
Auf Umwegen zum Schreiben gekommen
«In meinem Haus liegen Wörter», sagte Li Mollet zum Einstieg in eine aussergewöhnliche Lyrik-Lesung. Wahrscheinlich liegen sie da als Souvenirs ihrer Biografie, die überaus befrachtet sei, wie sie sagte. In einer Kleinfamilie aufgewachsen, mit Jahrgang 1947, wusste sie bereits als Kleinkind, dass sie ein Buch schreiben und Lehrerin werden wollte. Als junge Erwachsene legte sie ein erstes Notizbuch an: «Aus den gesammelten Wörtern schöpfe ich noch heute.» Die Gewohnheit, jederzeit Eindrücke festzuhalten, Gedanken zu sichern oder auch die Sprache zu ergründen, sei für sie wichtig. Ihr Weg führte sie dann von Aarberg in die weite Welt und beruflich über viele Stationen. Sie arbeitete als Postbeamtin, «Au-pair-Mädchen», Bankangestellte, Sekretärin und Blockflötenlehrerin. Während einiger Jahre dann als Volksschullehrerin für fremdsprachige Kinder und anschliessend studierte sie Erziehungswissenschaft und Philosophie. Sie hatte Lehraufträge an Fachhochschulen und Gymnasien, so auch an der Kantonsschule in Zofingen. «Mit Zofingen verbinden mich noch viele gute Erinnerungen und gute Freundschaften», erzählte Li Mollet. Mit Ihrem Lebenspartner, dem Kunstschaffenden Heinz Mollet, reiste sie durch viele europäische Städte.
Sieben Zeilen und nicht mehr
In ganz unterschiedliche Publikationen gab Li Mollet Einblicke. Zusammen mit ihrem Partner konnte sie für die Kunsthalle Bern eine Jubiläumsbroschüre für die Ausstellung 2015 textlich und bildlich kommentieren. Eine Spezialität ihrer Texte ist die Länge: Sie beschränkt sich meistens auf sieben Zeilen. In dieser Beschränkung finde sie sowohl Fülle und Freiheit. Aus dem Bändchen «irgendwann vielleicht», publiziert 2015, las sie mehrere Texte, so auch: «Ich zeichne ein paar Knäuel auf ein Fetzchen Papier/Das ist meine Herkunft, sage ich.»
Dieses Buch wurde auf Französisch und Italienisch übersetzt. Übersetzungen seien eine spannende Sache. «Weil man diese Arbeit ganz unterschiedlich angehen kann, hatte ich viel zu erklären.» Als Folge der Erklärungen sei wiederum ein Gedicht entstanden. In einem älteren Werk unter dem Titel «Ich bin’s, Salome» lässt die Lyrikerin zwei Motive ineinander verschränken. Es entstanden überaus spannende, aber auch anspruchsvolle Texte. Zusammen mit Elisabeth Wandeler-Deck und Wolfram Fues gab sie das Buch «Erzählen macht Sinn» heraus, mit einem von Heinz Mollet gestalteten Umschlag. Sie treffen sich in unregelmässigen Abständen, um sich gegenseitig vorzulesen und zu diskutieren. Es sei dies ein Ausdruck gegenseitiger Anteilnahme und Wertschätzung, obwohl alle drei sehr unterschiedlich schreiben. «Wir haben herausgefunden: Die Texte schwatzen miteinander», sagt Mollet. Mit einer Kurzgeschichte rundete Li Mollet ihre eindrücklichen Texte ab. Gemeinsam traf man sich anschliessend im Kloster-Gasthaus Löwen. Dort konnte das Gehörte noch vertieft werden, etwas ungewohnt begleitet von der Ländlermusik im Garten neben dem Kloster.
Die traditionelle Lyriklesung fand in der Priorei statt, da der Abtsaal besetzt war. «Das gibt aber auch für die treuen Lyrik-Fans und die erstmaligen Besucher eine Gelegenheit, die wunderschöne Anlage zu entdecken», sagte Organisator Ueli Suter.