
Die Steuerstrategie als «Glaubensfrage»
Der Beromünsterer Kantonsrat Charly Freitag will eine bessere, klarere Kommunikation vom Regierungsrat, wenn es um das Erreichte der Luzerner Steuer- und Unternehmenssteuerpolitik geht. Darauf zielen auch seine beiden Anfragen, auf die nun die regierungsrätlichen Antworten vorliegen. «Ob die Steuerstrategie erfolgreich ist oder nicht, wird seit Jahren als ‹Glaubensfrage›zum Schaden des Kantons Luzern ausgetragen», erklärt Charly Freitag in einer der Anfragen.
Fazit: Der Regierungsrat stellt fest, dass sowohl private Haushalte als auch die Unternehmen entlastet worden sind. Mit den Steuergesetzrevisionen 2005, 2008 und 2011 seien es jährlich 450 Millionen Franken bei Gemeinde- und Staatssteuern. «Die Steuerkraft nimmt zu. Der Kanton wird dadurch unabhängiger. Allerdings: «Die zunehmende Steuerkraft führte zu geringeren Erträgen bei der NFA. Die Differenz muss im Finanzhaushalt (Ausgaben/Einnahmen) ausgeglichen werden.» Seit der Steuerhalbierung vor fünf Jahren haben 2016 nun 35 der 83 Luzerner Gemeinden wieder mindestens 100 Prozent der damaligen Unternehmenssteuern in Rechnung stellen können. Die beiden Spitzenplätze belegen – wenig verwunderlich – Vitznau und Weggis. Einen Anstieg bei der absoluten Steuerkraft von 571 auf 635 Millionen Franken wird zwischen 2011 und 2016 verzeichnet – das sei eine Steigerung von 11,3 Prozent und somit mehr als das Bevölkerungswachstum, führt der Regierungsrat aus. Allerdings steige auch der Aufwand stärker als der Ertrag. Seit 2011 sind im Kanton Luzern rund 10000 neue Vollzeitstellen entstanden. 2017 seien zwischen Januar und September in der Schweiz 31 924 neue Firmen entstanden – das grösste Nettowachstum landesweit verzeichnete der Kanton Luzern.
«Den Pfad nicht verlassen»»
«Jetzt haben wir eine Gesamtübersicht mit effektiven Zahlen hinterlegt. Damit haben ideologisch getriebene Behauptungen oder Halbwahrheiten in Zukunft einen schweren Stand. Dies ist bei den gerade stattfindenden Diskussionen von grosser Bedeutung und bereits seit längerem überfällig», erklärt Kantonsrat Charly Freitag. Zu den Zahlen: «Dem Kanton Luzern ist es gelungen, aus der Abwärtsspirale bei den Steuern auszubrechen. Die Steuerstrategie ist zentral für das Wohl unserer Bevölkerung wie auch für unsere Standortattraktivität. Auch was die Standortqualität angeht, hat sich der Kanton Luzern massiv verbessert.» Eine Studie zur Standortqualität habe den Kanton Luzern im Jahre 2005 noch auf Rang Nummer 17 gesehen, 2006 war er bereits auf Rang 6 unter den 26 Kantonen. «Es kann doch heute niemand ernsthaft behaupten, wieder die Situation vor der Jahrtausendwende herbeizuwünschen. Damals war übrigens auch noch die Verschuldung des Kantons Luzern um 74 Prozent höher als heute», erklärt Charly Freitag. «Insgesamt gilt es festzuhalten, dass die Steuerstrategie funktioniert. Der Kanton Luzern hat sich in den vergangenen 20 Jahren gut entwickelt. Die Steuereinnahmen des Kantons, wie auch besonders der Gemeinden, steigen von Jahr zu Jahr. Wie bei allen Schweizer Kantonen steigen aber auch die Ausgaben überproportional.» Für Kantonsrat Charly Freitag ist klar: «Im Fazit bedeutet dies für uns, an der eingeschlagenen Strategie festzuhalten und wie immer bei Strategien, notwendige Korrekturen vorzunehmen. Dabei ist es zentral, dass wir den Pfad nicht verlassen, dass wir die Investitionen nicht zurückfahren und unsere Strukturen schlank halten. Ebenfalls gilt es, die Aufgabenteilung zwischen den Staatsebenen von Gemeinden und Kanton anzugehen, was nun mit der Aufgaben- und Finanzreform 2018 ansteht.
«Zu viel, zu schnell»
Nicht der Meinung Freitags ist Kantonsrat Jörg Meyer (SP, Adligenswil): «Die Luzerner Tiefststeuerstrategie ist für wenige zu Lasten vieler. Diese bezahlen die Rechnung mit tieferen Prämienverbilligungen oder Stipendien, schlechteren Leistungen und verschiedensten Gebührenerhöhungen. Die Umsetzung hat nicht funktioniert. Das Vergessen oder Nichteinberechnen der NFA-Ausfälle löst überall nur Kopfschütteln aus. Luzern hat zu viel, zu schnell, und im Vergleich zu anderen Kantonen zu spät, gewollt.» Und: «Ein weiterer schönfärberischer Versuch, etwas als Erfolg darzustellen, das nicht funktioniert», beurteilt Meyer die regierungsrätlichen Antworten auf Charly Freitags Anfrage. «Auf die Frage nach Negativentwicklungen geht die Regierung gar nicht erst ein. Sie verweigert eine Antwort, wohl weil sie die Wahrheit scheut.» Und wie lautet die Zwischenbilanz von Jörg Meyer zur Luzerner Steuerstrategie insgesamt? «Trotz Abbaupaketen von rund 500 Millionen besteht weiterhin eine Finanzierungslücke von bis zu 80 Millionen pro Jahr. Der seinerzeit versprochene Erfolg (Luzern kann sich das leisten, Sparpakete sind nicht nötig) ist nicht eingetroffen und auch nicht absehbar. Trotzdem herrscht immer noch das Motto «Augen zu und durch … koste es, was es wolle». Es brauche nun eine Totalrevision des Steuergesetzes. «Diese muss doppelt ausgewogen sein: erstens Mehreinnahmen nach all den Abbaupaketen und zweitens eine faire Beteiligung aller wirtschaftlichen Kreise. Nur so ist eine mehrheitsfähige und nachhaltige Lösung möglich», erklärt Jörg Meyer.