Plan B als letzte Chance für das neue Stadion des FC Aarau

«Das ist kein Grund zum Jubeln», machte Stadtrat Hanspeter Thür schon in den ersten zwei Minuten der gestrigen Pressekonferenz klar. Zwar haben sich in den letzten zwei Wochen die Akteure rund ums neue Stadion (Stadt, Bauherrin HRS, FC Aarau und «meinstadion.ch») endlich zusammengerauft und einen gemeinsamen «Letter of intent» unterzeichnet. Dieser besagt, dass nun alle hinter dem «Plan B» stehen – also ein Stadion, querfinanziert durch vier Hochhäuser statt wie ursprünglich geplant durch eine Mantelnutzung mit Einkaufszentrum. Thür: «Wir haben nur eine Chance, den ‹Plan B› umzusetzen, wenn er von allen Beteiligten unterstützt wird.»

Aber ob die neu vereinte Schicksalsgemeinschaft es schaffen wird, das Steuer herumzureissen, wird sich erst noch zeigen. «Es gibt noch einige Hürden – und die höchste ist das Stimmvolk», so Thür. Der Grobterminplan des Stadtrats geht vom «Worst Case»-Szenario aus: dass alle politischen und baurechtlichen Möglichkeiten, das Projekt zu torpedieren, ausgeschöpft werden. Falls dies geschieht – und die Stadionbefürworter gleichwohl obsiegen – könnte die neue Arena im Jahr 2023 bezugsbereit sein.

Viele Meilensteine, viele Risiken
Wie geht es weiter? «Der Prozess läuft auf zwei Schienen», erklärt Stadtrat Daniel Siegenthaler. «Und bei jedem Meilenstein besteht das Risiko, dass das Projekt scheitern kann.» Der Stadtrat wird am 3. April die Teilrevision der Nutzungsplanung behandeln. Sie ist für den Bau der Hochhäuser nötig. Sobald der Stadtrat das Dossier verabschiedet hat, wird es öffentlich aufgelegt. Dann sind auch Einsprachen möglich.

Die Nutzungsplanungsrevision braucht einen politischen Entscheid: zuerst vom Einwohnerrat (im Herbst) und dann wohl vom Volk. Denn der Stadtrat will den Beschluss dem obligatorischen Referendum unterstellen. «Erstens, um die demokratische Legitimation des Projekts zu erhalten», so Hanspeter Thür. «Zweitens gewinnen wir so drei Monate auf der sehr knappen Zeitachse.» Die Urnenabstimmung wird Ende 2018 oder Anfang 2019 stattfinden.

Anpassung des Gestaltungsplans nötig
Parallel zur politischen Diskussion laufen baurechtliche Verfahren. Für den Bau der Hochhäuser braucht es eine Anpassung des Gestaltungsplans «Torfeld Süd». Diesen will der Stadtrat voraussichtlich im kommenden Juni in die kantonale Vorprüfung geben und gleichzeitig das Mitwirkungsverfahren starten. Bis Ende Jahr soll der bereinigte Gestaltungsplan abschliessend vorliegen. Es braucht ausserdem zwei Baugesuche – eines für die vier Hochhäuser und eines für das leicht geänderte Stadion. Letzteres muss die Bauherrin HRS bis im September einreichen, dasjenige für die Hochhäuser bis im Frühling 2019.

Die HRS baut das Stadion und verkauft es dann der Stadt. Bisher besteht aber nur ein Vor-Verkaufsvertrag. Der Stadtrat besteht darauf, dass der definitive Vertrag spätestens im August rechtsgültig unterzeichnet wird. Vorher steht ein anderer Termin an: Bis spätestens 17. Mai muss die HRS mit den Abbrucharbeiten im Torfeld Süd beginnen – sonst verfällt die alte, aber noch rechtskräftige Stadion-Baubewilligung, was zu weiteren Verzögerungen führen würde.

Stadion kostet 80 Millionen
An der Pressekonferenz wurde zudem bekannt, wie viel das Stadion Torfeld wirklich kostet. Die Bauherrin HRS betonte immer wieder, die bewilligten 36 Millionen Franken würden nicht ausreichen. Am Mittwoch nannte zuerst Michael Hunziker und dann Martin Kull die Zahl von 80 Millionen Franken. Weshalb so viel? Weil auch die Infrastruktur um die Arena inbegriffen ist. Alleine der Landpreis soll über 15 Millionen Franken ausmachen.

Das letzte Gefecht des Alfred Schmid

«Die Saison 2018/19 wird meine letzte als Präsident des FC Aarau.» Im Rahmen der Stadion-Medienkonferenz bekräftigt Alfred Schmid noch einmal, was er kürzlich im Interview mit der «Schweiz am Wochenende» angekündigt hat: Er und mit ihm wohl auch seine fünf Verwaltungsrats-Kollegen treten im Sommer 2019 ab. Bis dahin gibt es für Schmid noch zwei Aufgaben zu erledigen. Das letzte der insgesamt zwölf Amtsjahre dürfte zum wichtigsten werden: Schmid und der FC Aarau müssen die Massen mobilisieren, um die Volksabstimmung Ende 2018/Anfang 2019 zu gewinnen. Denn: ohne «Ja» zur BNO-Revision im Torfeld Süd kein Stadion.

Der Ausgang der Abstimmung wiederum hat Auswirkungen auf die Suche nach einem geeigneten Nachfolger Schmids: Die Perspektive, dereinst den FC Aarau ins neue Stadion zu führen, wäre ein bestechendes Argument für die Übernahme des Präsidentenamts. Der FC Aarau wird das Stadion-Projekt in den nächsten Monaten massiv beeinflussen.

Einfach gesagt: Spielt er erfolgreichen und attraktiven Fussball, steigen die Sympathien und somit die Chancen auf den Sieg beim alles entscheidenden Urnengang. Schmid sagt: «Dass es für das Überleben des Spitzenfussballs im Kanton Aargau eine moderne Infrastruktur braucht, dürfte allen klar sein. In den nächsten Monaten müssen wir den Aarauerinnen und Aarauern zeigen, dass der FC Aarau das Stadion auch verdient.»

Schiesst Geld Tore?
Angesichts der derzeit trostlosen Darbietungen auf dem Rasen muss viel geschehen, damit es im Herbst besser läuft. Schmid gibt gar vor: «In der nächsten Saison müssen wir in der Challenge League vorne mitspielen.» Wie soll das gelingen? «Wegen der Ungewissheit in der Stadion-Frage haben wir zuletzt darauf verzichtet, viel Geld für Verstärkungen in die Hand zu nehmen. Jetzt wissen wir: Der kommende Herbst ist entscheidend. Wir werden nun die Reserven anzapfen und unter anderem dank der Unterstützung durch die HRS weitere Gelder sprechen, um die Mannschaft zu verbessern. Wir wollen Hochkaräter holen, die uns sofort helfen können.»

Vor seinem letzten Gefecht bläst Alfred Schmid zur Attacke. In der Hoffnung: «Geld schiesst Tore.» Geht die Rechnung auf? Im Herbst wissen wir mehr.