Aus 18 mach 3: Sieht so die Zukunft im Bezirk Zofingen aus?

Die Idee eines Bezirks mit drei Gemeinden ist grundsätzlich spannend und eine Diskussion wert. Sie zeigt, dass sich die Wirtschaft langfristig und offen mit den Perspektiven für möglichst günstige infrastrukturelle Rahmenbedingungen auseinandersetzt. Es wäre interessant, zu untersuchen, inwieweit sich eine so starke Reduktion und Bündelung der Gemeinden in unserem Bezirk auf die Entwicklung der Wirtschaft, die Gesellschaft und die Kultur auswirkt und ob unsere stark zerstückelte Gemeindestruktur sich bremsend auswirkt.

Die Entwicklung in der Gemeindelandschaft geht in eine ähnliche Richtung, wie auch die Fusion von Reitnau und Attelwil zeigt. Sie folgt aber teilweise anderen Gesetzmässigkeiten und orientiert sich an anderen Rahmenbedingungen. Aus Sicht Infrastruktur, Finanzen und Behördenvakanzen besteht sicher Bedarf nach Gemeindefusionen in einem grösseren Umfang als die Fusion von zwei kleinen Gemeinden. Rein ökonomisch gesehen ist daher die Anregung der Wirtschaft nachvollziehbar und die Fusion zu Gemeinden mit beispielsweise 5000 Einwohnerinnen und Einwohnern ökonomisch gesehen sinnvoll. Die demokratischen und politischen Gegebenheiten sind jedoch zu berücksichtigen und die Gemeindeautonomie hat in unserer Region einen hohen Stellenwert.

Gerade unsere Fusion hat einmal mehr gezeigt, dass sich die Menschen politisch, emotional und kulturell sehr stark mit ihrer Gemeinde identifizieren und befürchten, in einer Grossgemeinde als Ortsteil in der Peripherie weniger mitbestimmen zu können. Es besteht die Gefahr, bei Dienstleistungen, Investitionen in die Infrastruktur oder Kulturellem in einer Grossgemeinde «vergessen» zu werden. Daher scheint mir eine Reduktion auf drei Gemeinden oder gar auf eine Gemeinde im Bezirk zum heutigen Zeitpunkt nicht realistisch zu sein, auch wenn andere Beispiele (z. B. Kanton Glarus) zeigen, dass dies durchaus möglich ist.

Nur noch drei Gemeinden im Bezirk Zofingen – diese Vision hat Peter Gehler, Präsident des Wirtschaftsverbandes WRZ, am «Tag der Regionalen Wirtschaft» vor kurzem präsentiert. Die Stossrichtung stimmt für mich, eine solch radikale Umsetzung hingegen erachte ich im Moment als nicht machbar.

Unbestritten ist, dass unser Bezirk zu kleinräumig aufgestellt ist. Das kostet uns zu viel Geld, das uns für eine zukunftsgerichtete Entwicklung in Wirtschaft und Gesellschaft fehlt. Wer die Rechnungsabschlüsse der Gemeinden in unserem Bezirk analysiert, wird unschwer erkennen, dass die Kosten für die allgemeinen Verwaltungskosten pro Kopf der Bevölkerung mit sinkender Einwohnerzahl stetig zunehmen. Das ist eigentlich logisch: Die Basiskosten können auf weniger Steuerzahlende verteilt werden. Ebenso logisch ist, dass dann für Dienstleistungen vor allem in den Bereichen Bildung, Kultur, Sport und Freizeit weniger Mittel übrig bleiben. Dies sind aber genau diejenigen Angebote, welche eine Gemeinde attraktiv machen.

Dazu kommt, dass die Anforderungen an die Leistungserbringung und deren Komplexität in verschiedenen Verwaltungsbereichen stetig weiter zunehmen. Ich denke da zum Beispiel an den Kindes- und Erwachsenenschutz, das Baubewilligungswesen, die Sozialhilfe oder das Zivilstandswesen. Hier braucht es Spezialistinnen und Spezialisten, welche auch entsprechend kosten. Dies rechnet sich nur in grösseren Verwaltungseinheiten.

Daher sollten wir in unserem Bezirk entschlossen solche grösseren Verwaltungseinheiten anstreben. Dazu sind keine Fusionen nötig, aber eine konsequente und zielgerichtete Zusammenarbeit. Dies erfordert eine klare strategische Ausrichtung der Gemeinden auf einen Zusammenarbeitspartner. Das heisst, dass sich die kleineren Gemeinden konsequent auf einen einzigen grösseren Partner ausrichten und dort all diejenigen Verwaltungs-Dienstleistungen beziehen, welche sie nicht mehr eigenständig erbringen können oder wollen. Dies verringert den Koordinationsaufwand bei den Kooperationen. Die heute noch öfters praktizierte Lösung, dass eine Leistung bei dieser, die andere bei jener Gemeinde eingekauft wird, führt zu einem zu hohen Koordinationsaufwand und vermindert die Synergieeffekte.

Ein sehr gutes Beispiel für diese strategische Zusammenarbeitsausrichtung ist die Gemeinde Vordemwald, welche nach einem sorgfältigen Prozess entschieden hat, sich konsequent auf die grössere Nachbargemeinde Rothrist auszurichten. Dies klappt bis jetzt hervorragend.

Würden sich alle Gemeinden in unserem Bezirk bezüglich Kooperationen so konsequent strategisch ausrichten, könnte das zu folgenden Verwaltungseinheiten führen:

– Oftringen und Aarburg
– Rothrist, Vordemwald, Murgenthal
– Zofingen, Strengelbach, Brittnau, Uerkheim, Bottenwil, Staffelbach, Reitnau
  (mit Attelwil), Wiliberg, Kirchleerau, Moosleerau
– Safenwil, Kölliken

Als Variante wäre auch denkbar, dass sich Uerkheim, Bottenwil, Staffelbach, Reitnau (mit Attelwil), Wiliberg, Kirchleerau und Moosleerau zusammen mit Safenwil und Kölliken zu einer Verwaltungseinheit zusammentun. Dagegen spricht, dass Uerkheim und Bottenwil bereits in diversen Bereichen (u. a. Schule) mit Zofingen sehr gut zusammenarbeiten.

Wie auch immer die Zusammensetzung der Verwaltungseinheiten erfolgen würde – ich bin überzeugt, dass sich unser Bezirk so aufgestellt um einiges dynamischer und erfolgreicher entwickeln würde.

 

DER KOMMENTAR ZU DER THEMATIK VON ZT-CHEFREDAKTOR PHILIPPE PFISTER HIER

Der Vorschlag von Zofingens Stadtammann Hans-Ruedi Hottiger umfasst vier Verwaltungseinheiten: 1. Oftringen und Aarburg (gelb); 2. Rothrist, Vordemwald und Murgenthal (rot); 3. Zofingen, Strengelbach, Brittnau, Uerkheim, Bottenwil, Staffelbach, Reitnau (mit Attelwil), Wiliberg, Kirchleerau und Moosleerau (grün); 4. Safenwil und Kölliken (blau).  Grafik: Philipp Muntwiler/d-maps.com
Der Vorschlag von Zofingens Stadtammann Hans-Ruedi Hottiger umfasst vier Verwaltungseinheiten: 1. Oftringen und Aarburg (gelb); 2. Rothrist, Vordemwald und Murgenthal (rot); 3. Zofingen, Strengelbach, Brittnau, Uerkheim, Bottenwil, Staffelbach, Reitnau (mit Attelwil), Wiliberg, Kirchleerau und Moosleerau (grün); 4. Safenwil und Kölliken (blau). Grafik: Philipp Muntwiler/d-maps.com
Felix Schönle (CEO Wernli AG, Rothrist), Hans-Ruedi Hottiger (Stadtammann Zofingen) und Roger Lehner (Gemeindeammann Attelwil)
Felix Schönle (CEO Wernli AG, Rothrist), Hans-Ruedi Hottiger (Stadtammann Zofingen) und Roger Lehner (Gemeindeammann Attelwil)

Am Tag der regionalen Wirtschaft, am 6. Juni 2018, wurde von verschiedener Seite das Strukturproblem der Region Zofingen angesprochen. Würde ein Zusammenschluss der Gemeinden die Probleme lösen? Dazu habe ich mir in den letzten Jahren immer wieder Gedanken gemacht. Zuerst als Gemeindeammann von Rothrist und in letzter Zeit vermehrt als Arbeitgeber und Inhaber einer KMU-Unternehmung. Es zeigt sich in den Diskussionen deutlich, dass vielen Bewohnern unserer Region das Heimatgefühl wichtig ist und Zusammenschlüsse kritisch betrachtet werden. Gleichzeitig liegen aber die Nerven immer wieder blank, wenn es um Themen wie Investitionen, Unterhalt von öffentlichen Werken oder Gebäuden, Sozialhilfeaufwand und um die finanzielle Situation der eigenen Gemeinde geht. Der Steuerfuss ist von grosser Bedeutung und niemand will ihn gerne erhöhen. Die Gemeinderäte betonen, wie wichtig ihnen eine qualitative Verbesserung der Gemeinde, eine Stärkung der Finanzkraft und der Unterhalt der Infrastruktur ist. Von ebenso grosser Bedeutung ist für sie auch die Unabhängigkeit der eigenen Gemeinde.

Nur, Hand aufs Herz, sind unsere Gemeinden heute überhaupt noch unabhängig? Sie sind nicht mehr, wie vor 50 Jahren, ländliche Dörfer mit wenig Berührungspunkten zu den Nachbarn. Der Verkehr ist intensiv und stoppt nicht an der Gemeindegrenze. In Rothrist erfahren wir dies jeden Morgen und jeden Abend, wenn wir im Stau stehen. Auch einzelne, vorwiegend kleinere Verwaltungen stossen an ihre Grenzen und es lassen sich kaum mehr Personen finden, die im Milizsystem in den Behörden mitarbeiten können oder wollen.

Ich habe Verständnis, dass man Fusionen skeptisch gegenübersteht. Dadurch werden zwar viele Probleme gelöst, es entstehen aber allenfalls neue. Unverständlich ist, wie kleinräumig gedacht wird. Weshalb will man keine verstärkte Zusammenarbeit in Bereichen, die wirklich auch Synergien bringen? Das Beispiel Glarus zeigt auf, wie viele positive Effekte beispielsweise im Bereich der Raumentwicklung und in der Ver- und Entsorgung entstanden sind (Wasser, Abwasser, Elektrizität, etc). Vieles ist dort einfacher und koordinierter geworden, zum Nutzen der Bürger.

Aus unternehmerischer Sicht könnte ich mir nicht vorstellen, mich mit meiner Firma so abzuschotten. Wenn ich überleben will, muss ich immer wieder hinterfragen, ob es nicht andere und bessere Möglichkeiten gibt. Vermehrt muss ich neue Zusammenarbeiten eingehen, sonst kann ich ja gar nicht alle Kundenanforderungen erfüllen.

Ich bin überzeugt, dass es für unsere Gemeinden eine Stärkung wäre, wenn vermehrt das Gespräch und die Zusammenarbeit gesucht würden. Eine Fusion muss ja nicht im Vordergrund stehen. Aber auch mit einer Zusammenlegung von Verwaltungen, von EW’s und vor allem mit einer gemeinsamen Sichtweise für die ganze Region wäre viel zu gewinnen.