautraining), der am Montag an der Hand operierte Goalie Steven Deana und Michael Siegfried, für den es keine Verwendung mehr gibt. Siegfried ist auf der Suche nach einem neuen Verein, eine von mehreren Optionen ist eine Ausleihe zum FC Wohlen.
Trotz Kadergrösse am oberen Limit wollen Sportchef Sandro Burki und Trainer Rahmen unbedingt noch einen Spieler fürs defensive Mittelfeld verpflichten: Dass dem FCA in dieser Zone Physis und Leadership abgehen, haben die ersten vier Saisonspiele deutlich offenbart. Auch wenn der Notstand auf der «Sechs» akut ist: Einen Spieler verpflichten, nur damit einer verpflichtet ist, wird man nicht. Aktuell aber sind die finanziellen Gesamtpakete und die Möglichkeiten des FC Aarau noch zu weit auseinander. Der Transfermarkt hat bis 31. August geöffnet.