Schuhmacher Bruno Barnetta: «Schuhe zu flicken, liegt im Trend»

Serie

Die traditionellen alten Handwerksberufe verschwinden je länger, je mehr von der Bildfläche. Oftmals lässt sich die Arbeit heute maschinell erledigen. In der Serie «Altes Handwerk» stellt diese Zeitung Persönlichkeiten vor, die einen Beruf ausüben oder ausübten, welcher nicht mehr weit verbreitet ist oder nicht mehr erlernt werden kann.

Am Sonntag, 7. Januar, 14 bis 17 Uhr, zeigen Bruno Barnetta und sein Sohn Marco in der Schuhmacherwerkstatt des Heimatmuseums Rothrist, wie Schuhe in Handarbeit hergestellt werden.

«Wetter, wie wir es jetzt im Winter haben, ist für uns Schuhmacher ideal», sagt Bruno Barnetta, bevor er in der Werkstatt in Zofingen auf dem Hocker vor der alten Nähmaschine Platz nimmt. «Es ist wie mit den Pneus beim Auto – sobald es schneit, kommen viele Kunden mit ihren Winterschuhen vorbei und lassen diese auf Vordermann bringen», sagt der 68-Jährige und lacht. Barnetta weiss, wovon er spricht. Vor mehr als 50 Jahren hat er im Baselbiet die dreijährige Lehre als Schuhmacher absolviert und seither mehrere hundert Schuhpaare von Grund auf hergestellt, zahlreiche Sohlen und Absätze repariert sowie diverse Innenfutter ersetzt.

In Vaters Fussstapfen
«In heutiger Zeit ‹normale› Schuhe von Hand herzustellen, lohnt sich nicht mehr. Einzig Massanfertigungen werden in gewissen Schuhmachergeschäften noch gemacht», erklärt Barnetta und betont: «Aber Schuhe zu flicken, liegt im Trend.» Man komme trotz grossem Angebot von billigen Schuhen wieder ein wenig weg von der Wegwerfgesellschaft. «Viele junge Leute kaufen relativ gute und teure Schuhe, die sie bei einem Defekt dem Schuster zur Reparatur bringen», sagt Bruno Barnetta, der das Geschäft in der Zofinger Altstadt anlässlich seiner Pensionierung vor drei Jahren an die Brunner Schuhtechnik AG in Reiden übergeben hat. Ans Aufhören denkt der passionierte Schuster aber noch längst nicht.

Täglich wirkt Bruno Barnetta in der Schuhwerkstatt am Bachweg in Zofingen, in der er schon als Kind seinem Vater bei der Arbeit über die Schultern geblickt hat. «Ich kann mich erinnern, dass zu Vaters Zeiten vier Arbeiter in der Werkstatt tätig waren und pro Tag bei 120 Schuhpaaren Absätze montierten. Das war eine enorme Leistung.» Auch habe es damals in der Thutstadt bis zu sieben verschiedene Schuhmachergeschäfte gehabt. Zu Beginn der 1970er-Jahre folgte der Umbruch: Importe aus Billiglohnländern verursachten einen starken Preisdruck, der für viele Schuhmacher das Ende bedeutete. «Dass wir heute im Bezirk Zofingen das einzige Fachgeschäft sind, ist für uns ein Glücksfall. Damit ein Schuster überleben kann, braucht er ein Einzugsgebiet von bis zu 90 000 Einwohnern », erklärt Barnetta, der 1977 ins Geschäft seines Vaters eingestiegen ist.

Auf Wanderschaft in den Bergen
Zuvor war er auf Wanderschaft und machte dabei längere Zeit Halt bei Schuhmachern in Davos und Wengen. Dort spezialisierte sich Bruno Barnetta auf Ski- und Wanderschuhe. «Einen Skischuh aus dickem Leder von Hand zu machen, war Knochenarbeit», erinnert er sich. Rund zwei Tage habe das Fertigen eines Paares in Anspruch genommen. Nebst dem Nähen des Leders zählte beim Herstellen aller Schuhe unter anderem auch das Zeichnen des Musters, das Herstellen eines Fussbetts sowie das Anbringen von Sohlen zu seinen Aufgaben. «Grösste Herausforderung war jeweils, dass der Schuh auch passte. Genau das ist für unsere Füsse, die so zentral sind, enorm wichtig.»

100 Jahre alte Nähmaschine
Auch wenn das Schuhherstellen nicht mehr zu den Hauptaufgaben gehört, ist Barnetta das Reparieren von Schuhen nie verleidet. Im Gegenteil. «Ich flicke sehr gerne Ledersachen und die Arbeit mit den Händen bereitet mir Freude», sagt der Rothrister, der die Reparaturen noch immer mit der über 100 Jahre alten Nähmaschine vornimmt. «Elektronische Nähmaschinen, wie wir sie heute kennen, sind zwar gut, aber für Reparaturen an Schuhen nicht geeignet.» Ansonsten sei das Handwerk in den letzten Jahren durch Hilfsmittel wie gute Klebstoffe und moderne Schleifmaschinen vereinfacht worden.

Trotz Veränderungen ist für Barnetta eines sicher: «Ich würde heute wieder den Beruf des Schuhmachers erlernen. » Dass inzwischen einer seiner beiden Söhne ebenso das Metier des Schusters ausübt, macht ihn besonders stolz.