
Der Kölliker Bobpilot Rico Peter verlässt den Eiskanal mit einem reinen Gewissen
Nach 13 Jahren im Bob-Zirkus ist Schluss. Am Dienstagnachmittag hat der Kölliker Pilot Rico Peter seinen Rücktritt vom Spitzensport erklärt. Für den 34-jährigen Aargauer sei mit dem abgeschlossenen Olympia-Zyklus der ideale Zeitpunkt für das Ende seiner Spitzensport-Karriere gekommen. «Ich kann mit gutem Gewissen sagen, dass für mich jetzt fertig ist», sagt Rico Peter.
Angesichts der Umstände ist sein Entscheid nachvollziehbar – vor allem, wenn man die Situation mit den Anschiebern unter die Lupe nimmt: Alex Baumann ist nach einer langen Karriere ebenfalls zurückgetreten, Thomas Amrhein will sich in einem Zwischenjahr beruflich weiterentwickeln und Simon Friedli sowie Michael Kuonen versuchen sich künftig selber an den Steuerseilen. «Ich hätte also ein komplett neues Team zusammenstellen müssen», erklärt Peter.
Tägliche Arbeit ist angesagt
Weil nebst der Suche nach neuem Personal auch jene nach frischen Geldgebern angestanden hätte, ist sein Entscheid im letzten Monat mit jedem Tag gereift. «Natürlich bin ich erleichtert, nun jeden Monat ein Einkommen zu haben und in dieser Hinsicht abgesichert zu sein», sagt der gelernte Landschaftsgärtner, der mittlerweile als Lastwagenchauffeur in einer Speditionsfirma tätig ist.
Der Wechsel ins Berufsleben bringt aber einige Umstellungen mit sich. «Als Bobfahrer konnte ich meine Zeit selber einteilen. Jetzt heisst es täglich arbeiten, aber das ist in Ordnung – schliesslich erhält man dafür am Monatsende seinen Lohn», sagt Rico Peter. Obwohl der nationale Verband Swiss Sliding finanziell nicht auf Rosen gebettet ist, betont Peter, dass er mit seinem Team nie in ein Loch gefallen sei. «Auch wenn wir manchmal kämpfen mussten, ist es bei uns in den letzten Jahren immer aufgegangen», sagt Peter stolz.
Sturz als Tiefpunkt
Der organisatorische Aspekt ist der eine, der Zustand des Körpers der andere, welcher bei seinen Rücktrittsgedanken mit eine Rolle gespielt hat. «Man muss athletisch immer in Topform sein, um Erfolge feiern zu können. Und ich werde nicht jünger», sagt Rico Peter zum latenten Verletzungsrisiko, dass er als Pilot im Eiskanal eingeht. Obwohl der Vater einer 6-jährigen Tochter in Sachen Stürze während seiner Karriere lange glimpflich davongekommen ist, hat es ihn und sein Team im vergangenen Januar in Altenberg heftig erwischt: Beim Sturz mit dem Viererbob brach sich Rico Peter den Daumen, Thomas Amrhein das Schlüsselbein.
Das Geschehene hat Peter noch lange verfolgt – physisch wie auch psychisch. «Ich habe immer wieder daran gedacht, auch vor den Fahrten während eines Wettkampfes. Wir probierten, den Sturz mithilfe eines Mentaltrainers auszublenden, aber das war schwierig», erzählt Peter über das Ereignis, das er als «Tiefpunkt meiner Karriere» bezeichnet.
WM-Bronze und Olympia als Highlights
Umso schöner sind dafür die Erinnerungen an die glanzvollen Momente in den Eiskanälen dieser Welt. Drei Weltcupsiege (2015 in Sotschi, 2016 in Whistler und Lake Placid) durfte Rico Peter feiern, zweimal gewann er eine EM-Medaille. Zudem beendete Peter, der zum Aargauer Sportler des Jahres 2015 gewählt wurde, dreimal die Saison auf dem Gesamtweltcup-Podest.
Überragt wird die Bilanz vom Gewinn der Bronzemedaille bei den Weltmeisterschaften 2015 in Igls und von den Teilnahmen an den Olympischen Winterspielen in Sotschi und Pyeongchang – trotz des vierten Platzes in Südkorea. «Zu Beginn war es eine grosse Enttäuschung, die Medaille so knapp verpasst zu haben. Jetzt, mit etwas Distanz, ist das Resultat eine super Sache», blickt Peter zurück.
Einen beinahe gleich hohen Stellenwert genoss bei ihm die Jahreswertung. «Für mich war es immer wichtig, den Weltcup auf einem guten Platz abzuschliessen. Man ist sechs Monate unterwegs, es folgt ein Rennen nach dem anderen. Aber wo du stehst, interessiert niemanden», sagt Peter.
Zukunft als Bahntrainer?
Wie Rico Peters Zukunft im Detail aussieht, ist offen. Trotz beruflichen Weiterbildungen will er dem Bobsport erhalten bleiben – idealerweise als Bahntrainer eines Teams. «Es sind einige Optionen möglich», hält sich Peter bedeckt. Die gemeinsamen Tage mit dem Team wird er nur bedingt vermissen. «Es war eine schöne Zeit, wir haben lustige Sachen erlebt», sagt Rico Peter, «auch deshalb stimmt der Zeitpunkt des Rücktritts für mich.»
Rico Peters grösste Erfolge:
2018: 4. Platz bei den Olympischen Winterspielen in Pyeongchang (Skor)
2017: 2. Platz im Gesamtweltcup (Vierer)
2016: 3. Platz WM in Igls (Ö), 1. Plätze im Weltcup in Whistler (Ka, Zweier) und Lake Placid (USA, Vierer), 3. Platz Gesamtweltcup (Vierer), Wahl zum Aargauer Sportler des Jahres 2015
2015: 3. Platz EM in La Plagne (Fr, Zweier), 1. Platz Weltcup in Sotschi (Russ, Zweier), 3. Platz im Gesamtweltcup (Zweier)
2014: 2. Platz EM in Königssee (De, Zweier)